Mit dem Hausboot auf dem Finowkanal
Nordöstlich der Metropole Berlin befindet sich der älteste schiffbare Kanal Deutschlands: der Finowkanal. Eine Zeitreise auf dem Wasser mit dem gemieteten Hausboot.
Der Finowkanal wird in unseren Tagen ausschließlich für die Freizeitschifffahrt unterhalten und führt Natur- und Technikbegeisterte durch ein erstaunliches Revier, in dem sich Schifferromantik noch erleben lässt. 1620 fuhr das erste Schiff über den Finowkanal von der Havel in Richtung Oder, doch in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verfiel der Kanal und geriet in Vergessenheit, bis er unter Friedrich dem Großen neu ausgebaut wurde. Bei den Bauarbeiten stießen die Arbeiter in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf Schleusenreste und erkannten daraus, dass an dieser Stelle schon einmal ein Kanal bestanden haben muss.
Die älteste Schleuse Deutschlands, die Stadtschleuse Eberswalde von 1831, wurde im Jahr 2000 rekonstruiert und auch in den nächsten Jahren wird die Sanierung und Instandhaltung des Finowkanals noch einige Sperrungen nach sich ziehen. Es ist daher ratsam, sich vor Reiseantritt über die durchgängige Schiffbarkeit beim Zweckverband Finowkanal zu informieren. Insbesondere ab Saison 2023 sind Teile des Kanals aufgrund Schleuseninstandsetzungen gesperrt. Die offenen Schleusen sind in den Sommermonaten von April bis Oktober von 9 bis 16:45 Uhr besetzt. Für die Bereisung des Finowkanals sollte man sich zwei, besser drei Tage Zeit nehmen, damit man nicht unter zu großem Zeitdruck von einer Schleuse zur anderen hetzt. Bei einer Dreitagestour bleibt auch genügend Zeit, für ausführliche Landgänge durch die am Kanal liegenden Orte.
Erste Mittagspause
Wir fahren beim Ort Zerpenschleuse in das noch schiffbare, 32 Kilometer lange Teilstück des Finowkanals. Nach etwa zwei Kilometern auf dem Finowkanal hemmt die Schleuse Ruhlsdorf unser Fortkommen, doch der Schleusenwärter bringt unser Hausboot zügig talwärts. Bereits 20 Minuten später sind wir auf dem Weg zur Schleuse Leesenbrück und passieren den malerischen Schifferort Marienwerder. Auf den nächsten Kilometern führt uns der alte Kanal entlang bewaldeter Ufer, und bald darauf erreichen wir die sehr malerisch gelegene Schleuse Grafenbrück. Wir halten Rücksprache mit dem Schleusenwärter und stimmen uns darauf ab, das wir erst mal eine Mittagspause einlegen. Unter Schatten spendenden Bäumen schmeck die Pasta besonders lecker. Nach dem Mahl gibt der Schleusenmeister das Zeichen, in die Schleuse einzufahren.
Danach geht es weiter durch einen grünen Tunnel aus Uferbäumen, bis wir den Flößerort Finowfurt erreichen. Wir legen im Oberwasser der Schleuse am Schleusenwartesteg an und wollen hier die Nacht verbringen. Nachdem das Hausboot gut vertäut liegt, starten wir mit den Bordfahrrädern zu einer Erkundung der Gegend. An der Schleuse weist eine Informationstafel für Finowkanalfahrer den Weg zur Luftfahrthistorischen Sammlung Finowfurt, dorthin radeln wir. Die gut gestaltete, informative Ausstellung gewährt Einblick in die Entwicklung der Fliegerei aus den frühen Tagen bis heute.
Am folgenden Morgen passieren wir die Schleuse Schöpffurt, wie der Doppelort Finowfurt früher hieß. Hier wandelt sich das Bild am Ufer. Ein Radweg, der Treidelweg, folgt dem Ufer und Kleingärten flankieren den Finowkanal beidseitig. Der imposante Wasserturm des Ortsteiles Finow überragt die ehemalige Messingwerksiedlung. Finow und Eberswalde waren das industrielle Zentrum des Finowkanals bis zum Ende der DDR. Die ehemaligen Industriebetriebe – Stahlwerk, Kranbau, Messingwerk – sind heute nur noch rudimentär vorhanden, dennoch werden hier nach wie vor die bekannten Eberswalder Hafenkräne produziert, die weltweit zum Löschen von Schiffsladungen zum Einsatz kommen.
Ausflug nach Kloster Chorin
Nach dem Passieren der Schleusen Heegermühle, Wolfswinkel, Drahthammer und Kupferhammer sowie der Hubbrücke Coppistraße, die in rascher Folge unsere Fahrt unterbrechen, liegt der Hauptteil der alten Industrieanlagen, die pittoresk das Ufer des Finowkanals zieren, hinter uns. Ein neuer Anlegeplatz an einem Restaurant bietet eine gute Gelegenheit für einige Einkäufe. Gleich mehrere Supermärkte und eine Einkaufspassage befinden sich in unmittelbarer Nähe. Wir besuchen zu Mittag ein zentral gelegenes und gediegenes Gasthaus. Dessen Wirt, der einen Motorkreuzer am nahen Werbellinsee besitzt, versorgt uns mit vielen Tipps rund um Eberswalde.
Wir fahren weiter bis ins Unterwasser der Schleuse Ragöse. Dieser Liegeplatz befindet sich etwa vier Kilometer außerhalb des Eberswalder Stadtzentrums und bietet die von uns gesuchte Ruhe und Behaglichkeit. Es ist früher Nachmittag, und wir starten mit den Bordrädern zur etwa acht Kilometer entfernten Klosterruine Chorin, die imposant und ehrfurchtgebietend das Dörfchen Chorin dominiert.
Auf dem Treidelpfad
Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher in ein Restaurant in einem der wenigen erhaltenen Fachwerkhäuser von Eberswalde. Ein schöner Biergarten verleitet uns, den Aufenthalt auszudehnen. Es ist noch etwa eine Stunde hell, als wir die viereinhalb Kilometer zum Hausboot zurückradeln. Schnell sind die Fahrräder an Deck verstaut und eine Flasche guten Rotweins entkorkt. Rubinrot bringen die Strahlen des Sonnenuntergangs den Wein zum Leuchten. Bald darauf quaken Frösche und ein Graureiher fliegt bei jedem vorbeikommenden Radfahrer krächzend und protestierend auf. Ein Perfekter Abend an Bord unseres Hausboot auf dem Finowkanal.
Die Morgensonne erreicht erst spät unseren Liegeplatz, so dass wir bereits auf dem Weg sind, als diese über die bergige Endmoränenlandschaft lugt. Ein kleiner Campingplatz mit Kanuverleih liegt am Ufer des Oberwassers der Stecher Schleuse. Gerade macht sich eine Gruppe Kanuten startklar, als wir den Campingplatz passieren. Der Schleusenmeister fordert uns auf, auch in die Schleuse zu fahren, die bis zum letzten Platz gefüllt ist. Zwar sind wir als Hausbootfahrer die einzigen mit einer Motoryacht, doch die Kanutengruppe mit ihren vielen Kanus benötigt auch ihren Platz.
Schiffshebewerk Niederfinow als krönender Abschluss
Langsam tuckern wir in Richtung der Lieper Schleuse, links erhebt sich die imposante Stahlkonstruktion des Schiffshebewerks Niederfinow weit über das umliegende, nun sehr flache Land. Die Lieper Schleuse bringt uns nun beinahe auf Oderniveau und mit der Einmündung des Finowkanals in die Oder-Havel-Wasserstraße endet unsere Reise. Das linkerhand liegende Schiffshebewerk wird uns in einem Stück und in nur fünf Minuten die 36 Meter Höhenunterschied überwinden helfen, wofür wir auf dem Finokanal zwölf Schleusen brauchten. Wir schauen zurück und erblicken während des Hebevorganges das kleine blaue Band: Der Kanal, die Wiege der märkischen Binnenschifffahrt, scheint im Schlaf zu liegen. Mit diesen letzten Blicken verabschieden wir uns von unserm Hausboot auf dem Finowkanal.
Text: Detlef Stöcker
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Wasser- und Schifffahrtsamt Eberswalde
Außenstelle Finowfurt
Tel.: (0 33 35) 4 51 60
Der Finowkanal
minimale Wassertiefe: 1,5 Meter
niedrigste Brücke: 3,8 Meter
Höchstgeschwindigkeit: 6 km/h
Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg
https://win-brandenburg.de/
Zweckverband Region Finowkanal
https://www.finowkanal.info
Lesen Sie weiter in über 20 Jahresausgaben Magazin Seenland
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Der Finowkanal wird in unseren Tagen ausschließlich für die Freizeitschifffahrt unterhalten und führt Natur- und Technikbegeisterte durch ein erstaunliches Revier, in dem sich Schifferromantik noch erleben lässt. 1620 fuhr das erste Schiff über den Finowkanal von der Havel in Richtung Oder, doch in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verfiel der Kanal und geriet in Vergessenheit, bis er unter Friedrich dem Großen neu ausgebaut wurde. Bei den Bauarbeiten stießen die Arbeiter in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf Schleusenreste und erkannten daraus, dass an dieser Stelle schon einmal ein Kanal bestanden haben muss.
Die älteste Schleuse Deutschlands, die Stadtschleuse Eberswalde von 1831, wurde im Jahr 2000 rekonstruiert und auch in den nächsten Jahren wird die Sanierung und Instandhaltung des Finowkanals noch einige Sperrungen nach sich ziehen. Es ist daher ratsam, sich vor Reiseantritt über die durchgängige Schiffbarkeit beim Zweckverband Finowkanal zu informieren. Insbesondere ab Saison 2023 sind Teile des Kanals aufgrund Schleuseninstandsetzungen gesperrt. Die offenen Schleusen sind in den Sommermonaten von April bis Oktober von 9 bis 16:45 Uhr besetzt. Für die Bereisung des Finowkanals sollte man sich zwei, besser drei Tage Zeit nehmen, damit man nicht unter zu großem Zeitdruck von einer Schleuse zur anderen hetzt. Bei einer Dreitagestour bleibt auch genügend Zeit, für ausführliche Landgänge durch die am Kanal liegenden Orte.
Erste Mittagspause
Wir fahren beim Ort Zerpenschleuse in das noch schiffbare, 32 Kilometer lange Teilstück des Finowkanals. Nach etwa zwei Kilometern auf dem Finowkanal hemmt die Schleuse Ruhlsdorf unser Fortkommen, doch der Schleusenwärter bringt unser Hausboot zügig talwärts. Bereits 20 Minuten später sind wir auf dem Weg zur Schleuse Leesenbrück und passieren den malerischen Schifferort Marienwerder. Auf den nächsten Kilometern führt uns der alte Kanal entlang bewaldeter Ufer, und bald darauf erreichen wir die sehr malerisch gelegene Schleuse Grafenbrück. Wir halten Rücksprache mit dem Schleusenwärter und stimmen uns darauf ab, das wir erst mal eine Mittagspause einlegen. Unter Schatten spendenden Bäumen schmeck die Pasta besonders lecker. Nach dem Mahl gibt der Schleusenmeister das Zeichen, in die Schleuse einzufahren.
Danach geht es weiter durch einen grünen Tunnel aus Uferbäumen, bis wir den Flößerort Finowfurt erreichen. Wir legen im Oberwasser der Schleuse am Schleusenwartesteg an und wollen hier die Nacht verbringen. Nachdem das Hausboot gut vertäut liegt, starten wir mit den Bordfahrrädern zu einer Erkundung der Gegend. An der Schleuse weist eine Informationstafel für Finowkanalfahrer den Weg zur Luftfahrthistorischen Sammlung Finowfurt, dorthin radeln wir. Die gut gestaltete, informative Ausstellung gewährt Einblick in die Entwicklung der Fliegerei aus den frühen Tagen bis heute.
Am folgenden Morgen passieren wir die Schleuse Schöpffurt, wie der Doppelort Finowfurt früher hieß. Hier wandelt sich das Bild am Ufer. Ein Radweg, der Treidelweg, folgt dem Ufer und Kleingärten flankieren den Finowkanal beidseitig. Der imposante Wasserturm des Ortsteiles Finow überragt die ehemalige Messingwerksiedlung. Finow und Eberswalde waren das industrielle Zentrum des Finowkanals bis zum Ende der DDR. Die ehemaligen Industriebetriebe – Stahlwerk, Kranbau, Messingwerk – sind heute nur noch rudimentär vorhanden, dennoch werden hier nach wie vor die bekannten Eberswalder Hafenkräne produziert, die weltweit zum Löschen von Schiffsladungen zum Einsatz kommen.
Ausflug nach Kloster Chorin
Nach dem Passieren der Schleusen Heegermühle, Wolfswinkel, Drahthammer und Kupferhammer sowie der Hubbrücke Coppistraße, die in rascher Folge unsere Fahrt unterbrechen, liegt der Hauptteil der alten Industrieanlagen, die pittoresk das Ufer des Finowkanals zieren, hinter uns. Ein neuer Anlegeplatz an einem Restaurant bietet eine gute Gelegenheit für einige Einkäufe. Gleich mehrere Supermärkte und eine Einkaufspassage befinden sich in unmittelbarer Nähe. Wir besuchen zu Mittag ein zentral gelegenes und gediegenes Gasthaus. Dessen Wirt, der einen Motorkreuzer am nahen Werbellinsee besitzt, versorgt uns mit vielen Tipps rund um Eberswalde.
Wir fahren weiter bis ins Unterwasser der Schleuse Ragöse. Dieser Liegeplatz befindet sich etwa vier Kilometer außerhalb des Eberswalder Stadtzentrums und bietet die von uns gesuchte Ruhe und Behaglichkeit. Es ist früher Nachmittag, und wir starten mit den Bordrädern zur etwa acht Kilometer entfernten Klosterruine Chorin, die imposant und ehrfurchtgebietend das Dörfchen Chorin dominiert.
Auf dem Treidelpfad
Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher in ein Restaurant in einem der wenigen erhaltenen Fachwerkhäuser von Eberswalde. Ein schöner Biergarten verleitet uns, den Aufenthalt auszudehnen. Es ist noch etwa eine Stunde hell, als wir die viereinhalb Kilometer zum Hausboot zurückradeln. Schnell sind die Fahrräder an Deck verstaut und eine Flasche guten Rotweins entkorkt. Rubinrot bringen die Strahlen des Sonnenuntergangs den Wein zum Leuchten. Bald darauf quaken Frösche und ein Graureiher fliegt bei jedem vorbeikommenden Radfahrer krächzend und protestierend auf. Ein Perfekter Abend an Bord unseres Hausboot auf dem Finowkanal.
Die Morgensonne erreicht erst spät unseren Liegeplatz, so dass wir bereits auf dem Weg sind, als diese über die bergige Endmoränenlandschaft lugt. Ein kleiner Campingplatz mit Kanuverleih liegt am Ufer des Oberwassers der Stecher Schleuse. Gerade macht sich eine Gruppe Kanuten startklar, als wir den Campingplatz passieren. Der Schleusenmeister fordert uns auf, auch in die Schleuse zu fahren, die bis zum letzten Platz gefüllt ist. Zwar sind wir als Hausbootfahrer die einzigen mit einer Motoryacht, doch die Kanutengruppe mit ihren vielen Kanus benötigt auch ihren Platz.
Schiffshebewerk Niederfinow als krönender Abschluss
Langsam tuckern wir in Richtung der Lieper Schleuse, links erhebt sich die imposante Stahlkonstruktion des Schiffshebewerks Niederfinow weit über das umliegende, nun sehr flache Land. Die Lieper Schleuse bringt uns nun beinahe auf Oderniveau und mit der Einmündung des Finowkanals in die Oder-Havel-Wasserstraße endet unsere Reise. Das linkerhand liegende Schiffshebewerk wird uns in einem Stück und in nur fünf Minuten die 36 Meter Höhenunterschied überwinden helfen, wofür wir auf dem Finokanal zwölf Schleusen brauchten. Wir schauen zurück und erblicken während des Hebevorganges das kleine blaue Band: Der Kanal, die Wiege der märkischen Binnenschifffahrt, scheint im Schlaf zu liegen. Mit diesen letzten Blicken verabschieden wir uns von unserm Hausboot auf dem Finowkanal.
Text: Detlef Stöcker
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Wasser- und Schifffahrtsamt Eberswalde
Außenstelle Finowfurt
Tel.: (0 33 35) 4 51 60
Der Finowkanal
minimale Wassertiefe: 1,5 Meter
niedrigste Brücke: 3,8 Meter
Höchstgeschwindigkeit: 6 km/h
Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg
https://win-brandenburg.de/
Zweckverband Region Finowkanal
https://www.finowkanal.info
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