Kleine Kreuzfahrt: Mit dem Motorboot über die Müritz

By Published On: 28. Februar 2023

6 Tage: Klink – Rechlin – Mirow – Granzow – Schwarzer See – Waren (Müritz) – Klink 

Fast eine Woche Urlaub liegt vor uns. Über die Müritz soll es gehen, an Bord eines Motorboots. Der Weg ans Wasser führt über eine gewundene Straße, die letzten Meter mit Betonplatten ausgelegt. Fast zu spröde für die Landschaft und doch irgendwie passend für diesen Ort, der immer noch am Entstehen ist. Dann endet die Fahrt vor einer kleinen Schranke. Fürs Erste. Hier in Klink ist Wassersport angesagt. Am nordwestlichen Ufer der Müritz gelegen ist der kleine Mecklenburger Ort seit jeher Ziel für Urlauber. Ende des 19. Jahrhunderts baute Arthur von Schnitzler auf dem Gelände des alten Rittergutes Klink ein Schloss im Stile der französischen Neorenaissance. Heute dient es als Hotel.

Entlang des Müritzufers hat sich die 1.000 Seelen-Gemeinde ganz der Erholung verschrieben. Dazu gehört an der Müritz natürlich auch ein Yachthafen. Herr des Hafens ist Michael Eichler. Eichler wagte nach Stationen als Hafenmeister am Claassee und in Wolfsbruch vor vier Jahren den Sprung in die Selbständigkeit. Nun verwirklicht er in Klink seinen hohen Anspruch an Servicequalität und Verlässlichkeit und betreibt hier den Hafen für Gastlieger und Chartergäste.

Die Müritz per Motorboot erkunden: Traumschiff auf zehn Metern

Irgendwann öffnet sich die Schranke. Wir dürfen passieren. Der Hafen und Wasserwanderrastplatz Klink versprüht das Flair eines Seehafens in Miniatur. Ringsherum verläuft eine Steinmole und von der Müritz weht stets eine frische Brise über die Stege. Möwen kreischen, das Klinker Leuchtfeuer weist den Schiffen den Weg und direkt nebenan befindet sich ein flacher Sandstrand. Für das leibliche Wohl sorgt das Hafenidyll mit Fischbrötchen, Kaffee und Snacks. Genau hier genießt die Crew wärmende Sonnenstrahlen und stößt auf die bevorstehende kleine Müritz-Kreuzfahrt an, während die Formalien im Hafenbüro geklärt werden: Sportbootführerschein vorlegen und Kaution hinterlegen.

Hafen und Wasserwanderratsplatz Klink

Für uns hat Michael Eichler die „Scuttle“ vorbereitet, eine Stahlyacht von Concordia im schicken Retro-Design. Das Motorboot, das hier an der Müritz vor Anker liegt, wird von Unruh Marine aus Werder (Havel) vermietet. Schlanke 10,20 Meter Länge und geräumige 3,56 Meter Breite bieten Platz für bis zu fünf Personen. Eine Heck- und eine Bugkabine für zwei Personen und mit jeweils einer Nasszelle inklusive Dusche lassen keinen Komfort vermissen. Im Salon befinden sich ein großer Esstisch und eine Sitzgruppe, auf der eine weitere Person schlafen kann. Die Pantry direkt daneben verfügt über Herd, Kühlschrank und Spüle. Angetrieben wird das Schiff von einem 65 PS starken Dieselmotor. Die Steuerung erfolgt über eine Flybridge, also einen Außensteuerstand an Deck des Schiffs. Dieser Bereich ist dank einer umlaufenden Persenning gut vor Wind und Regen geschützt.

Kurs Müritz-Mitte und Rechlin

Nach allerlei Formalien, der Bootsübergabe sowie dem Gepäck-Einladen ist es später Nachmittag geworden. Die erste Nacht verbringen wir daher im Hafen. Für den nächsten Morgen hat Hafenmeister Eichler seinen Brötchenservice angeboten. Also Frühstücken wir bei herrlichem Sonnenschein an Deck und genießen von unserem Motorboot aus den Panoramablick über die Müritz. Heute steht deren Überquerung an. Unser Ziel heißt Rechlin. Wir prüfen die Wetterlage und entschließen uns zur Fahrt direkt über den See – Kurs Müritz-Mitte. Urlauber mit Charterschein müssen den Weg entlang der grünen Tonnen wählen, etwas länger aber auch sicherer, falls das Wetter umschlagen sollte und ein Hafen anzulaufen ist. Unterwegs mit Sportbootführerschein und angesichts des stabilen Augustwetters wählen wir die kürzere Variante.

Nach gut zwei Stunden Fahrt erreichen wir die Kleine Müritz vor Rechlin. Hier wird erstmals der Anker unweit der kleinen vorgelagerten Insel geworfen. Wir gönnen uns eine Erfrischung im Wasser und einen Kaffee an Deck. So sieht ein perfekter Tag aus! Dann heißt es Anker lichten und in gemächlichem Tempo Richtung Hafen dampfen. Doch Obacht, hier gilt es, die Tonnenlage zu beachten. Eine direkte Anfahrt des Hafens würde zum Auflaufen führen. Schon von Weitem sehen wir den vorderen Außensteg des Hafens mit rotem Flatterband verziert – gesperrt.  Wir stoppen auf, zücken den Feldstecher und stellen fest, dass glücklicherweise nur dieser eine Steg gesperrt ist. Also geht es langsam weiter im Vortrieb.

Bürger- und Hafenmeister

Am seitlichen Außensteg ist noch ein Plätzchen frei und die dort liegenden Bootskollegen nehmen hilfsbereit unsere Taue entgegen. Wir melden uns an und wollen gleich Frischwasser bunkern. Kaum haben wir beim Hafenmeister unseren Wunsch formuliert, eilt schon Rechlins Bürgermeister herbei. Mit solch hohem Besuch haben wir nicht gerechnet. Doch Wolf-Dieter Ringguth erfüllt hier auf dem Steg eine andere Funktion. Seine Frau betreibt den Yachthafen Rechlin und er springt nach Feierabend für den erkrankten Hafenmeister ein. Bei einem kleinen Schnack erfahren wir auch den Grund für die vordere Stegsperrung. Der Rekordsommer hat den Wasserstand der Müritz sinken lassen. Dadurch kommt die Unterkonstruktion des Steges den anlegenden Booten zu nah und es drohen kapitale Schäden am Unterwasserschiff. Der niedrige Wasserstand ist bei genauem Hinsehen überall an der Müritz sichtbar. Am flachen Ostufer liegen weite Strecken so trocken wie zuletzt im Wendejahr 1989. Langfristig bedenklich, auch wenn wir momentan das schöne Wetter genießen.

Rechlin war lange Jahre untrennbar mit der Luftfahrt verbunden. In Rechlin Nord, gut eineinhalb Kilometer entfernt, lag ab 1934 die Erprobungsstelle der Luftwaffe. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges bezogen sowjetische Truppen Stellung, eine 2,5 Kilometer lange Mauer trennte damals die Garnison vom Ort. Heute erinnert in Rechlin Nord das Luftfahrttechnische Museum an die bewegte Geschichte Rechlins. Das durch einen Verein betriebene Museum zeigt zahlreiche Exponate, darunter viele wertvolle Leihgaben und Nachbauten und führt in die Geschichte der deutschen Luftfahrt ein. Direkt daneben liegt der zweite große Hafen Rechlins, die Marina Müritz am Claassee.

Idyll hinter zwei Seen

Nach einer ruhigen Nacht ist die Marina Granzow beim gleichnamigen Ferienpark nahe Mirow unser Ziel. Die Fahrt führt durch den Müritz-Havel-Kanal vorbei am Flugplatz Lärz, der auch heute noch als Sportflughafen genutzt wird. Auf dem restlichen Gelände werden die alten Hangars vom Kulturkosmos Verein betrieben, bundesweit bekannt für das Fusion Festival, das jeden Sommer Zehntausende Besucher ins beschauliche Lärz strömen lässt.

Einreihen in die Warteschlange vor der Schleuse Mirow

Die Fahrt nach Mirow wird nur von der gleichnamigen Schleuse unterbrochen. Es ist August und dementsprechend ist mit Wartezeit zu rechnen. Nach zwei Stunden sind wir endlich in der Schleusenkammer und der Fahrt nach Mirow steht nichts mehr im Weg. Direkt an der Schlossinsel ist der Anleger von Rick und Rick perfekt für einen Zwischenstopp zur Besichtigung der Insel inklusive Besuch im „3 Königinnen Palais“ und einer Besteigung des Turms der Johanniterkirche. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick über den See.

Bis zur Marina am Granzower See sind es nur wenige Kilometer. An der Zufahrt von Mirow kommend weist ein Schild darauf hin, dass die Weiterfahrt unter Motor nur für Anlieger möglich ist, also auch für uns mit Fahrtziel zum Hafen. Die Befahrung der dahinter liegenden Seen ist jedoch verboten. Diese Gewässer sind beliebt bei Kanuten, also Vorsicht beim Navigieren durch den schmalen Kanal, Kanuten und Wurzeln verkleinern die Fahrtrinne zuweilen. Kurz vor der Marina kommen auch noch Schwimmer und Luftmatratzen vom Badestrand der Ferienanlage hinzu. In der idyllischen Marina finden wir einen kleinen Liegeplatz. Wir schlendern durch den Park, essen im Bistro Entenhausen im Ferienpark ein Rotbarschfilet mit Safranbutter und Süßkartoffelpüree und legen uns zu den Sonnenanbetern an den Strand. Ein wunderbarer Urlaubstag, der spät abends endet.

Frühstücksbrötchen vom Büffet und ein Donnerwetter zur Nacht

Zum Frühstück nutzen wir den Service des Feriendorfs und holen Brötchen vom Büffet des Restaurants im Aparthotel Seepanorama. Bevor es wieder Richtung Müritz geht, genehmigen wir uns einen kleinen Abstecher per Boot in Richtung Kleinseenplatte. Wir wollen noch etwas schwimmen und die Nacht ankernd auf dem Schwarzen See verbringen. Doch kaum haben wir die ersten Runden um unser Schiff gedreht, ziehen plötzlich dunkle Regenwolken auf. Das Wetter schlägt um. Schnell prüfen wir die Wettervorhersage und wiegen uns in Sicherheit. Keine Gewitterwarnungen in unserer Region vorhanden. Und doch kommt es nachts anders. Die Gewitterfront hat sich nach Osten verlagert und zieht rechts und links an unserem Boot vorbei. Blitze zucken durch die dunkle Nacht und der Regen prasselt aufs Vordeck. Der Donner grollt laut. In dieser Nacht fällt das Schlafen schwer und wir ärgern uns über unsere Leichtsinnigkeit, nicht doch einen Hafen angelaufen zu haben. Wir sind aber auch froh, denn der Stahlbootskörper unserer „Scuttle“ ist schließlich ein Faradayscher Käfig – solange wir innerbords bleiben, droht uns keinerlei Gefahr.

Am nächsten Morgen ist der Spuk wieder vorbei und der Himmel klart auf. Mit müden Augen, aber doch glücklich, schadlos durch diese Nacht gekommen zu sein, lichten wir den Anker, nehmen Kurs auf Waren (Müritz) und passieren auf dem Weg dahin wieder die Schleuse Mirow. Diesmal werden aus den zwei Stunden Wartezeit ganze vier, anfangs müssen wir sogar anstehen, um an die Pfähle der Wartestelle zu gelangen. Dafür können wir die schicken Bootshäuser vor Mirow ausgiebig betrachten. Und schließlich haben wir später Rückenwind und sind mit unserem Motorboot schnell in Waren (Müritz).

Mit dem Motorboot zum kulturelles Zentrum der Müritz

Im Stadthafen empfängt uns ein freundlicher Hafenmitarbeiter mit seinem wendigen Schlauchboot. Schon bei der Einfahrt weist er uns einen freien Gastliegeplatz zu. Das nenne ich Service. Es zeigt sich, dass der Stadthafen durch gutes Management überzeugt. Durch den kürzlich erfolgten Umbau des Hafens ist zudem ein zweiter Standort mit sehr modernen Sanitäranlagen dazugekommen. Alles wird durch eine elektronische Kundenkarte gesteuert, deren Abrechnung außerhalb der Öffnungszeiten des Hafenmeisterbüros auch am Automaten erfolgen kann. Am Nachmittag schlendern wir durch die schöne Altstadt und kehren in das Café „Dat Tortenhus“ ein. Beheimatet in der restaurierten Alten Feuerwache am Alten Markt in Waren (Müritz) ist das Restaurant ein echtes Highlight. Mehrschichtige, von Hand gefertigte Tortenkreationen stellen uns vor die Qual der Wahl. Wir nehmen auf der kleinen Terrasse Platz, umgeben von der Georgenkirche und dem Alten Rathaus, und genießen Stachelbeer- und Himbeertorten. Und stellen fest: eine gute Wahl.

Der Stadthafen von Waren(Müritz) ist in der Saison sehr beliebt und sollte rechtzeitig angelaufen werden.

Am Abend steht die Müritz-Saga auf dem Programm. Auf der Freilichtbühne auf dem Warener Mühlenberg wird seit 2006 jeden Sommer ein neuer Teil der Geschichte rund um den maskierten Mecklenburger Rächer erzählt. Mit List, Tücke und einer Prise Humor schützt dieser das geschundene Land und seine Bewohner in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges vor Obrigkeit und feindlichen Truppen. Akrobatik, Wortwitz und Feuerwerk – die perfekte Unterhaltung an einem lauen Sommerabend. Gutgelaunt kehren wir danach aufs Boot zurück.

Richtig gut essen an der Müritz

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen besuchen das NaturErlebnisZentrum Müritzeum. Das größte Süßwasseraquarium Deutschlands zeigt die Tier- und Pflanzenwelt der Region in kompakter Form zum Entdecken und Lernen. Bevor wir Waren (Müritz) mit unserem Motorboot wieder verlassen, schlendern wir am Hafen entlang und entdecken hinter dem großen Bootskran einen kleinen Schleichweg zum Fischerhof Waren „Am Seeufer“. Der Pfad zu den Müritzfischern führt vorbei an einer offenen, großen Bootshalle. Der Hofimbiss befindet sich direkt im großen Holzbootshaus der Fischer. Während wir auf der großen Terrasse Platz nehmen, wird nebenan im Bootshaus gewerkelt. Von unseren Plätzen haben wir die Müritz und die Warener Altstadt gut im Blick. Direkt aus dem See gelangen hier Zander, Hecht und Barsch in den Räucherofen. Frischer geht’s nicht.

Nachmittags geht es zurück nach Klink. Die Rückgabe des Schiffs steht am nächsten Morgen an. Nach kurzer Fahrt legen wir wieder an unserem Stammplatz bei Hafenmeister Eichler an. Noch steht die Sonne hoch, also nichts wie rüber zum Badestrand. Für das Abendessen bietet Klink mehrere Alternativen: Zum einen das Restaurant „Ritter Artus Keller“ im Schlosshotel, zum anderen das „Fischerhus“ nahe beim Hafen sowie das „Gutshaus“ am Schloss Klink mit Steaks und Burgern. Doch uns steht der Sinn eher nach Süßem. So kehren wir in Kells Bauernmarkt direkt an der B192 ein. Hier reicht die Karte von allerlei Torten über Suppen bis hin zum Ostseedorsch. Von der nahen Ortsdurchfahrt bekommt man kaum etwas mit, lauschig sitzen wir auf der ausladenden Terrasse.

Am nächsten Morgen ist Michael Eichler pünktlich zur Stelle. Nur wir sind nicht so schnell mit dem Packen gewesen. Doch der Hafenmeister hat keine Eile, das Schiff geht erst zwei Tage später wieder raus. Also haben wir genug Zeit, um alles zu ordnen. Dann genehmigen wir uns noch ein Abschiedsfischbrötchen am Hafenidyll und kurz bevor die Sonne ihren Höchststand erreicht, öffnet sich wieder die Schranke am Plattenweg – und wir treten entspannt die Heimreise an.

Der Streckenverlauf im Tourenplaner



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Kleine Kreuzfahrt: Mit dem Motorboot über die Müritz
By |11,1 min read|2198 words|Published On: 28. Februar 2023|

6 Tage: Klink – Rechlin – Mirow – Granzow – Schwarzer See – Waren (Müritz) – Klink 

Fast eine Woche Urlaub liegt vor uns. Über die Müritz soll es gehen, an Bord eines Motorboots. Der Weg ans Wasser führt über eine gewundene Straße, die letzten Meter mit Betonplatten ausgelegt. Fast zu spröde für die Landschaft und doch irgendwie passend für diesen Ort, der immer noch am Entstehen ist. Dann endet die Fahrt vor einer kleinen Schranke. Fürs Erste. Hier in Klink ist Wassersport angesagt. Am nordwestlichen Ufer der Müritz gelegen ist der kleine Mecklenburger Ort seit jeher Ziel für Urlauber. Ende des 19. Jahrhunderts baute Arthur von Schnitzler auf dem Gelände des alten Rittergutes Klink ein Schloss im Stile der französischen Neorenaissance. Heute dient es als Hotel.

Entlang des Müritzufers hat sich die 1.000 Seelen-Gemeinde ganz der Erholung verschrieben. Dazu gehört an der Müritz natürlich auch ein Yachthafen. Herr des Hafens ist Michael Eichler. Eichler wagte nach Stationen als Hafenmeister am Claassee und in Wolfsbruch vor vier Jahren den Sprung in die Selbständigkeit. Nun verwirklicht er in Klink seinen hohen Anspruch an Servicequalität und Verlässlichkeit und betreibt hier den Hafen für Gastlieger und Chartergäste.

Die Müritz per Motorboot erkunden: Traumschiff auf zehn Metern

Irgendwann öffnet sich die Schranke. Wir dürfen passieren. Der Hafen und Wasserwanderrastplatz Klink versprüht das Flair eines Seehafens in Miniatur. Ringsherum verläuft eine Steinmole und von der Müritz weht stets eine frische Brise über die Stege. Möwen kreischen, das Klinker Leuchtfeuer weist den Schiffen den Weg und direkt nebenan befindet sich ein flacher Sandstrand. Für das leibliche Wohl sorgt das Hafenidyll mit Fischbrötchen, Kaffee und Snacks. Genau hier genießt die Crew wärmende Sonnenstrahlen und stößt auf die bevorstehende kleine Müritz-Kreuzfahrt an, während die Formalien im Hafenbüro geklärt werden: Sportbootführerschein vorlegen und Kaution hinterlegen.

Hafen und Wasserwanderratsplatz Klink

Für uns hat Michael Eichler die „Scuttle“ vorbereitet, eine Stahlyacht von Concordia im schicken Retro-Design. Das Motorboot, das hier an der Müritz vor Anker liegt, wird von Unruh Marine aus Werder (Havel) vermietet. Schlanke 10,20 Meter Länge und geräumige 3,56 Meter Breite bieten Platz für bis zu fünf Personen. Eine Heck- und eine Bugkabine für zwei Personen und mit jeweils einer Nasszelle inklusive Dusche lassen keinen Komfort vermissen. Im Salon befinden sich ein großer Esstisch und eine Sitzgruppe, auf der eine weitere Person schlafen kann. Die Pantry direkt daneben verfügt über Herd, Kühlschrank und Spüle. Angetrieben wird das Schiff von einem 65 PS starken Dieselmotor. Die Steuerung erfolgt über eine Flybridge, also einen Außensteuerstand an Deck des Schiffs. Dieser Bereich ist dank einer umlaufenden Persenning gut vor Wind und Regen geschützt.

Kurs Müritz-Mitte und Rechlin

Nach allerlei Formalien, der Bootsübergabe sowie dem Gepäck-Einladen ist es später Nachmittag geworden. Die erste Nacht verbringen wir daher im Hafen. Für den nächsten Morgen hat Hafenmeister Eichler seinen Brötchenservice angeboten. Also Frühstücken wir bei herrlichem Sonnenschein an Deck und genießen von unserem Motorboot aus den Panoramablick über die Müritz. Heute steht deren Überquerung an. Unser Ziel heißt Rechlin. Wir prüfen die Wetterlage und entschließen uns zur Fahrt direkt über den See – Kurs Müritz-Mitte. Urlauber mit Charterschein müssen den Weg entlang der grünen Tonnen wählen, etwas länger aber auch sicherer, falls das Wetter umschlagen sollte und ein Hafen anzulaufen ist. Unterwegs mit Sportbootführerschein und angesichts des stabilen Augustwetters wählen wir die kürzere Variante.

Nach gut zwei Stunden Fahrt erreichen wir die Kleine Müritz vor Rechlin. Hier wird erstmals der Anker unweit der kleinen vorgelagerten Insel geworfen. Wir gönnen uns eine Erfrischung im Wasser und einen Kaffee an Deck. So sieht ein perfekter Tag aus! Dann heißt es Anker lichten und in gemächlichem Tempo Richtung Hafen dampfen. Doch Obacht, hier gilt es, die Tonnenlage zu beachten. Eine direkte Anfahrt des Hafens würde zum Auflaufen führen. Schon von Weitem sehen wir den vorderen Außensteg des Hafens mit rotem Flatterband verziert – gesperrt.  Wir stoppen auf, zücken den Feldstecher und stellen fest, dass glücklicherweise nur dieser eine Steg gesperrt ist. Also geht es langsam weiter im Vortrieb.

Bürger- und Hafenmeister

Am seitlichen Außensteg ist noch ein Plätzchen frei und die dort liegenden Bootskollegen nehmen hilfsbereit unsere Taue entgegen. Wir melden uns an und wollen gleich Frischwasser bunkern. Kaum haben wir beim Hafenmeister unseren Wunsch formuliert, eilt schon Rechlins Bürgermeister herbei. Mit solch hohem Besuch haben wir nicht gerechnet. Doch Wolf-Dieter Ringguth erfüllt hier auf dem Steg eine andere Funktion. Seine Frau betreibt den Yachthafen Rechlin und er springt nach Feierabend für den erkrankten Hafenmeister ein. Bei einem kleinen Schnack erfahren wir auch den Grund für die vordere Stegsperrung. Der Rekordsommer hat den Wasserstand der Müritz sinken lassen. Dadurch kommt die Unterkonstruktion des Steges den anlegenden Booten zu nah und es drohen kapitale Schäden am Unterwasserschiff. Der niedrige Wasserstand ist bei genauem Hinsehen überall an der Müritz sichtbar. Am flachen Ostufer liegen weite Strecken so trocken wie zuletzt im Wendejahr 1989. Langfristig bedenklich, auch wenn wir momentan das schöne Wetter genießen.

Rechlin war lange Jahre untrennbar mit der Luftfahrt verbunden. In Rechlin Nord, gut eineinhalb Kilometer entfernt, lag ab 1934 die Erprobungsstelle der Luftwaffe. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges bezogen sowjetische Truppen Stellung, eine 2,5 Kilometer lange Mauer trennte damals die Garnison vom Ort. Heute erinnert in Rechlin Nord das Luftfahrttechnische Museum an die bewegte Geschichte Rechlins. Das durch einen Verein betriebene Museum zeigt zahlreiche Exponate, darunter viele wertvolle Leihgaben und Nachbauten und führt in die Geschichte der deutschen Luftfahrt ein. Direkt daneben liegt der zweite große Hafen Rechlins, die Marina Müritz am Claassee.

Idyll hinter zwei Seen

Nach einer ruhigen Nacht ist die Marina Granzow beim gleichnamigen Ferienpark nahe Mirow unser Ziel. Die Fahrt führt durch den Müritz-Havel-Kanal vorbei am Flugplatz Lärz, der auch heute noch als Sportflughafen genutzt wird. Auf dem restlichen Gelände werden die alten Hangars vom Kulturkosmos Verein betrieben, bundesweit bekannt für das Fusion Festival, das jeden Sommer Zehntausende Besucher ins beschauliche Lärz strömen lässt.

Einreihen in die Warteschlange vor der Schleuse Mirow

Die Fahrt nach Mirow wird nur von der gleichnamigen Schleuse unterbrochen. Es ist August und dementsprechend ist mit Wartezeit zu rechnen. Nach zwei Stunden sind wir endlich in der Schleusenkammer und der Fahrt nach Mirow steht nichts mehr im Weg. Direkt an der Schlossinsel ist der Anleger von Rick und Rick perfekt für einen Zwischenstopp zur Besichtigung der Insel inklusive Besuch im „3 Königinnen Palais“ und einer Besteigung des Turms der Johanniterkirche. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick über den See.

Bis zur Marina am Granzower See sind es nur wenige Kilometer. An der Zufahrt von Mirow kommend weist ein Schild darauf hin, dass die Weiterfahrt unter Motor nur für Anlieger möglich ist, also auch für uns mit Fahrtziel zum Hafen. Die Befahrung der dahinter liegenden Seen ist jedoch verboten. Diese Gewässer sind beliebt bei Kanuten, also Vorsicht beim Navigieren durch den schmalen Kanal, Kanuten und Wurzeln verkleinern die Fahrtrinne zuweilen. Kurz vor der Marina kommen auch noch Schwimmer und Luftmatratzen vom Badestrand der Ferienanlage hinzu. In der idyllischen Marina finden wir einen kleinen Liegeplatz. Wir schlendern durch den Park, essen im Bistro Entenhausen im Ferienpark ein Rotbarschfilet mit Safranbutter und Süßkartoffelpüree und legen uns zu den Sonnenanbetern an den Strand. Ein wunderbarer Urlaubstag, der spät abends endet.

Frühstücksbrötchen vom Büffet und ein Donnerwetter zur Nacht

Zum Frühstück nutzen wir den Service des Feriendorfs und holen Brötchen vom Büffet des Restaurants im Aparthotel Seepanorama. Bevor es wieder Richtung Müritz geht, genehmigen wir uns einen kleinen Abstecher per Boot in Richtung Kleinseenplatte. Wir wollen noch etwas schwimmen und die Nacht ankernd auf dem Schwarzen See verbringen. Doch kaum haben wir die ersten Runden um unser Schiff gedreht, ziehen plötzlich dunkle Regenwolken auf. Das Wetter schlägt um. Schnell prüfen wir die Wettervorhersage und wiegen uns in Sicherheit. Keine Gewitterwarnungen in unserer Region vorhanden. Und doch kommt es nachts anders. Die Gewitterfront hat sich nach Osten verlagert und zieht rechts und links an unserem Boot vorbei. Blitze zucken durch die dunkle Nacht und der Regen prasselt aufs Vordeck. Der Donner grollt laut. In dieser Nacht fällt das Schlafen schwer und wir ärgern uns über unsere Leichtsinnigkeit, nicht doch einen Hafen angelaufen zu haben. Wir sind aber auch froh, denn der Stahlbootskörper unserer „Scuttle“ ist schließlich ein Faradayscher Käfig – solange wir innerbords bleiben, droht uns keinerlei Gefahr.

Am nächsten Morgen ist der Spuk wieder vorbei und der Himmel klart auf. Mit müden Augen, aber doch glücklich, schadlos durch diese Nacht gekommen zu sein, lichten wir den Anker, nehmen Kurs auf Waren (Müritz) und passieren auf dem Weg dahin wieder die Schleuse Mirow. Diesmal werden aus den zwei Stunden Wartezeit ganze vier, anfangs müssen wir sogar anstehen, um an die Pfähle der Wartestelle zu gelangen. Dafür können wir die schicken Bootshäuser vor Mirow ausgiebig betrachten. Und schließlich haben wir später Rückenwind und sind mit unserem Motorboot schnell in Waren (Müritz).

Mit dem Motorboot zum kulturelles Zentrum der Müritz

Im Stadthafen empfängt uns ein freundlicher Hafenmitarbeiter mit seinem wendigen Schlauchboot. Schon bei der Einfahrt weist er uns einen freien Gastliegeplatz zu. Das nenne ich Service. Es zeigt sich, dass der Stadthafen durch gutes Management überzeugt. Durch den kürzlich erfolgten Umbau des Hafens ist zudem ein zweiter Standort mit sehr modernen Sanitäranlagen dazugekommen. Alles wird durch eine elektronische Kundenkarte gesteuert, deren Abrechnung außerhalb der Öffnungszeiten des Hafenmeisterbüros auch am Automaten erfolgen kann. Am Nachmittag schlendern wir durch die schöne Altstadt und kehren in das Café „Dat Tortenhus“ ein. Beheimatet in der restaurierten Alten Feuerwache am Alten Markt in Waren (Müritz) ist das Restaurant ein echtes Highlight. Mehrschichtige, von Hand gefertigte Tortenkreationen stellen uns vor die Qual der Wahl. Wir nehmen auf der kleinen Terrasse Platz, umgeben von der Georgenkirche und dem Alten Rathaus, und genießen Stachelbeer- und Himbeertorten. Und stellen fest: eine gute Wahl.

Der Stadthafen von Waren(Müritz) ist in der Saison sehr beliebt und sollte rechtzeitig angelaufen werden.

Am Abend steht die Müritz-Saga auf dem Programm. Auf der Freilichtbühne auf dem Warener Mühlenberg wird seit 2006 jeden Sommer ein neuer Teil der Geschichte rund um den maskierten Mecklenburger Rächer erzählt. Mit List, Tücke und einer Prise Humor schützt dieser das geschundene Land und seine Bewohner in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges vor Obrigkeit und feindlichen Truppen. Akrobatik, Wortwitz und Feuerwerk – die perfekte Unterhaltung an einem lauen Sommerabend. Gutgelaunt kehren wir danach aufs Boot zurück.

Richtig gut essen an der Müritz

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen besuchen das NaturErlebnisZentrum Müritzeum. Das größte Süßwasseraquarium Deutschlands zeigt die Tier- und Pflanzenwelt der Region in kompakter Form zum Entdecken und Lernen. Bevor wir Waren (Müritz) mit unserem Motorboot wieder verlassen, schlendern wir am Hafen entlang und entdecken hinter dem großen Bootskran einen kleinen Schleichweg zum Fischerhof Waren „Am Seeufer“. Der Pfad zu den Müritzfischern führt vorbei an einer offenen, großen Bootshalle. Der Hofimbiss befindet sich direkt im großen Holzbootshaus der Fischer. Während wir auf der großen Terrasse Platz nehmen, wird nebenan im Bootshaus gewerkelt. Von unseren Plätzen haben wir die Müritz und die Warener Altstadt gut im Blick. Direkt aus dem See gelangen hier Zander, Hecht und Barsch in den Räucherofen. Frischer geht’s nicht.

Nachmittags geht es zurück nach Klink. Die Rückgabe des Schiffs steht am nächsten Morgen an. Nach kurzer Fahrt legen wir wieder an unserem Stammplatz bei Hafenmeister Eichler an. Noch steht die Sonne hoch, also nichts wie rüber zum Badestrand. Für das Abendessen bietet Klink mehrere Alternativen: Zum einen das Restaurant „Ritter Artus Keller“ im Schlosshotel, zum anderen das „Fischerhus“ nahe beim Hafen sowie das „Gutshaus“ am Schloss Klink mit Steaks und Burgern. Doch uns steht der Sinn eher nach Süßem. So kehren wir in Kells Bauernmarkt direkt an der B192 ein. Hier reicht die Karte von allerlei Torten über Suppen bis hin zum Ostseedorsch. Von der nahen Ortsdurchfahrt bekommt man kaum etwas mit, lauschig sitzen wir auf der ausladenden Terrasse.

Am nächsten Morgen ist Michael Eichler pünktlich zur Stelle. Nur wir sind nicht so schnell mit dem Packen gewesen. Doch der Hafenmeister hat keine Eile, das Schiff geht erst zwei Tage später wieder raus. Also haben wir genug Zeit, um alles zu ordnen. Dann genehmigen wir uns noch ein Abschiedsfischbrötchen am Hafenidyll und kurz bevor die Sonne ihren Höchststand erreicht, öffnet sich wieder die Schranke am Plattenweg – und wir treten entspannt die Heimreise an.

Der Streckenverlauf im Tourenplaner



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