Bootsurlaub auf der Peene

By Veröffentlich am: 10. Februar 2023

Eine Bootsreise auf der Peene von der Mecklenburgischen Seenplatte zur Ostsee.

Von Demmin an der Peene auslaufend, starte ich an Bord einer Pedro 32 zu meiner 14-tägigen Bootsreise. Mit Ihren zehn Metern Länge und vier Kojen ist die holländische Stahlyacht ein ideales Schiff für die vor mir liegende Tour nach Barth.

Führerscheinfreier Bootsurlaub auf der Peene

Der Stationsleiter in Demmin staunt nicht schlecht, als ich mir für die Flussfahrt von ihm einen „Charterschein“ ausstellen lasse. Auf Grund der Sportbootführerscheinregelungen darf ich mit meinem „Sportbootführerschein See“ hier nicht fahren, erst ab dem Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraßen. Dass man dafür ab diesem Jahr auch noch ein SRC-Funkzeugnis haben muss stört mich nicht, das hab ich; nur auf der Peene benötige ich einen „Charterschein“. Bisher wurde die Peene immer als ein Naturidyll beschrieben, eine Wahrnehmung die ich unbedingt teile, zumal sie Mitteleuropas letzter unverbauter Fluss ist. Durch ausgedehnte Wiesen, Torfstich- und die größte Niedermoor-Landschaft Europas, Erlenbrüche und nahezu unbesiedeltes Gebiet mäandert die Peene der Ostsee entgegen. Seeadler und Eisvögel, tagaktive Fischotter und Biber Rotmilane, überbordendes Leben am Fluss, unglaublich in Deutschland zu sein und unbeschreiblich zu begreifen – nur durch eigenes Erleben, eine Landschaft wie am ersten Tag der Schöpfung.

Nachdem ich Jarmen links passiert habe, erreiche ich den Wasserwanderrastplatz Stolpe am frühen Nachmittag. An den modernen Schwimmstegen habe ich schnell angelegt, die Pedro lässt sich auch allein von geübter Hand bestens beherrschen. Nach der Anmeldung beim Hafenmeister mache ich dem Restaurant Fährkrug meine Aufwartung. Der ehemalige Gutshof war im Mittelalter eine Station des Missionars Otto von Bamberg bei der Bekehrung der Slawen zum Christentum, erläutert die kleine Dorfchronik, die ich als Faltblatt bekomme.

Der Hafenmeister drängt mich, noch das nahe Menzlin zu besuchen, da dort eine große, archäologisch bedeutsame Schiffsgräberstädte der Wikinger sei. Ein wenig Bewegung kommt mir gerade gelegen, und so paddle ich noch im gemieteten Kanu nach Menzlin, um mir selbst ein Bild zu machen.

Anklam und Wollin

Am folgenden Morgen laufe ich nach Anklam aus, dem Geburtsort von Otto von Lilienthal und dem Erfinder der „schwerer als Luft“-Fliegerei, dem Begründer der modernen Luftfahrt. Von ihm wusste Kaiser Wilhelm II. zu berichten: „Unter all meinen Untertanen gibt es keinen größeren Narren als Otto von Lilienthal.“ Nun, auch in dieser Hinsicht, ein tragischer Irrtum, dem Wilhelm II. erlag. Besonders die im Sommer direkt am Hafen stattfi ndenden Vineta-Festspiele lohnen einen Besuch Anklams.
Durch ein riesiges, weitläufiges Moorgebiet erreiche ich die Einmündung in den westlichen Mündungsarm der Oder, Peenstrom genannt. Ich lege das Ruder ostwärts und gebe Vollgas. Danach reduziere ich die Drehzahl und halte schnurstracks auf die „Boje 14“ zu, dort liegt das Grenzboot der polnischen Küstenwache, wo man sich für die Einfahrt auf polnische Hoheitsgewässer anmelden musste. Will hoffen, dass dies in diesem Jahr mit dem Wegfall der Grenzkontrollen wieder etwas einfacher und innereuropäisch normaler wird. Über Funk ist das Prozedere schnell geklärt, und ich fahre weiter in Richtung Osten übers Haff, zur Divenow, der östlichen Odermündung.
Bei Wind ab sieben Beauford ist das Stettiner Haff unfein zu befahren, aber heute, Ententeichbedingungen, es geht flott voran, und abends lande ich in Wollin beim Segelverein „Albatros“, kurz vor der Hubbrücke links an. Alte Bekannte erwarten mich, und so wird es ein schöner Abend.
Bootsurlaub auf der Peene an Bord einer Pedro Motoryacht von Yachtcharter Schulz.

Bootsurlaub auf der Peene mit einer Pedro-Motoryacht.

Insel Usedom

Nach einem Rundgang in Wollin verlasse ich die polnischen Hoheitsgewässer wieder und steuere vom Haff aus den Usedomer See und die der Insel dem Namen gebende Stadt Usedom an. Der Hafen von Usedom ist nach meinem Geschmack stark verbesserungswürdig, und die neu geplante Marina lässt auf sich warten. Die beschauliche Stadt Usedom lässt das tobende Leben des Bädertourismus an seiner Außenküste nicht erahnen, und ich verlebe einen ruhigen Abend an Deck.

Im ersten Morgenlicht laufe ich aus und lasse mir die Morgenbrise um die Nase wehen, während ich den spiegelglatten Usedomer See überquere, der an seiner engsten Stelle zwischen Ost- und Westklüne ins Kleine Haff mündet. Ruder Steuerbord – für Landratten rechts –, und weiter geht es in Richtung Zecheriner Brücke, die als eine von zwei Klappbrücken Usedom mit dem Festland verbindet. Rechterhand ragt das rostige Skelett der Karniner Brücke drohend in den Himmel, hierüber führte die Bäderbahn Berlin–Heringsdorf–Ahlbeck bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

Mich zieht es nach Zinnowitz zum Segelverein, enger Hafen aber sehr romantisch. Gut geplant und rechtzeitig abgelegt – genau auf den Punkt erreiche ich die erste Brückenöffnung des Tages an der Zecheriner Brücke, und weiter geht’s ins Achterwasser. Links eine durch zwei Gefahrentonnen ausgewiesene Untiefe, die so mancher Chartergast gern mitnimmt und rechts der Lieper Winkel, eine nordwärts weit ins Achterwasser hineinragende Halbinsel. Links voraus liegt Zinnowitz.

Zuerst gilt es, eine Flachstelle weitläufig zu umfahren, doch dann wird der Kurs im Tonnenstrich westwärts zu den auf Grund gesetzten Frachtschiffen, die hier die Hafenmole bilden, gesetzt. Als früher Gast, kurz nach Mittag, lege ich an einer ruhigen Stelle direkt an der Moleninnenseite an.

Unterwegs mit dem Fahrrad

Über den Service des „Inselrad-Verleihers“ bestelle ich ein Fahrrad, was mir im Laufe des Nachmittags gebracht wird und das zu sehr preiswertem Tarif – super Service, und die Telefonnummer hängt am Hafentor. Ich bleibe einige Tage und erkunde radelnd die Insel. Abends kehre ich immer zum Hafenmeister zurück, um mit ihm und seiner neuen Flamme zu klönen.

Doch auch die schönste Fahrtunterbrechung geht einmal zu Ende, und so verkündet der leise blubbernde Einbaudiesel meine Weiterreise, und leise, sachte, ganz sachte, bugsiere ich die Pedro im ersten Licht des jungen Tages aus dem Hafen, während ringsum noch alle schlafen. Hinter dem Achterwasser halte ich mich rechts und erreiche den ersten Brückenzug der Klappbrücke Wolgast. Wolgast Traffic meldet über Funk, dass nichts vorliegt, alles bestens ist. Bald darauf liegt Karlshagen Steuerbord quer ab, ein schöner Hafen mit dem Spitzenrestaurant „Veermaster“ in unmittelbarer Nähe, aber für meine Geschmack ein bisschen zu viel „Sehleute“.

Hansestädte

Von hier aus eröffnen sich viele Ziele für die Weiterfahrt: Rügen mit Lauterbach, Sassnitz, Kreideküste und Kap Arkona nördlich; südlich die Hansestädte Greifswald und Stralsund. Ich entscheide mich für die Hansestädte und biege am Fahrwasser in Richtung des Ryk, ein kleiner Fluss, der mitten hinein nach Greifswald führt.

Die Stadt beeindruckt durch das vollständig geschlossene mittelalterliche Stadtensemble und seine Bauwerke im Stile der Backsteigotik mit hanseatischen Schmuckgiebeln. Anderntags erreiche ich den Strelasund und komme flott voran. Rügen liegt nun zum Greifen nahe vor dem Festland, und Scharen von Kormoranen fliegen über mir her. Backbord die Marina Neuhof, ein wirklich schöner Hafen, aber micht, zieht es nach Stralsund, wo ich in der City Marina festmache.

Bald darauf schlendere ich am Kai und dem Hafen entlang und staune nicht schlecht, als ich die „Gorch Fock“ hier festgemacht sehe. „Das ist die ‚Gorch Fock I‘, junger Mann, das Segelschiff der Bundesmarine, das ist ja nur die ‚Gorch Fock II‘“, klärt mich ein älterer Herr auf. Schöne Restaurants und ein vielschichtiges Landprogramm locken, besonders beeindruckt bin ich vom Meeresmuseum, als ich spät abends an Bord zurückkehre. An der langen Mole flanieren noch Spaziergänger, und die Angler sind auf der Jagd nach dem größten Fisch.

Ausflug nach Hiddensee

Erst gegen Mittag laufe ich aus, die Chance­ nochmals einige Lebensmittel und Ausrüstungsgegenstände aufzustocken, ist einfach zu verlockend. Bald darauf stehe ich kurz vorm Gellen, einer Sandbank südlich der Insel Hiddensee. Eine Seefahrt in diesem Revier ohne Hiddenseebesuch ist nicht vorstellbar. Also lege ich Kurs auf das Hiddensee-Fahrwasser zum Yachthafen Vitte-Langort. Noch heute ist das den Boddengewässern vorgelagerte Land ständigen Umformungsprozessen unterworfen, und neues Land entsteht im Meer, während es anderswo abgetragen wird. Nur der Einsatz von Baggerschiffen und das ständige Vertiefen der Fahrwasser für die Schifffahrt verhindert das vollständige Verlanden einiger Bereiche.

Hiddensee wäre ohne die ständigen Eingriffe des Menschen schon längst mit der südwestlichen Insel Bock und dem Zingst zusammengewachsen. Auf den Gewässern dieser flachen Lagunen, der Bodden, vermochten es auch Klaus Störtebeker und seine Vitalienbrüder, sich lange Zeit zu verbergen. Die reichen „Pfeffersäcke“ der Hanse wagten sich nicht in diese tückischen Gewässer, die damals noch unbetonnt und nicht ausgebaggert waren.

Ankunft in Barth

Nach dem Hiddensee-Ausflug motort die Pedro vorbei an Barhöft mit seinem idyllischen Yachthafen westwärts in die Boddengewässer südlich von Zingst und mitten durch den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Ich erkenne Seeadler und Seeschwalben am Himmel, Tausende Wasservögel auf den seichten Fluten vorm Ufer. Nationalparkverordnung und Tiefgang zwingen mich ins Fahrwasser, das hier eher einem Fluss als einem Meeresarm gleicht. Links der im Schilf verborgene Anleger des Angelvereins am Ufer des Dorfes mit dem lustigen Namen Kinnbackenhagen.

Langsam weitet sich die Wasserfläche, die Grabow genannte, flache Bucht liegt halblinks voraus, dahinter sanft geschwungene Ufer und irgendwo Groß Moordorf, einer der größten Ruheplätze während des herbstlichen Kranichzuges in Europa, mit tausenden dort rastenden Kranichen. An Backbord erscheint in der Kimm der Kirchturm von Barth. Zwischen den Köpfen der gewaltigen Steinmole laufe ich in den modernen Yachthafen ein. Am Steg von Yachcharter Schulz in Barth endet nach zwei Wochen mein Bootsurlaub auf der Peene durch eine der schönsten Fluss- und Küstenformationen unseres Globus’.

Lesen Sie weiter in über 20 Jahresausgaben Magazin Seenland

 

HAFENFÜHRER

Einfach zur perfekten Reiseroute

Hafenportraits mit Plan: Müritz | Havel | Seenplatte | Berlin | Brandenburg

Bootsurlaub auf der Peene
By |8,1 Minuten Lesezeit|1616 Wörter|Veröffentlich am: 10. Februar 2023|

Eine Bootsreise auf der Peene von der Mecklenburgischen Seenplatte zur Ostsee.

Von Demmin an der Peene auslaufend, starte ich an Bord einer Pedro 32 zu meiner 14-tägigen Bootsreise. Mit Ihren zehn Metern Länge und vier Kojen ist die holländische Stahlyacht ein ideales Schiff für die vor mir liegende Tour nach Barth.

Führerscheinfreier Bootsurlaub auf der Peene

Der Stationsleiter in Demmin staunt nicht schlecht, als ich mir für die Flussfahrt von ihm einen „Charterschein“ ausstellen lasse. Auf Grund der Sportbootführerscheinregelungen darf ich mit meinem „Sportbootführerschein See“ hier nicht fahren, erst ab dem Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraßen. Dass man dafür ab diesem Jahr auch noch ein SRC-Funkzeugnis haben muss stört mich nicht, das hab ich; nur auf der Peene benötige ich einen „Charterschein“. Bisher wurde die Peene immer als ein Naturidyll beschrieben, eine Wahrnehmung die ich unbedingt teile, zumal sie Mitteleuropas letzter unverbauter Fluss ist. Durch ausgedehnte Wiesen, Torfstich- und die größte Niedermoor-Landschaft Europas, Erlenbrüche und nahezu unbesiedeltes Gebiet mäandert die Peene der Ostsee entgegen. Seeadler und Eisvögel, tagaktive Fischotter und Biber Rotmilane, überbordendes Leben am Fluss, unglaublich in Deutschland zu sein und unbeschreiblich zu begreifen – nur durch eigenes Erleben, eine Landschaft wie am ersten Tag der Schöpfung.

Nachdem ich Jarmen links passiert habe, erreiche ich den Wasserwanderrastplatz Stolpe am frühen Nachmittag. An den modernen Schwimmstegen habe ich schnell angelegt, die Pedro lässt sich auch allein von geübter Hand bestens beherrschen. Nach der Anmeldung beim Hafenmeister mache ich dem Restaurant Fährkrug meine Aufwartung. Der ehemalige Gutshof war im Mittelalter eine Station des Missionars Otto von Bamberg bei der Bekehrung der Slawen zum Christentum, erläutert die kleine Dorfchronik, die ich als Faltblatt bekomme.

Der Hafenmeister drängt mich, noch das nahe Menzlin zu besuchen, da dort eine große, archäologisch bedeutsame Schiffsgräberstädte der Wikinger sei. Ein wenig Bewegung kommt mir gerade gelegen, und so paddle ich noch im gemieteten Kanu nach Menzlin, um mir selbst ein Bild zu machen.

Anklam und Wollin

Am folgenden Morgen laufe ich nach Anklam aus, dem Geburtsort von Otto von Lilienthal und dem Erfinder der „schwerer als Luft“-Fliegerei, dem Begründer der modernen Luftfahrt. Von ihm wusste Kaiser Wilhelm II. zu berichten: „Unter all meinen Untertanen gibt es keinen größeren Narren als Otto von Lilienthal.“ Nun, auch in dieser Hinsicht, ein tragischer Irrtum, dem Wilhelm II. erlag. Besonders die im Sommer direkt am Hafen stattfi ndenden Vineta-Festspiele lohnen einen Besuch Anklams.
Durch ein riesiges, weitläufiges Moorgebiet erreiche ich die Einmündung in den westlichen Mündungsarm der Oder, Peenstrom genannt. Ich lege das Ruder ostwärts und gebe Vollgas. Danach reduziere ich die Drehzahl und halte schnurstracks auf die „Boje 14“ zu, dort liegt das Grenzboot der polnischen Küstenwache, wo man sich für die Einfahrt auf polnische Hoheitsgewässer anmelden musste. Will hoffen, dass dies in diesem Jahr mit dem Wegfall der Grenzkontrollen wieder etwas einfacher und innereuropäisch normaler wird. Über Funk ist das Prozedere schnell geklärt, und ich fahre weiter in Richtung Osten übers Haff, zur Divenow, der östlichen Odermündung.
Bei Wind ab sieben Beauford ist das Stettiner Haff unfein zu befahren, aber heute, Ententeichbedingungen, es geht flott voran, und abends lande ich in Wollin beim Segelverein „Albatros“, kurz vor der Hubbrücke links an. Alte Bekannte erwarten mich, und so wird es ein schöner Abend.
Bootsurlaub auf der Peene an Bord einer Pedro Motoryacht von Yachtcharter Schulz.

Bootsurlaub auf der Peene mit einer Pedro-Motoryacht.

Insel Usedom

Nach einem Rundgang in Wollin verlasse ich die polnischen Hoheitsgewässer wieder und steuere vom Haff aus den Usedomer See und die der Insel dem Namen gebende Stadt Usedom an. Der Hafen von Usedom ist nach meinem Geschmack stark verbesserungswürdig, und die neu geplante Marina lässt auf sich warten. Die beschauliche Stadt Usedom lässt das tobende Leben des Bädertourismus an seiner Außenküste nicht erahnen, und ich verlebe einen ruhigen Abend an Deck.

Im ersten Morgenlicht laufe ich aus und lasse mir die Morgenbrise um die Nase wehen, während ich den spiegelglatten Usedomer See überquere, der an seiner engsten Stelle zwischen Ost- und Westklüne ins Kleine Haff mündet. Ruder Steuerbord – für Landratten rechts –, und weiter geht es in Richtung Zecheriner Brücke, die als eine von zwei Klappbrücken Usedom mit dem Festland verbindet. Rechterhand ragt das rostige Skelett der Karniner Brücke drohend in den Himmel, hierüber führte die Bäderbahn Berlin–Heringsdorf–Ahlbeck bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

Mich zieht es nach Zinnowitz zum Segelverein, enger Hafen aber sehr romantisch. Gut geplant und rechtzeitig abgelegt – genau auf den Punkt erreiche ich die erste Brückenöffnung des Tages an der Zecheriner Brücke, und weiter geht’s ins Achterwasser. Links eine durch zwei Gefahrentonnen ausgewiesene Untiefe, die so mancher Chartergast gern mitnimmt und rechts der Lieper Winkel, eine nordwärts weit ins Achterwasser hineinragende Halbinsel. Links voraus liegt Zinnowitz.

Zuerst gilt es, eine Flachstelle weitläufig zu umfahren, doch dann wird der Kurs im Tonnenstrich westwärts zu den auf Grund gesetzten Frachtschiffen, die hier die Hafenmole bilden, gesetzt. Als früher Gast, kurz nach Mittag, lege ich an einer ruhigen Stelle direkt an der Moleninnenseite an.

Unterwegs mit dem Fahrrad

Über den Service des „Inselrad-Verleihers“ bestelle ich ein Fahrrad, was mir im Laufe des Nachmittags gebracht wird und das zu sehr preiswertem Tarif – super Service, und die Telefonnummer hängt am Hafentor. Ich bleibe einige Tage und erkunde radelnd die Insel. Abends kehre ich immer zum Hafenmeister zurück, um mit ihm und seiner neuen Flamme zu klönen.

Doch auch die schönste Fahrtunterbrechung geht einmal zu Ende, und so verkündet der leise blubbernde Einbaudiesel meine Weiterreise, und leise, sachte, ganz sachte, bugsiere ich die Pedro im ersten Licht des jungen Tages aus dem Hafen, während ringsum noch alle schlafen. Hinter dem Achterwasser halte ich mich rechts und erreiche den ersten Brückenzug der Klappbrücke Wolgast. Wolgast Traffic meldet über Funk, dass nichts vorliegt, alles bestens ist. Bald darauf liegt Karlshagen Steuerbord quer ab, ein schöner Hafen mit dem Spitzenrestaurant „Veermaster“ in unmittelbarer Nähe, aber für meine Geschmack ein bisschen zu viel „Sehleute“.

Hansestädte

Von hier aus eröffnen sich viele Ziele für die Weiterfahrt: Rügen mit Lauterbach, Sassnitz, Kreideküste und Kap Arkona nördlich; südlich die Hansestädte Greifswald und Stralsund. Ich entscheide mich für die Hansestädte und biege am Fahrwasser in Richtung des Ryk, ein kleiner Fluss, der mitten hinein nach Greifswald führt.

Die Stadt beeindruckt durch das vollständig geschlossene mittelalterliche Stadtensemble und seine Bauwerke im Stile der Backsteigotik mit hanseatischen Schmuckgiebeln. Anderntags erreiche ich den Strelasund und komme flott voran. Rügen liegt nun zum Greifen nahe vor dem Festland, und Scharen von Kormoranen fliegen über mir her. Backbord die Marina Neuhof, ein wirklich schöner Hafen, aber micht, zieht es nach Stralsund, wo ich in der City Marina festmache.

Bald darauf schlendere ich am Kai und dem Hafen entlang und staune nicht schlecht, als ich die „Gorch Fock“ hier festgemacht sehe. „Das ist die ‚Gorch Fock I‘, junger Mann, das Segelschiff der Bundesmarine, das ist ja nur die ‚Gorch Fock II‘“, klärt mich ein älterer Herr auf. Schöne Restaurants und ein vielschichtiges Landprogramm locken, besonders beeindruckt bin ich vom Meeresmuseum, als ich spät abends an Bord zurückkehre. An der langen Mole flanieren noch Spaziergänger, und die Angler sind auf der Jagd nach dem größten Fisch.

Ausflug nach Hiddensee

Erst gegen Mittag laufe ich aus, die Chance­ nochmals einige Lebensmittel und Ausrüstungsgegenstände aufzustocken, ist einfach zu verlockend. Bald darauf stehe ich kurz vorm Gellen, einer Sandbank südlich der Insel Hiddensee. Eine Seefahrt in diesem Revier ohne Hiddenseebesuch ist nicht vorstellbar. Also lege ich Kurs auf das Hiddensee-Fahrwasser zum Yachthafen Vitte-Langort. Noch heute ist das den Boddengewässern vorgelagerte Land ständigen Umformungsprozessen unterworfen, und neues Land entsteht im Meer, während es anderswo abgetragen wird. Nur der Einsatz von Baggerschiffen und das ständige Vertiefen der Fahrwasser für die Schifffahrt verhindert das vollständige Verlanden einiger Bereiche.

Hiddensee wäre ohne die ständigen Eingriffe des Menschen schon längst mit der südwestlichen Insel Bock und dem Zingst zusammengewachsen. Auf den Gewässern dieser flachen Lagunen, der Bodden, vermochten es auch Klaus Störtebeker und seine Vitalienbrüder, sich lange Zeit zu verbergen. Die reichen „Pfeffersäcke“ der Hanse wagten sich nicht in diese tückischen Gewässer, die damals noch unbetonnt und nicht ausgebaggert waren.

Ankunft in Barth

Nach dem Hiddensee-Ausflug motort die Pedro vorbei an Barhöft mit seinem idyllischen Yachthafen westwärts in die Boddengewässer südlich von Zingst und mitten durch den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Ich erkenne Seeadler und Seeschwalben am Himmel, Tausende Wasservögel auf den seichten Fluten vorm Ufer. Nationalparkverordnung und Tiefgang zwingen mich ins Fahrwasser, das hier eher einem Fluss als einem Meeresarm gleicht. Links der im Schilf verborgene Anleger des Angelvereins am Ufer des Dorfes mit dem lustigen Namen Kinnbackenhagen.

Langsam weitet sich die Wasserfläche, die Grabow genannte, flache Bucht liegt halblinks voraus, dahinter sanft geschwungene Ufer und irgendwo Groß Moordorf, einer der größten Ruheplätze während des herbstlichen Kranichzuges in Europa, mit tausenden dort rastenden Kranichen. An Backbord erscheint in der Kimm der Kirchturm von Barth. Zwischen den Köpfen der gewaltigen Steinmole laufe ich in den modernen Yachthafen ein. Am Steg von Yachcharter Schulz in Barth endet nach zwei Wochen mein Bootsurlaub auf der Peene durch eine der schönsten Fluss- und Küstenformationen unseres Globus’.

Lesen Sie weiter in über 20 Jahresausgaben Magazin Seenland