Bad Saarow: Segen der Natur

By Published On: 18. März 2007

tt Aus dem unbedeutenden Saarow entwickelte sich binnen eines Jahrhunderts eines der beliebtesten Erholungsgebiete Deutschlands.

Kilometerlang führt der Weg vorbei an meterhohen Bäumen und verstreut liegenden Häusern. Schließlich lichtet sich plötzlich der Wald und der Besucher erblickt den kleinen Ort Bad Saarow. Umgeben von zahlreichen Kiefern und direkt am imposanten Scharmützelsee gelegen, ist Bad Saarow ein beliebtes Ausflugsziel im südöstlichen Brandenburg. Die Saarow-Therme, ein Thermal­solebad, ist sicherlich einer der Gründe, denn hier lässt es sich ideal entspannen und erholen.

Außerdem laden die zahlreichen Flüsse und Seen zu ausgiebigen Ausflügen auf dem Wasser durch das Dahme-Seenland ein. Und bei einem Spaziergang um den Scharmützelsee kann man zahlreiche kleine Buchten und Strände entdecken oder einfach den Blick über das Wasser genießen. Wegen dieser Angebote und der üppigen Natur ist Bad Saarow nicht nur bei Gästen aus dem nahe gelegenen Berlin, sondern aus ganz Deutschland beliebt. Eine Million Gäste zählt der Kurort mittlerweile pro Jahr.

Dabei war das Städtchen nicht immer so erfolgreich, vielmehr ist die Geschichte des Ortes die Geschichte eines ungewöhnlichen Aufschwungs: Vor etwa hundert Jahren wurden die beiden märkischen Dörfer Saarow und Pieskow noch als die verlassensten Nester der Mark Brandenburgs bezeichnet. Zu spärlich die Verkehrsanbindung, zu arm die Bevölkerung. Doch schon eine Dekade später begann sich das heutige Bad Saarow zu einem der beliebtesten Kurorte der Region zu entwickeln. Wohnhäuser, Straßen, Parkanlagen und Uferwege entstanden und machten die neue und edle Villenkolonie Saarow-Pieskow zu einem beliebten Luftkur- und Seebadeort für großstadtmüde Berliner.

Innerhalb weniger Jahre veränderte sich der Ort komplett: Der Fahrgastschiffverkehr auf dem Scharmützelsee wurde aufgebaut, der noch heute existierende prächtige Bahnhof mitsamt der Eisenbahnstrecke nach Fürstenwalde und Berlin wurde eingeweiht, und im Jahr 1911 eröffneten das erste Sanatorium und die Seebadeanstalt. Als 1914 dann noch ein Moorbad gebaut und einige Jahre später eine Solequelle erschlossen wurde, war der Ort, der seit 1923 Bad Saarow heißt, schnell in der ganzen Republik bekannt.

Erlesen Gäste

Unter den Gästen fanden sich zahlreiche Prominente aus Politik und Kunst. Darunter der russische Dichter Maxim Gorki und UFA-Stars wie Käthe Dorsch, Harry Liedtke und Viktor de Kowa. Der legendäre Boxer Max Schmeling erkor den Ort in den 30er Jahren sogar für acht Jahre zu seiner Wahlheimat. Im Juli 1933 heiratete er in der kleinen Saarower Kirche die Schauspielerin Anny Ondra.

Noch heute zeugen in Bad Saarow kleine Gedenktafeln von diesen berühmten Besuchern und Mitbürgern des Städtchens. Am Karl-Marx-Damm, am östlichen Ufer des Scharmützelsees, erinnert beispielsweise eine Stele an den Dichter Maxim Gorki. Dieser erholte sich dort in einem Sanatorium in den Jahren 1922 und 1923 von seinem Lungenleiden. Bad Saarow war ihm von seinen Ärzten wegen der guten Luft empfohlen worden.

Über 80 Jahre später gibt es in Bad Saarow noch mehr gesundheitsförderliche Angebote. „Heute gelten wir als der Ort mit der größten Wellnessfläche in ganz Deutschland“, berichtet die ehrenamtliche Bürgermeisterin Bad Saarows (bis 2013), Gerlinde Stobrawa. Immerhin kommen die Saarow-Therme und die Hotels der Stadt zusammen auf etwa 20.000 Quadratmeter Wellnessbereich. Allein in der Therme gibt es Unterwassergeysire, Whirlpools, eine Saunenlandschaft und einen Massagepilz mit Strömungskanal. Das Wasser ist dabei natürlich nicht einfach nur gechlort, sondern stammt aus der Catharinenquelle tief in der Erde.
Im ganzen Ort verstreut finden sich Beautyfarmen, Fitnesscenter, Sportstätten, ein Klinikum mit dem Ostbrandenburgischen Tumorzentrum sowie Deutschlands einziges Kurzentrum für schwangere Frauen. Wegen der Fülle dieses Angebots erhielt Bad Saarow im Jahr 1998 als erster Kurort im Land Brandenburg die unbefristete Anerkennung als „Staatlich anerkanntes Thermal-, Sole- und Moorheilbad“.

Individuelle Gesundheit

Wichtig ist dabei jedoch zu wissen, dass in Bad Saarow keine klassischen Kuren mit einem festen Ablaufplan angeboten werden. Stattdessen sind die Kuren offen gestaltet. „So kann sich jeder seine eigene Kur individuell zusammenstellen“, hebt die Bürgermeisterin Stobrawa hervor. Eine entscheidende Rolle kommt dabei auch den zahlreichen niedergelassenen Ärzten im Ort zu, die die Gäste während ihres Aufenthaltes medizinisch betreuen und die Anwendungen von der Krankengymnastik über die Lymphdrainage bis zum Moorbad überwachen.
Viele Besucher kommen jedoch nicht nur für einen Gesundheitsurlaub, sondern auch wegen der idealen Anbindung an die Wasserwege der Region. Den Mittelpunkt dieser grünen und erholsamen Oase bildet der mit 15.000 Hektar Wasseroberfläche größte See der Mark Brandenburg, der Scharmützelsee. Das „Märkische Meer“, wie man den See auch nennt, ist über die Storkower Gewässer direkt mit den Berliner Wasserstraßen verbunden. Auch die nächstgrößeren Orte in der Umgebung wie Wendisch Rietz, Storkow und Prieros sind so gut zu erreichen. Die Fahrgastschiffe aus Bad Saarow fahren hier regelmäßig entlang. Wer selber ein Hausboot oder Kanu hat, kann die Wasserstraßen natürlich auch für eigene Erkundungen der Natur und der Nachbarorte nutzen.

240 Liegeplätze für Boote in Bad Saarow

„Die Nähe zum Wasser spielt für den Tourismusbereich in Bad Saarow eine immer wichtigere Rolle“, sagt Stobrawa. Immerhin nehme die Anzahl der Gäste, die über die Wasserstraßen in den Ort gelangen, jährlich und kontinuierlich zu. Diese Entwicklung ist allerdings kein Zufall. Im Jahr 1994 entschlossen sich die etwa 4.700 Einwohner Bad Saarows zu einem gezielten Ausbau ihres Ortes als Kurort. Dazu gehört die Infrastruktur für den Wassertourismus. Das Ergebnis: Inzwischen gibt es 37 Anlegestellen für Haus-, Segel- und Motorboote in der gesamten Region Scharmützelsee. Davon allein vier mit insgesamt mehr als 240 Liegeplätzen im Zentrum Bad Saarows selbst.
Das Schöne ist dabei, dass diese Angebote für Wassertouristen an das Leben im Ort angeschlossen sind. Das bedeutet, dass die Hafenanlagen nicht einen eigenen kleinen, abgetrennten Ort in Bad Saarow bilden. Stattdessen gibt es zwischen den Steg- und Hafenanlagen am See eine enge Verbindung zu den Geschäften, der Promenade und der Saarow-Therme im Ort. Angelegt damit die Wassertouristen nicht für sich bleiben, sondern Bad Saarow kennenlernen können.

Bad Saarow bietet sich wegen seiner Wasserstraßen allerdings auch hervorragend für Ausflüge in die Umgebung an. Besonders reizvoll ist dabei sicherlich eine Fahrt nach Prieros. Es geht vom großen Scharmützelsee weiter über den idyllischen Wendisch Rietzer Fließ und den Storkower See mit seinen abgeschiedenen Schilfgürteln . Bei Wendisch Rietz muss übrigens eine Schleuse überwunden werden, die bereits seit 1865 besteht und erst in den vergangenen Jahren automatisiert wurde.

Eiszeit sei Dank

Bei der Tour über die Seen ist auch interessant, sich die geologische Geschichte der Region vor Augen zu halten. Diese Landschaft wurde vor mehr als 10.000 Jahren, während der so genannten Weichseleiszeit, geformt. Damals bedeckten noch Gletscher von bis zu 600 Meter Höhe das Land. Sie waren von Skandina­vien aus bis hierher vorgedrungen und hatten dabei Berge und riesige Mengen Sand und Gestein aufgestaut. Als das Eis dann taute, suchte es sich seinen Weg und formte so – wie auch in der Region der Mecklenburgischen Seenplatte zu sehen ist – zahlreiche Rinnen, Flüsse und Seen. Davon zeugen noch heute der Storkower See und der Scharmützelsee, aber auch die vielen Wasserwege bis Berlin sind Relikte dieser Zeit.

Wassertourismus

Während das Wasser für die Bewohner dieser Region lange Zeit ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor war, weil die Wasserstraßen den Verkauf von Kohle, Holz und Ziegeln ermöglichten, erfreuen sich heute vor allem Touristen an diesem dichten Netz von Seen und Flüsschen. Wer sich ein bisschen abseits der großen Wasserstraßen vortastet, wird meist mit absoluter Ruhe und Einsamkeit belohnt. Duftende und menschenleere Kiefernwälder, weitläufige Weiden und Felder und verzweigte Wander- und Radwege.

Auf den beiden größeren Seen, dem Scharmützelsee und dem Storkower See, leben zudem zahlreiche Vögel wie Blesshühner, Haubentaucher, Kraniche und Fischadler. Wer Glück hat, kann einige Tiere bei der Fütterung ihrer Jungen oder bei der Nahrungssuche beobachten. Tatsächlich gibt es in den Storkower Gewässern keinen Mangel an Aalen, Zandern, Hechten, Barschen, Karpfen und Welsen – auch für Angler bietet die Gegend um Bad Saarow daher hervorragende Bedingungen.
Ein weiterer empfehlenswerter Abstecher führt zu den beiden Findlingen in den Rauener Bergen in der Nähe Bad Saarows. Hierher gelangt man zwar nur über Wander- und Radwege, aber der Umstieg vom Wasser aufs Festland lohnt sich. Die Findlinge, die auch Markgrafensteine oder Rauener Steine genannt werden, sind die größten Gesteinsbrocken, die die Gletscher während der Eiszeit vermutlich von Mittelschweden aus bis in den norddeutschen Raum trugen.

Riesig romantisch

Ursprünglich hatte der größere der beiden Findlinge einen Umfang von mehr als 29 Metern. Doch im 19. Jahrhundert beauftragte König Wilhelm III. seinen Baumeister damit, aus dem Großen Rauener Stein eine Schale für das Alte Museum in Berlin herzustellen. Deswegen wurde dieser größte Granitblock Norddeutschlands im Jahr 1827 um 90 Grad gekippt und in Handarbeit in drei Stücke geteilt. Die mittlere Scheibe wurde noch vor Ort zu einer Schale mit sieben Meter Durchmesser ausgearbeitet. Um dann – immerhin knapp 80 Tonnen schwer – auf Holzrollen zur Spree und von dort aus weiter zum Lustgarten vor dem Alten Museum in Berlin transportiert zu werden. Daher ist der Große Rauener Stein heute zwar eigentlich der kleinere der beiden Markgrafensteine, doch ein Winzling ist er mit seinen drei Metern Höhe noch lange nicht. Wer versuchen will, ihn zu erklettern, wird wegen der glatten Oberfläche wohl mehrere Anläufe benötigen.

Wemdie geologische Erklärung über die Reise der Rauener Steine zu schlicht ist, sollte sich die eher romantisch angehauchte Sage anhören. Diese erzählt man sich noch heute in der Region erzählt. Demnach stand einst auf der Stelle, wo heute der Kleine Rauener Stein liegt, ein prächtiges Schloss. In diesem wohnte ein reicher Ritter mit seiner wunderschönen Tochter. In der Nähe des Schlosses, hinter den Bergen, wohnte hingegen ein hässlicher Riese. Dieser verliebte sich sofort in die Prinzessin, als er sie am Fenster sah. Er bat den Vater um die Hand seiner Tochter, doch der entgegnete: „Einem Riesen gebe ich mein Kind nicht zur Frau.“ Daraufhin wurde der Riese so wütend, dass er alle Erd- und Himmelsgeister zur Hilfe rief. Tatsächlich traf ein Blitz das Schloss, an dessen Stelle fortan ein Stein lag. Übrigens kann der Sage nach sogar noch heute jeder die Klage- und Sehnsuchtsgesänge der im Stein eingeschlossenen Prinzessin hören. Wenn er dreimal mit gleichem Atemzug um den Gesteinsbrocken herumläuft.

Text und Bilder: Aliki Nassoufis, Erstabdruck in Seenland 2007

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Bad Saarow: Segen der Natur
By |8,8 min read|1760 words|Published On: 18. März 2007|

tt Aus dem unbedeutenden Saarow entwickelte sich binnen eines Jahrhunderts eines der beliebtesten Erholungsgebiete Deutschlands.

Kilometerlang führt der Weg vorbei an meterhohen Bäumen und verstreut liegenden Häusern. Schließlich lichtet sich plötzlich der Wald und der Besucher erblickt den kleinen Ort Bad Saarow. Umgeben von zahlreichen Kiefern und direkt am imposanten Scharmützelsee gelegen, ist Bad Saarow ein beliebtes Ausflugsziel im südöstlichen Brandenburg. Die Saarow-Therme, ein Thermal­solebad, ist sicherlich einer der Gründe, denn hier lässt es sich ideal entspannen und erholen.

Außerdem laden die zahlreichen Flüsse und Seen zu ausgiebigen Ausflügen auf dem Wasser durch das Dahme-Seenland ein. Und bei einem Spaziergang um den Scharmützelsee kann man zahlreiche kleine Buchten und Strände entdecken oder einfach den Blick über das Wasser genießen. Wegen dieser Angebote und der üppigen Natur ist Bad Saarow nicht nur bei Gästen aus dem nahe gelegenen Berlin, sondern aus ganz Deutschland beliebt. Eine Million Gäste zählt der Kurort mittlerweile pro Jahr.

Dabei war das Städtchen nicht immer so erfolgreich, vielmehr ist die Geschichte des Ortes die Geschichte eines ungewöhnlichen Aufschwungs: Vor etwa hundert Jahren wurden die beiden märkischen Dörfer Saarow und Pieskow noch als die verlassensten Nester der Mark Brandenburgs bezeichnet. Zu spärlich die Verkehrsanbindung, zu arm die Bevölkerung. Doch schon eine Dekade später begann sich das heutige Bad Saarow zu einem der beliebtesten Kurorte der Region zu entwickeln. Wohnhäuser, Straßen, Parkanlagen und Uferwege entstanden und machten die neue und edle Villenkolonie Saarow-Pieskow zu einem beliebten Luftkur- und Seebadeort für großstadtmüde Berliner.

Innerhalb weniger Jahre veränderte sich der Ort komplett: Der Fahrgastschiffverkehr auf dem Scharmützelsee wurde aufgebaut, der noch heute existierende prächtige Bahnhof mitsamt der Eisenbahnstrecke nach Fürstenwalde und Berlin wurde eingeweiht, und im Jahr 1911 eröffneten das erste Sanatorium und die Seebadeanstalt. Als 1914 dann noch ein Moorbad gebaut und einige Jahre später eine Solequelle erschlossen wurde, war der Ort, der seit 1923 Bad Saarow heißt, schnell in der ganzen Republik bekannt.

Erlesen Gäste

Unter den Gästen fanden sich zahlreiche Prominente aus Politik und Kunst. Darunter der russische Dichter Maxim Gorki und UFA-Stars wie Käthe Dorsch, Harry Liedtke und Viktor de Kowa. Der legendäre Boxer Max Schmeling erkor den Ort in den 30er Jahren sogar für acht Jahre zu seiner Wahlheimat. Im Juli 1933 heiratete er in der kleinen Saarower Kirche die Schauspielerin Anny Ondra.

Noch heute zeugen in Bad Saarow kleine Gedenktafeln von diesen berühmten Besuchern und Mitbürgern des Städtchens. Am Karl-Marx-Damm, am östlichen Ufer des Scharmützelsees, erinnert beispielsweise eine Stele an den Dichter Maxim Gorki. Dieser erholte sich dort in einem Sanatorium in den Jahren 1922 und 1923 von seinem Lungenleiden. Bad Saarow war ihm von seinen Ärzten wegen der guten Luft empfohlen worden.

Über 80 Jahre später gibt es in Bad Saarow noch mehr gesundheitsförderliche Angebote. „Heute gelten wir als der Ort mit der größten Wellnessfläche in ganz Deutschland“, berichtet die ehrenamtliche Bürgermeisterin Bad Saarows (bis 2013), Gerlinde Stobrawa. Immerhin kommen die Saarow-Therme und die Hotels der Stadt zusammen auf etwa 20.000 Quadratmeter Wellnessbereich. Allein in der Therme gibt es Unterwassergeysire, Whirlpools, eine Saunenlandschaft und einen Massagepilz mit Strömungskanal. Das Wasser ist dabei natürlich nicht einfach nur gechlort, sondern stammt aus der Catharinenquelle tief in der Erde.
Im ganzen Ort verstreut finden sich Beautyfarmen, Fitnesscenter, Sportstätten, ein Klinikum mit dem Ostbrandenburgischen Tumorzentrum sowie Deutschlands einziges Kurzentrum für schwangere Frauen. Wegen der Fülle dieses Angebots erhielt Bad Saarow im Jahr 1998 als erster Kurort im Land Brandenburg die unbefristete Anerkennung als „Staatlich anerkanntes Thermal-, Sole- und Moorheilbad“.

Individuelle Gesundheit

Wichtig ist dabei jedoch zu wissen, dass in Bad Saarow keine klassischen Kuren mit einem festen Ablaufplan angeboten werden. Stattdessen sind die Kuren offen gestaltet. „So kann sich jeder seine eigene Kur individuell zusammenstellen“, hebt die Bürgermeisterin Stobrawa hervor. Eine entscheidende Rolle kommt dabei auch den zahlreichen niedergelassenen Ärzten im Ort zu, die die Gäste während ihres Aufenthaltes medizinisch betreuen und die Anwendungen von der Krankengymnastik über die Lymphdrainage bis zum Moorbad überwachen.
Viele Besucher kommen jedoch nicht nur für einen Gesundheitsurlaub, sondern auch wegen der idealen Anbindung an die Wasserwege der Region. Den Mittelpunkt dieser grünen und erholsamen Oase bildet der mit 15.000 Hektar Wasseroberfläche größte See der Mark Brandenburg, der Scharmützelsee. Das „Märkische Meer“, wie man den See auch nennt, ist über die Storkower Gewässer direkt mit den Berliner Wasserstraßen verbunden. Auch die nächstgrößeren Orte in der Umgebung wie Wendisch Rietz, Storkow und Prieros sind so gut zu erreichen. Die Fahrgastschiffe aus Bad Saarow fahren hier regelmäßig entlang. Wer selber ein Hausboot oder Kanu hat, kann die Wasserstraßen natürlich auch für eigene Erkundungen der Natur und der Nachbarorte nutzen.

240 Liegeplätze für Boote in Bad Saarow

„Die Nähe zum Wasser spielt für den Tourismusbereich in Bad Saarow eine immer wichtigere Rolle“, sagt Stobrawa. Immerhin nehme die Anzahl der Gäste, die über die Wasserstraßen in den Ort gelangen, jährlich und kontinuierlich zu. Diese Entwicklung ist allerdings kein Zufall. Im Jahr 1994 entschlossen sich die etwa 4.700 Einwohner Bad Saarows zu einem gezielten Ausbau ihres Ortes als Kurort. Dazu gehört die Infrastruktur für den Wassertourismus. Das Ergebnis: Inzwischen gibt es 37 Anlegestellen für Haus-, Segel- und Motorboote in der gesamten Region Scharmützelsee. Davon allein vier mit insgesamt mehr als 240 Liegeplätzen im Zentrum Bad Saarows selbst.
Das Schöne ist dabei, dass diese Angebote für Wassertouristen an das Leben im Ort angeschlossen sind. Das bedeutet, dass die Hafenanlagen nicht einen eigenen kleinen, abgetrennten Ort in Bad Saarow bilden. Stattdessen gibt es zwischen den Steg- und Hafenanlagen am See eine enge Verbindung zu den Geschäften, der Promenade und der Saarow-Therme im Ort. Angelegt damit die Wassertouristen nicht für sich bleiben, sondern Bad Saarow kennenlernen können.

Bad Saarow bietet sich wegen seiner Wasserstraßen allerdings auch hervorragend für Ausflüge in die Umgebung an. Besonders reizvoll ist dabei sicherlich eine Fahrt nach Prieros. Es geht vom großen Scharmützelsee weiter über den idyllischen Wendisch Rietzer Fließ und den Storkower See mit seinen abgeschiedenen Schilfgürteln . Bei Wendisch Rietz muss übrigens eine Schleuse überwunden werden, die bereits seit 1865 besteht und erst in den vergangenen Jahren automatisiert wurde.

Eiszeit sei Dank

Bei der Tour über die Seen ist auch interessant, sich die geologische Geschichte der Region vor Augen zu halten. Diese Landschaft wurde vor mehr als 10.000 Jahren, während der so genannten Weichseleiszeit, geformt. Damals bedeckten noch Gletscher von bis zu 600 Meter Höhe das Land. Sie waren von Skandina­vien aus bis hierher vorgedrungen und hatten dabei Berge und riesige Mengen Sand und Gestein aufgestaut. Als das Eis dann taute, suchte es sich seinen Weg und formte so – wie auch in der Region der Mecklenburgischen Seenplatte zu sehen ist – zahlreiche Rinnen, Flüsse und Seen. Davon zeugen noch heute der Storkower See und der Scharmützelsee, aber auch die vielen Wasserwege bis Berlin sind Relikte dieser Zeit.

Wassertourismus

Während das Wasser für die Bewohner dieser Region lange Zeit ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor war, weil die Wasserstraßen den Verkauf von Kohle, Holz und Ziegeln ermöglichten, erfreuen sich heute vor allem Touristen an diesem dichten Netz von Seen und Flüsschen. Wer sich ein bisschen abseits der großen Wasserstraßen vortastet, wird meist mit absoluter Ruhe und Einsamkeit belohnt. Duftende und menschenleere Kiefernwälder, weitläufige Weiden und Felder und verzweigte Wander- und Radwege.

Auf den beiden größeren Seen, dem Scharmützelsee und dem Storkower See, leben zudem zahlreiche Vögel wie Blesshühner, Haubentaucher, Kraniche und Fischadler. Wer Glück hat, kann einige Tiere bei der Fütterung ihrer Jungen oder bei der Nahrungssuche beobachten. Tatsächlich gibt es in den Storkower Gewässern keinen Mangel an Aalen, Zandern, Hechten, Barschen, Karpfen und Welsen – auch für Angler bietet die Gegend um Bad Saarow daher hervorragende Bedingungen.
Ein weiterer empfehlenswerter Abstecher führt zu den beiden Findlingen in den Rauener Bergen in der Nähe Bad Saarows. Hierher gelangt man zwar nur über Wander- und Radwege, aber der Umstieg vom Wasser aufs Festland lohnt sich. Die Findlinge, die auch Markgrafensteine oder Rauener Steine genannt werden, sind die größten Gesteinsbrocken, die die Gletscher während der Eiszeit vermutlich von Mittelschweden aus bis in den norddeutschen Raum trugen.

Riesig romantisch

Ursprünglich hatte der größere der beiden Findlinge einen Umfang von mehr als 29 Metern. Doch im 19. Jahrhundert beauftragte König Wilhelm III. seinen Baumeister damit, aus dem Großen Rauener Stein eine Schale für das Alte Museum in Berlin herzustellen. Deswegen wurde dieser größte Granitblock Norddeutschlands im Jahr 1827 um 90 Grad gekippt und in Handarbeit in drei Stücke geteilt. Die mittlere Scheibe wurde noch vor Ort zu einer Schale mit sieben Meter Durchmesser ausgearbeitet. Um dann – immerhin knapp 80 Tonnen schwer – auf Holzrollen zur Spree und von dort aus weiter zum Lustgarten vor dem Alten Museum in Berlin transportiert zu werden. Daher ist der Große Rauener Stein heute zwar eigentlich der kleinere der beiden Markgrafensteine, doch ein Winzling ist er mit seinen drei Metern Höhe noch lange nicht. Wer versuchen will, ihn zu erklettern, wird wegen der glatten Oberfläche wohl mehrere Anläufe benötigen.

Wemdie geologische Erklärung über die Reise der Rauener Steine zu schlicht ist, sollte sich die eher romantisch angehauchte Sage anhören. Diese erzählt man sich noch heute in der Region erzählt. Demnach stand einst auf der Stelle, wo heute der Kleine Rauener Stein liegt, ein prächtiges Schloss. In diesem wohnte ein reicher Ritter mit seiner wunderschönen Tochter. In der Nähe des Schlosses, hinter den Bergen, wohnte hingegen ein hässlicher Riese. Dieser verliebte sich sofort in die Prinzessin, als er sie am Fenster sah. Er bat den Vater um die Hand seiner Tochter, doch der entgegnete: „Einem Riesen gebe ich mein Kind nicht zur Frau.“ Daraufhin wurde der Riese so wütend, dass er alle Erd- und Himmelsgeister zur Hilfe rief. Tatsächlich traf ein Blitz das Schloss, an dessen Stelle fortan ein Stein lag. Übrigens kann der Sage nach sogar noch heute jeder die Klage- und Sehnsuchtsgesänge der im Stein eingeschlossenen Prinzessin hören. Wenn er dreimal mit gleichem Atemzug um den Gesteinsbrocken herumläuft.

Text und Bilder: Aliki Nassoufis, Erstabdruck in Seenland 2007

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