Hauboot-Tour auf der Elde nach Schwerin

By Published On: 24. April 2018

Eine Tour mit dem Hauboot auf der Elde in Mecklenburg durch Lübz, Parchim, Schwerin und Grabow.

Am frühen Nachmittag erreichen wir guter Stimmung die Abfahrtbasis des Yachtcharterers „Blue Line Charter“ in Lübz. Unser Schiff ist eine Nicols 1170, die wir die kommenden sieben Tage unserer Feriendomizil nennen können.

Schon im Sommer des vergangenen Jahres waren meine Frau Heidi und ich per Fahrrad hier im Westen von Mecklenburg-Vorpommern unterwegs gewesen. Damals landeten wir nach einer beschaulichen Tour durch den Ort auch im Stadthafen von Lübz, der sich, idyllisch hinter der Kirche gelegen, an die Altstadt schmiegt.

Heidi war sofort von der einladenden Wohnlichkeit der Schiffe begeistert und verschwand schnurstracks im Büro des Hafenmeisters und ließ mich bei unseren Rädern stehen. Es verging gut eine Viertelstunde, bis Sie wieder herauskam und schon in der Tür rief sie mir freudestrahlend zu: „Ich weiß, was wir im nächsten Sommer machen – wir fahren Boot! Herr Reiher, der Hafenmeister, hat mir alles erklärt, wir nehmen Joachim und Franka mit, das wird ein richtiger Spaß.“

Die Müritz-Elde-Wasserstraße

Da war ich doch bass erstaunt: Meine Frau begeistert sich fürs Bootsfahren – wer hätte das gedacht. So kam es, dass wir nun mit unseren beiden Freunden Kisten und Taschen in ein französisches Hausboot in Mecklenburg tragen, um uns auf dem Wasserwege auf den Weg zur Landeshauptstadt Schwerin zu machen. In dem hell eingerichteten Salon mit seinen großen Fenstern richten wir uns schnell gemütlich ein. Der Proviant ist problemlos in den Schränken und dem geräumigen Kühlschrank verstaut. Es dauert nicht lange, und wir fühlen uns an Bord schon so richtig heimisch. In unsere fröhliche Viererrunde spaziert der Hafenmeister herein.

„Alles klar zum Ablegen?“, fragt er lachend, und wir antworten: „Alles klar, Herr Kapitän!“ „Nee, nee, Kapitän an Bord seid ihr schon selbst – ich zeige euch jetzt nur, wie alles funktioniert“, grinst Herr Reiher. Zwar hatte Joachim in der Jugend einmal einen Bootsführerschein gemacht, aber in seiner Rolle als Kapitän ist er doch für die ausführliche Einweisung inklusive kleiner Knotenschule dank-bar. Schließlich heißt es tatsächlich „Leinen los!“ und wir legen zu einer Probefahrt mit dem Hauboot auf der Elde ab. Die Durchfahrt vom Hafen zur Müritz-Elde-Wasserstraße erscheint uns doch arg eng und jeder an Bord – auch Joachim selbst – geht davon aus, dass es gleich die erste Havarie geben wird. Doch das Schiff lässt sich dank Bugstrahlruder erstaunlich souverän steuern. Einem vergnüglichen Schiffsurlaub steht jetzt nichts mehr im Weg.

Pure Idylle und Abgeschiedenheit auf der Elde

Wir fahren stromabwärts. Schnell zieht uns der idyllische Wasserlauf in seinen Bann. Es macht den Eindruck, weitab jeglicher Zivilisation durch Ruhe und Abgeschiedenheit zu reisen. Wiesen und Felder gleiten dahin und die anfängliche Nervosität an Bord weicht schnell absoluter Gelassenheit. Nach zwei Stunden Fahrt steht uns die erste seemännische Probe unserer Tour bevor – die erste Schleusung.

In den vergangenen Jahren wurden die meisten Schleusen der Müritz-Elde-Wasserstraße auf Automatikbetrieb umgestellt, so auch die Schleuse Neuburg. An der Wartestelle betätigt Heidi den Hebel zur Anforderung der Schleuse, die Tore im Tal schließen sich, die Schleusenkammer füllt sich mit Wasser, und dann ist alles für unsere Einfahrt bereit. Während Joachim das Gefährt vom Innensteuerstand sicher navigiert – von dort hat man einfach den besseren Überblick – besetzen Heidi und ich die Leinen an Bug und Heck. Wie heißt es so schön: „Seemann mach langsam, es ist eilig.“ Mit aller Ruhe laufen wir in die Schleusenkammer ein, sichern die Nicols mit den Leinen und betätigen, da kein weiteres Schiff uns folgt, den Hebel für die Talschleusung. Stück für Stück sinken wir hinab, geben dabei immer etwas Leine nach – in einer Schleuse darf man niemals die Klampen belegen, hat uns Herr Reiher noch eingeschärft – und wenig später öffnen sich die Tore.

Die Fahrt mit dem Hauboot auf der Elde geht heute noch bis Parchim. Kurz nach der unterquerten Fußgängerbrücke halten wir uns rechts. Der Seitenarm schlängelt sich bis zum Stadthafen an Lauben und Wassergrundstücken vorbei. Einige andere Schiffe haben schon am Ufer angelegt. Wir fahren ohne Sog und Wellenschlag vorbei, denn der Stadthafen ist recht langgezogen, sodass wir nicht auf einen Liegeplatz im vorderen Bereich angewiesen sind.

Gut ausgebauter Wasserwanderrastplatz in Parchim. Rastplatz bei einer Tour mit dem Hausboot auf der Elde.

Gut ausgebauter Wasserwanderrastplatz in Parchim

Zwischenhalt in Parchim

Von unserem Liegeplatz ist es nicht weit zum Stadtzentrum. Nach einem Bummel durch die Parchimer Altstadt lassen wir den Tag gemütlich im „Brauhaus Parchim“ ausklingen. Das urige Wirtshaus hat gerade Anfang dieses Jahres eröffnet und sich der heimischen Brautradition verschrieben. Der Chef selbst lädt uns zu einer Besichtigung des Braukellers ein und gibt uns eine Kurzeinfühung ins Brauerhandwerk. Mit diesem Wissen schmeckt ein frisch Gezapftes gleich zweimal so gut!

Gegen acht ist am nächsten Tag das Schiff wach. Joachim und Franka holen schon frische Brötchen, und wir zurückgebliebenen decken bei Sonnenschein und strahlend blauem Himmel den Tisch auf unserer großzügigen Terrasse. Gut gestärkt brechen wir um Schlag elf auf. Die Selbstbedienungsschleuse von Parchim ist schnell passiert. Während der Schleusung unterhalten wir uns mit einem Segler, der uns berichtet, vier Wochen auf der Müritz gewesen zu sein und der nun gemeinsam mit den beiden Söhnen sein Segelboot zum Liegeplatz bei Schwerin überführt. Er freut sich schon auf die Bundesgartenschau in Schwerin 2009 – der Park wird direkt am Wasser angelegt, hoffentlich wird dabei auch an die notwendigen Bootsliegeplätze gedacht.

Entscheidung am Elde-Dreieck

Nachdem die Schleuse Matzlow-Garwitz – ebenfalls mit Selbstbedienung – durchfahren ist, erreichen wir gegen drei Uhr am Nachmittag das Elde-Dreieck. Von hier aus hat man die Wahl, weiterhin stromabwärts gen Elbe zu fahren oder den Kurs über den Störkanal bis zur Landeshauptstadt Schwerin einzuschlagen. Gemäß der praktizierten Borddemokratie – die Mannschaft diskutiert, und der Käpt’n entscheidet – entschließen wir uns für letzteres. Nur eines hat Joachim nicht bedacht, die Klappbrücke von Plate hinter der Schleuse Banzkow. Sie öffnet zwischen 10 und 19 Uhr nur alle 90 Minuten – das bringt uns eine gemütliche Kaffeepause ein.

Als die Brücke öffnet, sind zunächst die wartenden Talfahrer am Zuge. Bald haben auch wir die Klappbrücke passiert, schließlich weichen die Ufer zurück, und vor uns liegt der Schweriner See. Entlang der betonnten Fahrrinne halten wir Kurs auf das Schweriner Schloss, Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern. Für die Nacht ist Wind und Regen vorhergesagt, sodass Joachim Wert darauf legt, einen sicheren Hafen anzulaufen, den wir schließlich in der Marina Nord finden.

Über Nacht erweist sich das Wetter als gnädig, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht, und gut geschlafen haben wir sicher vertäut allemal. Nach dem Frühstück klart das Wetter auf. Wir machen es uns auf der Terrasse bequem und spielen Karten, während Möwen und Schwalben durch die Luft flirren. Erst gegen Mittag gibt Joachim das Kommando zum Ablegen. Nicht lange dauert die Fahrt – schon erreichen wir bei herrlichem Sonnenschein das Schweriner Schloss und legen in seinem Schatten beim Seglerverein an.

Das Schweriner Schloss ist das Highlight unserer Reise mit dem Hausboot auf der Elde. © Magazin Seenland

Das Schweriner Schloss ziert die Rückseite mancher 2-Euro Münzen.

Landgang durch Schwerin

Die Fußgängerzone von Schwerin lockt mit zahlreichen kleinen Geschäften, die zum Schlendern und Stöbern einladen. In einer der Gassen entdeckt Heidi das „Gasthaus zur Quelle“ – laut Speisenkarte das wohl älteste Wirtshaus Schwerins –, wo wir uns zwecks Stärkung niederlassen. Mit Zanderfilet an Salzkartoffeln im Magen macht ein Stadtrundgang gleich zweimal so viel Freude.

Dank des ablandigen Windes können wir getrost unseren Liegeplatz auch für die Nacht behalten, und Franka meint sogar, sie könne mit ein wenig Wassergeplätscher am Bug viel besser schlafen. Als wir zum Schiff zurückkehren, ist die Sonne schon beinahe verschwunden, und Himmel und Wasser tauchen in dieses intensive Blau ein, das dieser Stunde ihren Namen verleiht. Schnell sind aus dem Kühlschrank vier wohltemperierte Lübzer Pils gezaubert, Tisch und Stühle auf der achterlichen Terrasse aufgestellt, und wir stoßen auf einen zur Neige gehenden Urlaubstag an.

Am Morgen ist die gesamte Wasserfläche mit kleinen schwarzen Vögeln übersät, und als würde ihnen vom Wind der Takt gegeben, tauchen sie in regelmäßigen Abständen unter und wieder auf. Als wir nach dem Frühstück ablegen, führt unser Kurs quer durch diese Versammlung, eine Schneise wird unserem Schiff freigegeben und schließt sich achtern – ein faszinierendes Schauspiel.

Auf dem Störkanal

Der heutige Schlag mit dem Hauboot auf der Elde führt uns weg vom Schweriner See und stromabwärts Richtung Elde. Doch schon bald muss Joachim eingestehen, dass es mit seinen planerischen Fähigkeiten als Kapitän nicht so weit her ist, denn die Platener Klappbrücke hat er schon wieder vergessen.

Während wir wartend steuerbords festgemacht haben, holt uns die „Anna“ ein – ein alter Dampfeisbrecher der heute im Auftrag der Volksmusik für die ARD unterwegs ist. Franka steigt gleich in einen Schnack mit dem Kapitän ein. Da auch die Brückendurchfahrt gefilmt werden soll, fährt die „Anna“ uns jetzt voraus. Als sich die Brücke hebt, steht rechter Hand das Kamerateam parat. Wir folgen in gebührendem Abstand, um nicht durchs Bild zu huschen.

So geht es den gesamten Störkanal längs: Das Kamerateam steht am rechten Ufer und filmt die „Anna“, wie sie vorüber zieht – wir folgen mit Sicherheitsabstand. Dann packt das Team ein, braust mit dem Auto den Uferweg voraus, baut sich auf der nächsten Brück für das selbe Spiel erneut auf. Zwei oder drei Mal werden wir sogar mit vor die Linse genommen, und Franka überlegt: „Ob das wohl gesendet wird? Ich habe nicht einmal gewinkt.“

Bei einer Hausboot Tour auf der Elde lohnt ein Zwischenstopp in Grabow.

Die Schmucke Altstadt von Grabow lädt zum Einkaufen ein.

Abschied von Anna

Am Eldedreieck trennen sich schließlich die Wege – die „Anna“ hält Kurs stromaufwärts Richtung Plau am See, und wir folgen dem Fluss des Wassers, denn Grabow heißt das Tagesziel. Die Automatikschleuse von Neustadt-Glewe erreichen wir gegen halb sechs. In der Bedienung ist die gesamte Mannschaft inzwischen Profi. Ohne dass Joachim etwas sagen muss, werden die Leinen besetzt, die Hebel gezogen – Schleusen ist für uns kein Problem! Für die Streckenplanung hat es sich bewährt, etwa dreißig Minuten für die Durchfahrt einer Schleuse mit Selbstbedienung zu kalkulieren.

Die Müritz-Elde-Wasserstraße verläuft hier durch weit ausgedehnte Fischteiche, die sich mit Feldern und Wiesen abwechseln. Bald wird die Landschaft waldiger, Nadelgehölz und Birken reihen sich am Ufer und gewähren nach jeder Wegbiegung eine neue Perspektive. Die langsam einsetzende Dämmerung taucht die Natur in warmes Licht. Das leise Plätschern der Bugwelle romantisiert die Szenerie und scheucht bei jeder Annäherung einen Fischreiher auf, der sich dann aufschwingt, mit drei bis vier Flügelschlägen davon gleitet, um etwa fünfzig Meter voraus wieder auf uns zu warten.

Nachdem die Schleuse Hechtsprung überwunden ist, dauert es nicht mehr lang, bis wir kurz nach sieben Uhr die Grabower Schleuse erreichen. Der Ort empfängt uns mit seiner gemauerten Stadtdurchfahrt im mediterran anmutendem Flair, und wir machen am linken Ufer hinter der Schleuse fest. Die Strömung ist recht stark, sodass Joachims Anlegemanöver erst beim dritten Versuch perfekt gelingt. Wir bleiben ruhig; wenn ein Manöver nicht auf Anhieb sitzen will, dann ist es ratsam, einfach zurückzufahren und ganz von neuem zu starten. Wind und Strömung sind auch für einen Profi nicht immer beim ersten Versuch ersichtlich.

Grabower Verführungen

Am nächsten Morgen brechen wir zum Stadtbummel in Zweiergruppen auf. Auch wenn wir mit unseren besten Freunden unterwegs sind und uns alle das großzügige Raumangebot an Bord begeistert – es ist doch ungewohnt, so nah beieinander zu sein, und ist eine schöne Abwechslung, zwischendurch auch eigene Wege zu gehen. Heidi und ich suchen uns einen Pfad durch die Grabower Altstadt. Beschauliche Gassen werden von restaurierten Fachwerkhäusern gesäumt. Kleine Geschäfte laden zum Stöbern ein und schließlich nehmen wir in einem kleinen Straßencafé bei einem Latte Macchiato Platz.

Ziel unseres Weges ist aber die Grabower Süßwarenfabrik. Im Internet hatte Heidi recherchiert, es gäbe dort einen Werksverkauf der berühmten „Grabower Küsschen“. Mit sechzig Stück dieser Prachtexemplare kehren wir zum Boot zurück und rufen bei unseren Mitfahrern, die gerade in der Mittagssonne auf dem Vordeck dösen, ein großes Hallo hervor.

Man muss schon zugeben, ein vernünftiges Mittag­essen ist das nicht, und wir alle fühlen uns zurückversetzt in Kindertage – aber lecker ist es schon! Da Zucker bekanntlich die grauen Zellen in Gang setzt, kommt mir auch gleich ein Vorschlag für unsere Nachmittagsaktivitäten. Wenn wir uns etwas sputen, erwischen wir den nächsten Zug nach Ludwigslust. Diese ehemalige Residezstadt befindet sich nur eine Bahnstation von Grabow entfernt und verspricht der Crew ein wenig Abwechslung nach fünf erholsamen Bootstagen inmitten dieser fantastischen Natur.

Von Grabow aus lohnt sich ein Besuch in Ludwigslust.

Bahnausflug nach Ludwigslust

Wir nehmen den Regionalexpress in Richtung Wismar und schlendern bald darauf über eine Prachtallee dem Schloss entgegen. Von 1763 bis 1837 war Ludwigslust Sitz des Hofs des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin. Der Schlosspark ist einer der größten Landschaftsparks in Norddeutschland. Zahlreiche Wasserläufe prägen das Bild und kontrastieren in ihrer geraden Linienführung gegenüber wildwüchsig anmutender Natur. Nach einem ausgiebigen Spaziergang schlagen wir den Rückweg zum Bahnhof ein. Joachim und Franka fällt dabei ein stattliches, gegenüber der Bauflucht etwas zurückgesetzt liegendes Gebäude ins Auge, vor dessen Eingangsportal einladend platzierte Tische und Stühle den Gast locken. Die Szenerie sieht so heimelig aus, dass wir uns kurzerhand entschließen, hier zu Abend zu speisen.

Wir haben im „Hotel de Weimar“ Platz genommen, das in diesem 1773 vom Erbprinzen Friedrich Ludwig errichteten und 1810 seiner aus Weimar stammenden Frau Caroline Luise gewidmeten Gebäude residiert. So klingt der Tag stilvoll in gediegener Atmosphäre aus.

Wieder an Bord des Hausbootes

Nach einem ganzen Tag an Land freut sich die Crew am nächsten Morgen auf das Ablegen. Die ersten Schleusen sind schnell passiert, sodass wir uns bald in Neustadt-Glewe wiederfinden. Bereits auf der Hinfahrt begeisterte insbesondere mich dieser hübsche Liegeplatz am Fuße der Burg. Dieses Wahrzeichen der Stadt entstand bereits im 13. Jahrhundert und verleiht dem Ort mit seinem imposanten Turm ein historisches Flair. Nach einer kurzen Besichtigungstour müssen wir weiter und erreichen schließlich gerade noch rechtzeitig die Schleuse Lehnitz. Wir können mit der letzten Schleusung noch mitfahren und steuern in die Dämmerung hinein schließlich unseren Hafen zur Nacht in Matzlow-Garwitz an.

Bei bestem Sommerwetter stechen wir froher Dinge in See. Aus dem Hafen heraus halten wir uns rechts und haben Glück, denn die Schleusentore stehen offen, und das Lichtsignal zeigt grün. Wir fahren ein und sehen uns vor, dass wir nicht unter der Schleusenbrücke zum Halten kommen, denn gerade bei der Bergschleusung ist dies sehr gefährlich. Zwischen Oberwasser und Brücke ist nur knapp ein Meter Luft.

Zurück in Parchim

Alles geht gut, und wir genießen die Fahrt auf dem sonnendurchfluteten Kanal. Langsam wird es Nachmittag, und die Bäume werfen Flecken aus Licht und Schatten auf die Wasseroberfläche. Heidi und ich sitzen am Steuer – inzwischen haben sich alle an Bord mal als Freizeitkapitän erprobt, und wir mussten übereinstimmend feststellen, dass Bootfahren wahrhaftig für jedermann etwas ist und man schnell das Schiff sicher beherrscht. So träumen wir in den Tag hinein und erreichen gegen Nachmittag Parchim. Hier kennen wir uns schon aus, machen am Stadtanleger fest – für Kurzlieger ist dies generell überall kostenlos – und machen einen Altstadtbummel zum Einscafé „Kroll“ am Brunnen auf dem Marktplatz.

Mit einem letzten Hauch Vanillegeschmack auf der Zunge legen wir bald wieder ab. Am nächsten Morgen soll unsere Nicols entladen und gereinigt zurückgegeben werden. Daher möchten wir schon heute dort über Nacht liegen – schließlich soll die Erholung einer Woche Bootsurlaub uns auch über den Tag hinaus erquicken.

Es war unsere erste Tour mit dem Hauboot auf der Elde und auf den Wasserwegen Mecklenburgs. Eine wundervolle Erfahrung: abwechslungsreich, erholsam und für jeden an Bord war von Kultur bis Natur etwas dabei. Wir sind uns sicher, es wird nicht unsere letzte Tour gewesen sein.

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Hauboot-Tour auf der Elde nach Schwerin
By |14 min read|2750 words|Published On: 24. April 2018|

Eine Tour mit dem Hauboot auf der Elde in Mecklenburg durch Lübz, Parchim, Schwerin und Grabow.

Am frühen Nachmittag erreichen wir guter Stimmung die Abfahrtbasis des Yachtcharterers „Blue Line Charter“ in Lübz. Unser Schiff ist eine Nicols 1170, die wir die kommenden sieben Tage unserer Feriendomizil nennen können.

Schon im Sommer des vergangenen Jahres waren meine Frau Heidi und ich per Fahrrad hier im Westen von Mecklenburg-Vorpommern unterwegs gewesen. Damals landeten wir nach einer beschaulichen Tour durch den Ort auch im Stadthafen von Lübz, der sich, idyllisch hinter der Kirche gelegen, an die Altstadt schmiegt.

Heidi war sofort von der einladenden Wohnlichkeit der Schiffe begeistert und verschwand schnurstracks im Büro des Hafenmeisters und ließ mich bei unseren Rädern stehen. Es verging gut eine Viertelstunde, bis Sie wieder herauskam und schon in der Tür rief sie mir freudestrahlend zu: „Ich weiß, was wir im nächsten Sommer machen – wir fahren Boot! Herr Reiher, der Hafenmeister, hat mir alles erklärt, wir nehmen Joachim und Franka mit, das wird ein richtiger Spaß.“

Die Müritz-Elde-Wasserstraße

Da war ich doch bass erstaunt: Meine Frau begeistert sich fürs Bootsfahren – wer hätte das gedacht. So kam es, dass wir nun mit unseren beiden Freunden Kisten und Taschen in ein französisches Hausboot in Mecklenburg tragen, um uns auf dem Wasserwege auf den Weg zur Landeshauptstadt Schwerin zu machen. In dem hell eingerichteten Salon mit seinen großen Fenstern richten wir uns schnell gemütlich ein. Der Proviant ist problemlos in den Schränken und dem geräumigen Kühlschrank verstaut. Es dauert nicht lange, und wir fühlen uns an Bord schon so richtig heimisch. In unsere fröhliche Viererrunde spaziert der Hafenmeister herein.

„Alles klar zum Ablegen?“, fragt er lachend, und wir antworten: „Alles klar, Herr Kapitän!“ „Nee, nee, Kapitän an Bord seid ihr schon selbst – ich zeige euch jetzt nur, wie alles funktioniert“, grinst Herr Reiher. Zwar hatte Joachim in der Jugend einmal einen Bootsführerschein gemacht, aber in seiner Rolle als Kapitän ist er doch für die ausführliche Einweisung inklusive kleiner Knotenschule dank-bar. Schließlich heißt es tatsächlich „Leinen los!“ und wir legen zu einer Probefahrt mit dem Hauboot auf der Elde ab. Die Durchfahrt vom Hafen zur Müritz-Elde-Wasserstraße erscheint uns doch arg eng und jeder an Bord – auch Joachim selbst – geht davon aus, dass es gleich die erste Havarie geben wird. Doch das Schiff lässt sich dank Bugstrahlruder erstaunlich souverän steuern. Einem vergnüglichen Schiffsurlaub steht jetzt nichts mehr im Weg.

Pure Idylle und Abgeschiedenheit auf der Elde

Wir fahren stromabwärts. Schnell zieht uns der idyllische Wasserlauf in seinen Bann. Es macht den Eindruck, weitab jeglicher Zivilisation durch Ruhe und Abgeschiedenheit zu reisen. Wiesen und Felder gleiten dahin und die anfängliche Nervosität an Bord weicht schnell absoluter Gelassenheit. Nach zwei Stunden Fahrt steht uns die erste seemännische Probe unserer Tour bevor – die erste Schleusung.

In den vergangenen Jahren wurden die meisten Schleusen der Müritz-Elde-Wasserstraße auf Automatikbetrieb umgestellt, so auch die Schleuse Neuburg. An der Wartestelle betätigt Heidi den Hebel zur Anforderung der Schleuse, die Tore im Tal schließen sich, die Schleusenkammer füllt sich mit Wasser, und dann ist alles für unsere Einfahrt bereit. Während Joachim das Gefährt vom Innensteuerstand sicher navigiert – von dort hat man einfach den besseren Überblick – besetzen Heidi und ich die Leinen an Bug und Heck. Wie heißt es so schön: „Seemann mach langsam, es ist eilig.“ Mit aller Ruhe laufen wir in die Schleusenkammer ein, sichern die Nicols mit den Leinen und betätigen, da kein weiteres Schiff uns folgt, den Hebel für die Talschleusung. Stück für Stück sinken wir hinab, geben dabei immer etwas Leine nach – in einer Schleuse darf man niemals die Klampen belegen, hat uns Herr Reiher noch eingeschärft – und wenig später öffnen sich die Tore.

Die Fahrt mit dem Hauboot auf der Elde geht heute noch bis Parchim. Kurz nach der unterquerten Fußgängerbrücke halten wir uns rechts. Der Seitenarm schlängelt sich bis zum Stadthafen an Lauben und Wassergrundstücken vorbei. Einige andere Schiffe haben schon am Ufer angelegt. Wir fahren ohne Sog und Wellenschlag vorbei, denn der Stadthafen ist recht langgezogen, sodass wir nicht auf einen Liegeplatz im vorderen Bereich angewiesen sind.

Gut ausgebauter Wasserwanderrastplatz in Parchim. Rastplatz bei einer Tour mit dem Hausboot auf der Elde.

Gut ausgebauter Wasserwanderrastplatz in Parchim

Zwischenhalt in Parchim

Von unserem Liegeplatz ist es nicht weit zum Stadtzentrum. Nach einem Bummel durch die Parchimer Altstadt lassen wir den Tag gemütlich im „Brauhaus Parchim“ ausklingen. Das urige Wirtshaus hat gerade Anfang dieses Jahres eröffnet und sich der heimischen Brautradition verschrieben. Der Chef selbst lädt uns zu einer Besichtigung des Braukellers ein und gibt uns eine Kurzeinfühung ins Brauerhandwerk. Mit diesem Wissen schmeckt ein frisch Gezapftes gleich zweimal so gut!

Gegen acht ist am nächsten Tag das Schiff wach. Joachim und Franka holen schon frische Brötchen, und wir zurückgebliebenen decken bei Sonnenschein und strahlend blauem Himmel den Tisch auf unserer großzügigen Terrasse. Gut gestärkt brechen wir um Schlag elf auf. Die Selbstbedienungsschleuse von Parchim ist schnell passiert. Während der Schleusung unterhalten wir uns mit einem Segler, der uns berichtet, vier Wochen auf der Müritz gewesen zu sein und der nun gemeinsam mit den beiden Söhnen sein Segelboot zum Liegeplatz bei Schwerin überführt. Er freut sich schon auf die Bundesgartenschau in Schwerin 2009 – der Park wird direkt am Wasser angelegt, hoffentlich wird dabei auch an die notwendigen Bootsliegeplätze gedacht.

Entscheidung am Elde-Dreieck

Nachdem die Schleuse Matzlow-Garwitz – ebenfalls mit Selbstbedienung – durchfahren ist, erreichen wir gegen drei Uhr am Nachmittag das Elde-Dreieck. Von hier aus hat man die Wahl, weiterhin stromabwärts gen Elbe zu fahren oder den Kurs über den Störkanal bis zur Landeshauptstadt Schwerin einzuschlagen. Gemäß der praktizierten Borddemokratie – die Mannschaft diskutiert, und der Käpt’n entscheidet – entschließen wir uns für letzteres. Nur eines hat Joachim nicht bedacht, die Klappbrücke von Plate hinter der Schleuse Banzkow. Sie öffnet zwischen 10 und 19 Uhr nur alle 90 Minuten – das bringt uns eine gemütliche Kaffeepause ein.

Als die Brücke öffnet, sind zunächst die wartenden Talfahrer am Zuge. Bald haben auch wir die Klappbrücke passiert, schließlich weichen die Ufer zurück, und vor uns liegt der Schweriner See. Entlang der betonnten Fahrrinne halten wir Kurs auf das Schweriner Schloss, Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern. Für die Nacht ist Wind und Regen vorhergesagt, sodass Joachim Wert darauf legt, einen sicheren Hafen anzulaufen, den wir schließlich in der Marina Nord finden.

Über Nacht erweist sich das Wetter als gnädig, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht, und gut geschlafen haben wir sicher vertäut allemal. Nach dem Frühstück klart das Wetter auf. Wir machen es uns auf der Terrasse bequem und spielen Karten, während Möwen und Schwalben durch die Luft flirren. Erst gegen Mittag gibt Joachim das Kommando zum Ablegen. Nicht lange dauert die Fahrt – schon erreichen wir bei herrlichem Sonnenschein das Schweriner Schloss und legen in seinem Schatten beim Seglerverein an.

Das Schweriner Schloss ist das Highlight unserer Reise mit dem Hausboot auf der Elde. © Magazin Seenland

Das Schweriner Schloss ziert die Rückseite mancher 2-Euro Münzen.

Landgang durch Schwerin

Die Fußgängerzone von Schwerin lockt mit zahlreichen kleinen Geschäften, die zum Schlendern und Stöbern einladen. In einer der Gassen entdeckt Heidi das „Gasthaus zur Quelle“ – laut Speisenkarte das wohl älteste Wirtshaus Schwerins –, wo wir uns zwecks Stärkung niederlassen. Mit Zanderfilet an Salzkartoffeln im Magen macht ein Stadtrundgang gleich zweimal so viel Freude.

Dank des ablandigen Windes können wir getrost unseren Liegeplatz auch für die Nacht behalten, und Franka meint sogar, sie könne mit ein wenig Wassergeplätscher am Bug viel besser schlafen. Als wir zum Schiff zurückkehren, ist die Sonne schon beinahe verschwunden, und Himmel und Wasser tauchen in dieses intensive Blau ein, das dieser Stunde ihren Namen verleiht. Schnell sind aus dem Kühlschrank vier wohltemperierte Lübzer Pils gezaubert, Tisch und Stühle auf der achterlichen Terrasse aufgestellt, und wir stoßen auf einen zur Neige gehenden Urlaubstag an.

Am Morgen ist die gesamte Wasserfläche mit kleinen schwarzen Vögeln übersät, und als würde ihnen vom Wind der Takt gegeben, tauchen sie in regelmäßigen Abständen unter und wieder auf. Als wir nach dem Frühstück ablegen, führt unser Kurs quer durch diese Versammlung, eine Schneise wird unserem Schiff freigegeben und schließt sich achtern – ein faszinierendes Schauspiel.

Auf dem Störkanal

Der heutige Schlag mit dem Hauboot auf der Elde führt uns weg vom Schweriner See und stromabwärts Richtung Elde. Doch schon bald muss Joachim eingestehen, dass es mit seinen planerischen Fähigkeiten als Kapitän nicht so weit her ist, denn die Platener Klappbrücke hat er schon wieder vergessen.

Während wir wartend steuerbords festgemacht haben, holt uns die „Anna“ ein – ein alter Dampfeisbrecher der heute im Auftrag der Volksmusik für die ARD unterwegs ist. Franka steigt gleich in einen Schnack mit dem Kapitän ein. Da auch die Brückendurchfahrt gefilmt werden soll, fährt die „Anna“ uns jetzt voraus. Als sich die Brücke hebt, steht rechter Hand das Kamerateam parat. Wir folgen in gebührendem Abstand, um nicht durchs Bild zu huschen.

So geht es den gesamten Störkanal längs: Das Kamerateam steht am rechten Ufer und filmt die „Anna“, wie sie vorüber zieht – wir folgen mit Sicherheitsabstand. Dann packt das Team ein, braust mit dem Auto den Uferweg voraus, baut sich auf der nächsten Brück für das selbe Spiel erneut auf. Zwei oder drei Mal werden wir sogar mit vor die Linse genommen, und Franka überlegt: „Ob das wohl gesendet wird? Ich habe nicht einmal gewinkt.“

Bei einer Hausboot Tour auf der Elde lohnt ein Zwischenstopp in Grabow.

Die Schmucke Altstadt von Grabow lädt zum Einkaufen ein.

Abschied von Anna

Am Eldedreieck trennen sich schließlich die Wege – die „Anna“ hält Kurs stromaufwärts Richtung Plau am See, und wir folgen dem Fluss des Wassers, denn Grabow heißt das Tagesziel. Die Automatikschleuse von Neustadt-Glewe erreichen wir gegen halb sechs. In der Bedienung ist die gesamte Mannschaft inzwischen Profi. Ohne dass Joachim etwas sagen muss, werden die Leinen besetzt, die Hebel gezogen – Schleusen ist für uns kein Problem! Für die Streckenplanung hat es sich bewährt, etwa dreißig Minuten für die Durchfahrt einer Schleuse mit Selbstbedienung zu kalkulieren.

Die Müritz-Elde-Wasserstraße verläuft hier durch weit ausgedehnte Fischteiche, die sich mit Feldern und Wiesen abwechseln. Bald wird die Landschaft waldiger, Nadelgehölz und Birken reihen sich am Ufer und gewähren nach jeder Wegbiegung eine neue Perspektive. Die langsam einsetzende Dämmerung taucht die Natur in warmes Licht. Das leise Plätschern der Bugwelle romantisiert die Szenerie und scheucht bei jeder Annäherung einen Fischreiher auf, der sich dann aufschwingt, mit drei bis vier Flügelschlägen davon gleitet, um etwa fünfzig Meter voraus wieder auf uns zu warten.

Nachdem die Schleuse Hechtsprung überwunden ist, dauert es nicht mehr lang, bis wir kurz nach sieben Uhr die Grabower Schleuse erreichen. Der Ort empfängt uns mit seiner gemauerten Stadtdurchfahrt im mediterran anmutendem Flair, und wir machen am linken Ufer hinter der Schleuse fest. Die Strömung ist recht stark, sodass Joachims Anlegemanöver erst beim dritten Versuch perfekt gelingt. Wir bleiben ruhig; wenn ein Manöver nicht auf Anhieb sitzen will, dann ist es ratsam, einfach zurückzufahren und ganz von neuem zu starten. Wind und Strömung sind auch für einen Profi nicht immer beim ersten Versuch ersichtlich.

Grabower Verführungen

Am nächsten Morgen brechen wir zum Stadtbummel in Zweiergruppen auf. Auch wenn wir mit unseren besten Freunden unterwegs sind und uns alle das großzügige Raumangebot an Bord begeistert – es ist doch ungewohnt, so nah beieinander zu sein, und ist eine schöne Abwechslung, zwischendurch auch eigene Wege zu gehen. Heidi und ich suchen uns einen Pfad durch die Grabower Altstadt. Beschauliche Gassen werden von restaurierten Fachwerkhäusern gesäumt. Kleine Geschäfte laden zum Stöbern ein und schließlich nehmen wir in einem kleinen Straßencafé bei einem Latte Macchiato Platz.

Ziel unseres Weges ist aber die Grabower Süßwarenfabrik. Im Internet hatte Heidi recherchiert, es gäbe dort einen Werksverkauf der berühmten „Grabower Küsschen“. Mit sechzig Stück dieser Prachtexemplare kehren wir zum Boot zurück und rufen bei unseren Mitfahrern, die gerade in der Mittagssonne auf dem Vordeck dösen, ein großes Hallo hervor.

Man muss schon zugeben, ein vernünftiges Mittag­essen ist das nicht, und wir alle fühlen uns zurückversetzt in Kindertage – aber lecker ist es schon! Da Zucker bekanntlich die grauen Zellen in Gang setzt, kommt mir auch gleich ein Vorschlag für unsere Nachmittagsaktivitäten. Wenn wir uns etwas sputen, erwischen wir den nächsten Zug nach Ludwigslust. Diese ehemalige Residezstadt befindet sich nur eine Bahnstation von Grabow entfernt und verspricht der Crew ein wenig Abwechslung nach fünf erholsamen Bootstagen inmitten dieser fantastischen Natur.

Von Grabow aus lohnt sich ein Besuch in Ludwigslust.

Bahnausflug nach Ludwigslust

Wir nehmen den Regionalexpress in Richtung Wismar und schlendern bald darauf über eine Prachtallee dem Schloss entgegen. Von 1763 bis 1837 war Ludwigslust Sitz des Hofs des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin. Der Schlosspark ist einer der größten Landschaftsparks in Norddeutschland. Zahlreiche Wasserläufe prägen das Bild und kontrastieren in ihrer geraden Linienführung gegenüber wildwüchsig anmutender Natur. Nach einem ausgiebigen Spaziergang schlagen wir den Rückweg zum Bahnhof ein. Joachim und Franka fällt dabei ein stattliches, gegenüber der Bauflucht etwas zurückgesetzt liegendes Gebäude ins Auge, vor dessen Eingangsportal einladend platzierte Tische und Stühle den Gast locken. Die Szenerie sieht so heimelig aus, dass wir uns kurzerhand entschließen, hier zu Abend zu speisen.

Wir haben im „Hotel de Weimar“ Platz genommen, das in diesem 1773 vom Erbprinzen Friedrich Ludwig errichteten und 1810 seiner aus Weimar stammenden Frau Caroline Luise gewidmeten Gebäude residiert. So klingt der Tag stilvoll in gediegener Atmosphäre aus.

Wieder an Bord des Hausbootes

Nach einem ganzen Tag an Land freut sich die Crew am nächsten Morgen auf das Ablegen. Die ersten Schleusen sind schnell passiert, sodass wir uns bald in Neustadt-Glewe wiederfinden. Bereits auf der Hinfahrt begeisterte insbesondere mich dieser hübsche Liegeplatz am Fuße der Burg. Dieses Wahrzeichen der Stadt entstand bereits im 13. Jahrhundert und verleiht dem Ort mit seinem imposanten Turm ein historisches Flair. Nach einer kurzen Besichtigungstour müssen wir weiter und erreichen schließlich gerade noch rechtzeitig die Schleuse Lehnitz. Wir können mit der letzten Schleusung noch mitfahren und steuern in die Dämmerung hinein schließlich unseren Hafen zur Nacht in Matzlow-Garwitz an.

Bei bestem Sommerwetter stechen wir froher Dinge in See. Aus dem Hafen heraus halten wir uns rechts und haben Glück, denn die Schleusentore stehen offen, und das Lichtsignal zeigt grün. Wir fahren ein und sehen uns vor, dass wir nicht unter der Schleusenbrücke zum Halten kommen, denn gerade bei der Bergschleusung ist dies sehr gefährlich. Zwischen Oberwasser und Brücke ist nur knapp ein Meter Luft.

Zurück in Parchim

Alles geht gut, und wir genießen die Fahrt auf dem sonnendurchfluteten Kanal. Langsam wird es Nachmittag, und die Bäume werfen Flecken aus Licht und Schatten auf die Wasseroberfläche. Heidi und ich sitzen am Steuer – inzwischen haben sich alle an Bord mal als Freizeitkapitän erprobt, und wir mussten übereinstimmend feststellen, dass Bootfahren wahrhaftig für jedermann etwas ist und man schnell das Schiff sicher beherrscht. So träumen wir in den Tag hinein und erreichen gegen Nachmittag Parchim. Hier kennen wir uns schon aus, machen am Stadtanleger fest – für Kurzlieger ist dies generell überall kostenlos – und machen einen Altstadtbummel zum Einscafé „Kroll“ am Brunnen auf dem Marktplatz.

Mit einem letzten Hauch Vanillegeschmack auf der Zunge legen wir bald wieder ab. Am nächsten Morgen soll unsere Nicols entladen und gereinigt zurückgegeben werden. Daher möchten wir schon heute dort über Nacht liegen – schließlich soll die Erholung einer Woche Bootsurlaub uns auch über den Tag hinaus erquicken.

Es war unsere erste Tour mit dem Hauboot auf der Elde und auf den Wasserwegen Mecklenburgs. Eine wundervolle Erfahrung: abwechslungsreich, erholsam und für jeden an Bord war von Kultur bis Natur etwas dabei. Wir sind uns sicher, es wird nicht unsere letzte Tour gewesen sein.

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