Eine Bootstour durch die Kleinseenplatte
Mitte Mai ist es endlich soweit. Sonnenhut und Regenjacke, Törnführer und Lieblingsroman sind gut verstaut – unsere Bootstour durch die Kleinseenplatte kann beginnen! Voller Vorfreude biegen wir in die Priepertsche Dorfstraße ein. Fast am Ende der Straße liegt der Yachthafen Priepert an dem Rainer Schulz, Basisleiter von Yachtcharter Heinzig, uns mit einem freundschaftlichen „Herzlich Willkommen“ begrüßt. Schulz war jahrelang bei einer Charterfirma in Neustrelitz ansässig und ist ein Mann vom Fach. Routiniert und mit Mecklenburger Charme weist er uns in die Motoryacht ein. Schon am frühen Nachmittag können wir aufs Wasser starten.
„Fafnir“ heißt unser schwimmendes Zuhause für die nächsten sieben Tage unserer Bootstour. Das Schiff der Marke Babro erinnert vom Aussehen her an die moderne Version der „Blackpearl“, schwarzer Rumpf, helle Kordel und eine schwarz umfasste Flying Bridge. Ein solides Schiff mit zwei Kabinen, in denen vier Personen ausreichend Platz für entspannte Ferien auf dem Wasser finden. Bugstrahlruder, Cabrio-Verdeck mit vollverschließbarer Flypersenning, Außensteuerstand und Badeplattform mit Badeleiter und Heckdusche lassen keine Wünsche offen.
Die Schiffe von Yachtcharter Heinzig sind in der Seenplatte an zwei Basen verfügbar: Töplitz bei Werder/Havel und Priepert nahe Wesenberg. Unsere Entscheidung für den Abfahrthafen in Priepert mitten in der Mecklenburgischen Kleinseenplatte basiert auf dem Vorhaben, das weitläufige Wassersportrevier der Kleinseen zu erkunden. Die günstige Lage des Hafens erlaubt es uns, sternförmig unsere Törnziele Neustrelitz, Rheinsberg, Mirow, Fürstenberg, Himmelpfort und Lychen auf der siebentägigen Fahrt anzusteuern.
7 Tage: Priepert – Fürstenberg/Havel – Himmelpfort – Lychen – Templin – Wesenberg – Neustrelitz – Flecken Zechlin – Rheinsberg – Priepert
Tag 1: Wasserstadt Fürstenberg/Havel
Kursziel des ersten Tages ist die nur zwölf Flusskilometer und eine Schleuse entfernt liegende Wasserstadt Fürstenberg/Havel. Die zu passierende Schleuse Steinhavelmühle liegt idyllisch inmitten des Waldes an der gleichnamigen Mühle. Das Schmuckstück befindet sich seit Jahren im Dornröschenschlaf und verfällt langsam vor sich hin. Es ist zu hoffen, dass die neue Eigentümergemeinschaft ihre ehrgeizigen Pläne realisiert und aus dem Mühlenensemble ein Feriendorf mit ökologischem Anspruch errichtet.
Doch nicht nur an der Mühle scheinen sich Veränderungen anzubahnen. Direkt an der Schleusenwartestelle, unweit unseres Liegeplatzes, führen Vermesser des Wasser- und Schifffahrtsamtes erste Sondierungsarbeiten aus. Nach der Erneuerung der Schleuse in Fürstenberg könnte die Schleuse Steinhavelmühle bald folgen.
Beim Anleger am Röblinsee findet unsere Yacht einen guten Liegeplatz für erste Nacht der Bootstour. Hier sind wir zwar etwas außerhalb des Stadtzentrums von Fürstenberg/Havel, genießen aber den Charme der Villensiedlung bei einem abendlichen Spaziergang. Auf dem Streifzug lockt uns die Neugierde auf eines der verwilderten Grundstücke der Siedlung. Prompt wird dieser Leichtsinn mit einem Zeckenbiss bestraft. Von nun an achten wir vermehrt auf unsere Kleidung bei Streifzügen in die Natur.
Tag 2: Von Fürstenberg/Havel nach Lychen
Von Fürstenberg/Havel nach Lychen sind es nur 14 Kilometer Bootsfahrt. Trotz der Kürze der Strecke ist dieser Abschnitt gespickt mit zahlreichen Anlegern und Sehenswürdigkeiten. Erster Halt ist der Yachthafen in Fürstenberg. Am Marktplatz der kleinen Stadt genehmigen wir uns ein Eis und schlendern durch das von drei Seen umgebene Zentrum der Stadt. Was für den Autoverkehr von Berlin in Richtung Ostsee ein Segen ist, ist für die Stadt Fürstenberg eine Last: Die Bundesstraße 96 durchtrennt den Ortskern mitten im Zentrum und verläuft unweit des alten und bislang ungenutzten Schlosses.
Mit dem nahe der Stadt gelegenen Ravensbrück trägt die Stadt zudem die Bürde der Geschichte auf ihren Schultern. Hier im ehemaligen Frauenkonzentrationslager wird das Grauen der NS-Zeit sichtbar. Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück stellt diese dunkle Epoche deutscher Geschichte informativ und bewegend dar. Auch im Urlaub sollte ein Besuch an dieser zur Geschichte dieser Region gehörenden Stätte nicht fehlen. Heute beweist Fürstenberg/Havel, dass ein Neuanfang ohne das Vergessen der eigenen Geschichte und damit verbundener Verantwortung möglich ist.
Von Fürstenberg/Havel aus nehmen wir Kurs auf Himmelpfort. Über den für diese Gegend sehr großen Stolpsee geht es in östlicher Richtung. Am anderen Ende des Sees biegen wir in den nach Norden abzweigenden Stichkanal nach Himmelpfort ein. Mehrfach sind wir diese Strecke schon gefahren, aber immer wieder ist die Einfahrt aus der Ferne nur schwer zu erkennen. Ist die Einfahrt gefunden, liegt linkerhand der Gastanleger des örtlichen Wassersportvereins, auf der anderen Kanalseite die Wartestelle für die Schleuse.
Himmlisches Himmelpfort
Wir entschließen uns für einen spontanen Zwischenhalt in Himmelpfort, um eine kleine Ampulle mit Hexentrunk im Kräutergarten als Mitbringsel zu erstehen. Gegenüber des Klostergärtchens liegt die vor kurzem abgebrannte Klostergalerie – noch immer in Schutt und Asche. Dem Kult um das Himmelpforter Weihnachtspostamt schadet dies jedoch nicht. Noch immer erreichen tausende Briefe das kleine Sonderpostamt. Schreiben Sie doch selber einmal Ihre Wünsche an den Weihnachtsmann in Himmelpfort und seien Sie gespannt auf die Antwort. Nach dem kurzen Aufenthalt heißt es beidrehen, um die Selbstbedienungsschleuse von Himmelpfort zu passieren.
Hinter dem Haussee erreichen wir einen malerischen Flußabschnitt mit Namen Woblitz. In zahlreichen Windungen schlängelt sich das Wasser durch den Wald. Bei schönstem Sonnenschein fällt Licht durch die Blätter und wir erwarten hinter jeder Biegung mindestens Trolle und Elfen. Himmlische Ruhe breitet sich aus und nur das sanfte Motorengeräusch erinnert uns daran, auf einem Boot unterwegs zu sein. Doch Vorsicht, bevor wir uns ganz der Träumerei hingeben. Die Flussbiegungen sind teilweise sehr eng und mit Gegenverkehr muss auch hier gerechnet werden. An allzu engen Stellen ist ein Schallsignal vor der Passage zu geben.
Über den Großen Lychensee erreichen wir die Flößerstadt Lychen und steuern den Stadthafen an. Umgeben von Seen ist Lychen ein gemütliches Fleckchen Erde. Am Ufer des Nesselpfuhl, unweit des Stadthafens lädt ein Biergarten ein, in dem wir frischen Fisch und regionales Bier genießen. Am Abend führt unser Spaziergang zum kleinen, aber gut ausgebauten Lychener Strandbad und wir genießen das frische Wasser des Sees.
Tag 3: Von Lychen nach Templin
Unser nächstes Etappenziel ist das Ackerbürgerstädtchen Templin, mitten in der durch sanfte Hügel und einsame Seen geprägten Uckermark. Die Strecke des Vortags bis zum Stolpsee passieren wir zügig, um auf dem Stolpsee nun in die Havel einzubiegen. Die Havel fließt hier durch weitgehend unbewohntes Wald- und Wiesenland. Vor wildem Landgang wird auf großen weißen Schildern am Ufer eindringlich gewarnt, ein alter Truppenübungsplatz grenzt unmittelbar an das Flussufer. Öffentliche Anlegemöglichkeiten bestehen jedoch in Bredereiche sowie am Ziegenhof an der Schleuse Regow, und natürlich an den drei Schleusen auf der Fahrt bis zum Abzweig zu den Templiner Gewässern. Diese Abzweigung erreichen wir direkt hinter der Schleuse Schorfheide.
Drei Seen sowie eine drei Kilometer lange, windungsreiche Flussstrecke weiter erreichen wir die Ausläufer der Stadt und schließlich die Selbstbedienungsschleuse Templin. Zum Anlegen entscheiden wir uns für den Stadthafen, gut einen Kilometer hinter der Schleuse. Hier liegen wir unweit der vollständig erhaltenen Stadtmauer und damit nahe dem Zentrum der Stadt. Den Abend verbringen wir in der Naturtherme Templin und lassen es uns gut gehen.
Tag 4: Von Templin nach Wesenberg
Am nächsten Morgen geht die Bootstour weiter: Neustrelitz heißt das Törnziel. Dafür müssen wir zuerst wieder über Fürstenberg/Havel nach Priepert fahren, um dann in neue Gewässer vorzudringen. Wir haben zwar keine Meuterei an Bord, aber ein Teil der Crew wählt für die „doppelte“ Strecke nach Templin den Landweg. Denn Fürstenberg/Havel ist von Templin aus sowohl mit dem Boot als auch über die Fahrraddraisine erreichbar. Dazu wird die stillgelegte alte Bahnstrecke genutzt. Jeweils an unterschiedlichen Wochentagen fahren die Draisinen von Fürstenberg/Havel über Lychen nach Templin. Wir haben Glück und die heutige Einbahnreglung führt tatsächlich von Fürstenberg/Havel nach Templin. Wir stellen uns gern dem Wettkampf der Geschwindigkeit: gegen Boot – wer erreicht wohl als erstes Fürstenberg/Havel? [Anmerkung: Die Strecke wurde leider 2021 stillgelegt]
Um es kurz zu machen: Die Draisine war schneller. Wieder vereint an Bord nutzen wir die Nachmittagsstunden und fahren weiter in Richtung Neustrelitz. Beim Fischerimbiss an der Holzbrücke in Ahrensberg dauert ein kurz eingeplanter Stopp doch länger, so dass wir es nur noch bis zur Schleusenwartestelle in Wesenberg schaffen. Hier bleiben wir über Nacht. Gleich hinter der Wartestelle führt eine Straße nach Wesenberg, so dass wir eine Stadtbesichtigung in unseren Abendspaziergang einbinden. Auch wenn die Schleusen bis 20 Uhr offiziell geöffnet sind, ist die letzte Schleusung meist schon gegen 19.30 Uhr. Dafür sind wir pünktlich um acht Uhr am nächsten Morgen die ersten, für die sich das Schleusentor wieder öff
Tag 5: Schleuse Wesenberg nach Neustrelitz
Über den großen und windigen Woblitzsee erreichen wir den nach Neustrelitz führenden Kammerkanal. Ursprünglich ein kleiner Bach, wurde die Strecke zwischen Woblitzsee und Zierker See im Laufe der letzten Jahrhunderte für die Berufsschifffahrt ausgebaut. Heute profitieren davon vor allem die Freizeitkapitäne. Vorsichtig legen wir bei der Einfahrt in den Kanal unsere Sprayhood und holen die Fahne ein. Die Eisenbahnbrücke über den Kanal ist mit 3,5 Metern Durchfahrtshöhe die niedrigste der gesamten Oberen-Havel-Wasserstraße. Bevor wir einen Schaden aufgrund unserer Vergesslichkeit erleiden, ist so vorgesorgt. Der Kanal ist wenig befahren. In kleinen Windungen schlängelt er sich idyllisch durch eine Landschaft aus weiten Wiesen beidseits der Ufer. Nach fünf Kilometern Fahrt erreichen wir den Zierker See.
Gleich an der Einfahrt ist Obacht geboten. Eine Untiefe ist in der Wasserkarte eingezeichnet und wahrhaftig, immer mit Blick auf das Echolot passieren wir mit wenigen Zentimetern unterm Kiel die flache Stelle. Große Teile des Zierker Sees sind flach und steinig, so dass die Betonnung der Fahrrinne unbedingt eingehalten werden muss. Die geringe Tiefe des Sees zeigt sich oftmals an der quirligen und für mecklenburgische Seen ungewöhnlich windanfälligen Wasseroberfläche. Sicher erreichen wir den historischen Stadthafen von Neustrelitz – ein wahres Schmuckstück. Die historischen Speicher wurden zu Wohnungen und Geschäften ausgebaut und bilden ein malerisches Ensemble rund um das Hafenbecken.
Zu Gast in Neustrelitz
Vor dem obligatorischen Stadtrundgang nehmen wir unser Mittagessen im Restaurant Bootshaus Gerhard Kaiser ein. Die Entscheidung ob Terrasse oder Wintergarten fällt leicht. Dunkle Wolken kündigen das drohende Sommergewitter an. Mit Blick über den See speisen wir köstlich, während draußen der Regen in dicken Fäden auf den Zierker See niederprasselt. Die Bedienung ist mecklenburgisch authentisch und schlagfertig.
Am Nachmittag wandeln wir durch die ehemalige Residenzstadt. Bei jedem Besuch entdecken wir neue Winkel der Stadt, die sich in den letzten Jahren mächtig herausgeputzt hat. Erst kürzlich wurde der Schlossgarten neu gestaltet. Das dazugehörige Schloss fiel 1945 einem Brand zum Opfer. An gleicher Stelle finden im Sommer die beliebten Schlossgartenfestspiele statt. Nach einem Betreiberwechsel werden diese nun durch das Landestheater aufgeführt. Auf gleichgroßer Bühne aber zur Schonung der Gartenanlage mit verkleinertem Zuschauerraum. Frühzeitiger Kartenerwerb sei deshalb empfohlen.
Tag 6: Von Neustrelitz über Flecken Zechlin nach Rheinsberg
Am nächsten Morgen starten wir in Richtung Rheinsberg. Bis nach Priepert navigieren wir durch bereits bekannte Gewässer. Dann erreichen wir über den Kleinen und Großen Pälitzsee den Hüttenkanal und damit die Rheinsberger Gewässer. Erster Zwischenstopp ist die beeindruckende Hotelanlage „Marina Wolfsbruch“ kurz hinter der Schleuse Wolfsbruch. Unsere Yacht legen wir längs der Hafenpromenade an und genehmigen uns Eis und Kuchen auf der Restaurantterrasse. Im Hafen herrscht reger Betrieb, eine der größeren Charterflotten betreibt hier ihre Übergabestation. So beobachten wir das Treiben in der Marina und genießen es, den anderen Crews bei ihren Manövern zuzusehen.
Von der Marina aus sind es nur wenige Kilometer, bis wir durch den Zootzenkanal in die Zechliner Gewässer einbiegen. Nicht jede Yacht eignet sich aufgrund der geringen Tiefe zur Befahrung dieser Gewässer. Deshalb erkundigen wir uns vor der Einfahrt bei der Direktion Ost des Wasser- und Schifffahrtsamts nach dem aktuellen Wasserstand. Dort gibt man uns Entwarnung. Das Hochwasser des Sommers ist diesmal unser Glück. Die Seen und Kanäle führen genug Wasser, um unbeschadet bis nach Flecken Zechlin zu gelangen. Die Seen hier sind Quellseen und deshalb besonders klar. Der Repenter Kanal verbindet Zootzen und Zechliner See. Paradiesisches Landleben begleitet unsere Fahrt, Pferde weiden am Ufer und nehmen ein erfrischendes Bad im Kanal, Schwäne kreuzen den Weg und seicht wiegt sich das Gras der saftigen Wiesen.
Frischer Fisch am Steg
Viel zu schnell erreichen wir Flecken Zechlin am Schwarzen See. Nach solch naturreicher Fahrt sind wir überrascht ob des bebauten Ufers. Kleine Cafés, Liegeplätze, ein Restaurant und die Fischerhütte laden den Bootsfahrer zum Anlegen ein.
Wir entscheiden uns für frischen Fisch und finden eine freie Box direkt neben der Hütte. Köstlich mundet uns das Geräucherte. Nach zwei Stunden Aufenthalt kehren wir zum Jagower Kanal zurück. Im Hafendorf Rheinsberg drehen wir eine Ehrenrunde bevor wir uns unserem Etappenziel, der Hafenanlage in der Residenzstadt Rheinsberg nähern. Mittlerweile steht die Sonne schon tief am Horizont. Mit den letzten Sonnenstrahlen laufen wir in den Rheinsberger Yachthafen ein. Zum Abendessen lassen wir uns im beliebten Restaurant „Seehof Rheinsberg“ nieder. Ein Teil der Crew möchte noch das Tanzbein schwingen und erkundigt sich im Hafendorf Rheinsberg, ob der Nacht-Club 53°|12°geöffnet sei. Dort legt meist freitags und samstags ein DJ in angenehmer Atmosphäre auf.
Tag 7: Von Rheinsberg zurück nach Priepert
Der letzte Abend wird spät. Trotzdem muss die Yacht pünktlich um 9 Uhr wieder zurückgegeben werden. Also stehen alle Mann früh an Bord, Leinen werden losgeworfen, während unter Deck das Frühstück vorbereitet wird. Mit seichter Fahrt schiebt sich die „Fafnir“ der Schleuse Wolfsbruch entgegen. Tatsächlich gelingt uns die erste Schleusung um 8 Uhr. Gegen 9 Uhr passieren wir die Schleuse in Strasen. Mit moderater Verspätung laufen wir in Priepert ein. Dem Zentrum und Ausgangspunkt unserer erlebnisreichen Kreuzfahrt durch die Kleinseenplatte.
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Mitte Mai ist es endlich soweit. Sonnenhut und Regenjacke, Törnführer und Lieblingsroman sind gut verstaut – unsere Bootstour durch die Kleinseenplatte kann beginnen! Voller Vorfreude biegen wir in die Priepertsche Dorfstraße ein. Fast am Ende der Straße liegt der Yachthafen Priepert an dem Rainer Schulz, Basisleiter von Yachtcharter Heinzig, uns mit einem freundschaftlichen „Herzlich Willkommen“ begrüßt. Schulz war jahrelang bei einer Charterfirma in Neustrelitz ansässig und ist ein Mann vom Fach. Routiniert und mit Mecklenburger Charme weist er uns in die Motoryacht ein. Schon am frühen Nachmittag können wir aufs Wasser starten.
„Fafnir“ heißt unser schwimmendes Zuhause für die nächsten sieben Tage unserer Bootstour. Das Schiff der Marke Babro erinnert vom Aussehen her an die moderne Version der „Blackpearl“, schwarzer Rumpf, helle Kordel und eine schwarz umfasste Flying Bridge. Ein solides Schiff mit zwei Kabinen, in denen vier Personen ausreichend Platz für entspannte Ferien auf dem Wasser finden. Bugstrahlruder, Cabrio-Verdeck mit vollverschließbarer Flypersenning, Außensteuerstand und Badeplattform mit Badeleiter und Heckdusche lassen keine Wünsche offen.
Die Schiffe von Yachtcharter Heinzig sind in der Seenplatte an zwei Basen verfügbar: Töplitz bei Werder/Havel und Priepert nahe Wesenberg. Unsere Entscheidung für den Abfahrthafen in Priepert mitten in der Mecklenburgischen Kleinseenplatte basiert auf dem Vorhaben, das weitläufige Wassersportrevier der Kleinseen zu erkunden. Die günstige Lage des Hafens erlaubt es uns, sternförmig unsere Törnziele Neustrelitz, Rheinsberg, Mirow, Fürstenberg, Himmelpfort und Lychen auf der siebentägigen Fahrt anzusteuern.
7 Tage: Priepert – Fürstenberg/Havel – Himmelpfort – Lychen – Templin – Wesenberg – Neustrelitz – Flecken Zechlin – Rheinsberg – Priepert
Tag 1: Wasserstadt Fürstenberg/Havel
Kursziel des ersten Tages ist die nur zwölf Flusskilometer und eine Schleuse entfernt liegende Wasserstadt Fürstenberg/Havel. Die zu passierende Schleuse Steinhavelmühle liegt idyllisch inmitten des Waldes an der gleichnamigen Mühle. Das Schmuckstück befindet sich seit Jahren im Dornröschenschlaf und verfällt langsam vor sich hin. Es ist zu hoffen, dass die neue Eigentümergemeinschaft ihre ehrgeizigen Pläne realisiert und aus dem Mühlenensemble ein Feriendorf mit ökologischem Anspruch errichtet.
Doch nicht nur an der Mühle scheinen sich Veränderungen anzubahnen. Direkt an der Schleusenwartestelle, unweit unseres Liegeplatzes, führen Vermesser des Wasser- und Schifffahrtsamtes erste Sondierungsarbeiten aus. Nach der Erneuerung der Schleuse in Fürstenberg könnte die Schleuse Steinhavelmühle bald folgen.
Beim Anleger am Röblinsee findet unsere Yacht einen guten Liegeplatz für erste Nacht der Bootstour. Hier sind wir zwar etwas außerhalb des Stadtzentrums von Fürstenberg/Havel, genießen aber den Charme der Villensiedlung bei einem abendlichen Spaziergang. Auf dem Streifzug lockt uns die Neugierde auf eines der verwilderten Grundstücke der Siedlung. Prompt wird dieser Leichtsinn mit einem Zeckenbiss bestraft. Von nun an achten wir vermehrt auf unsere Kleidung bei Streifzügen in die Natur.
Tag 2: Von Fürstenberg/Havel nach Lychen
Von Fürstenberg/Havel nach Lychen sind es nur 14 Kilometer Bootsfahrt. Trotz der Kürze der Strecke ist dieser Abschnitt gespickt mit zahlreichen Anlegern und Sehenswürdigkeiten. Erster Halt ist der Yachthafen in Fürstenberg. Am Marktplatz der kleinen Stadt genehmigen wir uns ein Eis und schlendern durch das von drei Seen umgebene Zentrum der Stadt. Was für den Autoverkehr von Berlin in Richtung Ostsee ein Segen ist, ist für die Stadt Fürstenberg eine Last: Die Bundesstraße 96 durchtrennt den Ortskern mitten im Zentrum und verläuft unweit des alten und bislang ungenutzten Schlosses.
Mit dem nahe der Stadt gelegenen Ravensbrück trägt die Stadt zudem die Bürde der Geschichte auf ihren Schultern. Hier im ehemaligen Frauenkonzentrationslager wird das Grauen der NS-Zeit sichtbar. Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück stellt diese dunkle Epoche deutscher Geschichte informativ und bewegend dar. Auch im Urlaub sollte ein Besuch an dieser zur Geschichte dieser Region gehörenden Stätte nicht fehlen. Heute beweist Fürstenberg/Havel, dass ein Neuanfang ohne das Vergessen der eigenen Geschichte und damit verbundener Verantwortung möglich ist.
Von Fürstenberg/Havel aus nehmen wir Kurs auf Himmelpfort. Über den für diese Gegend sehr großen Stolpsee geht es in östlicher Richtung. Am anderen Ende des Sees biegen wir in den nach Norden abzweigenden Stichkanal nach Himmelpfort ein. Mehrfach sind wir diese Strecke schon gefahren, aber immer wieder ist die Einfahrt aus der Ferne nur schwer zu erkennen. Ist die Einfahrt gefunden, liegt linkerhand der Gastanleger des örtlichen Wassersportvereins, auf der anderen Kanalseite die Wartestelle für die Schleuse.
Himmlisches Himmelpfort
Wir entschließen uns für einen spontanen Zwischenhalt in Himmelpfort, um eine kleine Ampulle mit Hexentrunk im Kräutergarten als Mitbringsel zu erstehen. Gegenüber des Klostergärtchens liegt die vor kurzem abgebrannte Klostergalerie – noch immer in Schutt und Asche. Dem Kult um das Himmelpforter Weihnachtspostamt schadet dies jedoch nicht. Noch immer erreichen tausende Briefe das kleine Sonderpostamt. Schreiben Sie doch selber einmal Ihre Wünsche an den Weihnachtsmann in Himmelpfort und seien Sie gespannt auf die Antwort. Nach dem kurzen Aufenthalt heißt es beidrehen, um die Selbstbedienungsschleuse von Himmelpfort zu passieren.
Hinter dem Haussee erreichen wir einen malerischen Flußabschnitt mit Namen Woblitz. In zahlreichen Windungen schlängelt sich das Wasser durch den Wald. Bei schönstem Sonnenschein fällt Licht durch die Blätter und wir erwarten hinter jeder Biegung mindestens Trolle und Elfen. Himmlische Ruhe breitet sich aus und nur das sanfte Motorengeräusch erinnert uns daran, auf einem Boot unterwegs zu sein. Doch Vorsicht, bevor wir uns ganz der Träumerei hingeben. Die Flussbiegungen sind teilweise sehr eng und mit Gegenverkehr muss auch hier gerechnet werden. An allzu engen Stellen ist ein Schallsignal vor der Passage zu geben.
Über den Großen Lychensee erreichen wir die Flößerstadt Lychen und steuern den Stadthafen an. Umgeben von Seen ist Lychen ein gemütliches Fleckchen Erde. Am Ufer des Nesselpfuhl, unweit des Stadthafens lädt ein Biergarten ein, in dem wir frischen Fisch und regionales Bier genießen. Am Abend führt unser Spaziergang zum kleinen, aber gut ausgebauten Lychener Strandbad und wir genießen das frische Wasser des Sees.
Tag 3: Von Lychen nach Templin
Unser nächstes Etappenziel ist das Ackerbürgerstädtchen Templin, mitten in der durch sanfte Hügel und einsame Seen geprägten Uckermark. Die Strecke des Vortags bis zum Stolpsee passieren wir zügig, um auf dem Stolpsee nun in die Havel einzubiegen. Die Havel fließt hier durch weitgehend unbewohntes Wald- und Wiesenland. Vor wildem Landgang wird auf großen weißen Schildern am Ufer eindringlich gewarnt, ein alter Truppenübungsplatz grenzt unmittelbar an das Flussufer. Öffentliche Anlegemöglichkeiten bestehen jedoch in Bredereiche sowie am Ziegenhof an der Schleuse Regow, und natürlich an den drei Schleusen auf der Fahrt bis zum Abzweig zu den Templiner Gewässern. Diese Abzweigung erreichen wir direkt hinter der Schleuse Schorfheide.
Drei Seen sowie eine drei Kilometer lange, windungsreiche Flussstrecke weiter erreichen wir die Ausläufer der Stadt und schließlich die Selbstbedienungsschleuse Templin. Zum Anlegen entscheiden wir uns für den Stadthafen, gut einen Kilometer hinter der Schleuse. Hier liegen wir unweit der vollständig erhaltenen Stadtmauer und damit nahe dem Zentrum der Stadt. Den Abend verbringen wir in der Naturtherme Templin und lassen es uns gut gehen.
Tag 4: Von Templin nach Wesenberg
Am nächsten Morgen geht die Bootstour weiter: Neustrelitz heißt das Törnziel. Dafür müssen wir zuerst wieder über Fürstenberg/Havel nach Priepert fahren, um dann in neue Gewässer vorzudringen. Wir haben zwar keine Meuterei an Bord, aber ein Teil der Crew wählt für die „doppelte“ Strecke nach Templin den Landweg. Denn Fürstenberg/Havel ist von Templin aus sowohl mit dem Boot als auch über die Fahrraddraisine erreichbar. Dazu wird die stillgelegte alte Bahnstrecke genutzt. Jeweils an unterschiedlichen Wochentagen fahren die Draisinen von Fürstenberg/Havel über Lychen nach Templin. Wir haben Glück und die heutige Einbahnreglung führt tatsächlich von Fürstenberg/Havel nach Templin. Wir stellen uns gern dem Wettkampf der Geschwindigkeit: gegen Boot – wer erreicht wohl als erstes Fürstenberg/Havel? [Anmerkung: Die Strecke wurde leider 2021 stillgelegt]
Um es kurz zu machen: Die Draisine war schneller. Wieder vereint an Bord nutzen wir die Nachmittagsstunden und fahren weiter in Richtung Neustrelitz. Beim Fischerimbiss an der Holzbrücke in Ahrensberg dauert ein kurz eingeplanter Stopp doch länger, so dass wir es nur noch bis zur Schleusenwartestelle in Wesenberg schaffen. Hier bleiben wir über Nacht. Gleich hinter der Wartestelle führt eine Straße nach Wesenberg, so dass wir eine Stadtbesichtigung in unseren Abendspaziergang einbinden. Auch wenn die Schleusen bis 20 Uhr offiziell geöffnet sind, ist die letzte Schleusung meist schon gegen 19.30 Uhr. Dafür sind wir pünktlich um acht Uhr am nächsten Morgen die ersten, für die sich das Schleusentor wieder öff
Tag 5: Schleuse Wesenberg nach Neustrelitz
Über den großen und windigen Woblitzsee erreichen wir den nach Neustrelitz führenden Kammerkanal. Ursprünglich ein kleiner Bach, wurde die Strecke zwischen Woblitzsee und Zierker See im Laufe der letzten Jahrhunderte für die Berufsschifffahrt ausgebaut. Heute profitieren davon vor allem die Freizeitkapitäne. Vorsichtig legen wir bei der Einfahrt in den Kanal unsere Sprayhood und holen die Fahne ein. Die Eisenbahnbrücke über den Kanal ist mit 3,5 Metern Durchfahrtshöhe die niedrigste der gesamten Oberen-Havel-Wasserstraße. Bevor wir einen Schaden aufgrund unserer Vergesslichkeit erleiden, ist so vorgesorgt. Der Kanal ist wenig befahren. In kleinen Windungen schlängelt er sich idyllisch durch eine Landschaft aus weiten Wiesen beidseits der Ufer. Nach fünf Kilometern Fahrt erreichen wir den Zierker See.
Gleich an der Einfahrt ist Obacht geboten. Eine Untiefe ist in der Wasserkarte eingezeichnet und wahrhaftig, immer mit Blick auf das Echolot passieren wir mit wenigen Zentimetern unterm Kiel die flache Stelle. Große Teile des Zierker Sees sind flach und steinig, so dass die Betonnung der Fahrrinne unbedingt eingehalten werden muss. Die geringe Tiefe des Sees zeigt sich oftmals an der quirligen und für mecklenburgische Seen ungewöhnlich windanfälligen Wasseroberfläche. Sicher erreichen wir den historischen Stadthafen von Neustrelitz – ein wahres Schmuckstück. Die historischen Speicher wurden zu Wohnungen und Geschäften ausgebaut und bilden ein malerisches Ensemble rund um das Hafenbecken.
Zu Gast in Neustrelitz
Vor dem obligatorischen Stadtrundgang nehmen wir unser Mittagessen im Restaurant Bootshaus Gerhard Kaiser ein. Die Entscheidung ob Terrasse oder Wintergarten fällt leicht. Dunkle Wolken kündigen das drohende Sommergewitter an. Mit Blick über den See speisen wir köstlich, während draußen der Regen in dicken Fäden auf den Zierker See niederprasselt. Die Bedienung ist mecklenburgisch authentisch und schlagfertig.
Am Nachmittag wandeln wir durch die ehemalige Residenzstadt. Bei jedem Besuch entdecken wir neue Winkel der Stadt, die sich in den letzten Jahren mächtig herausgeputzt hat. Erst kürzlich wurde der Schlossgarten neu gestaltet. Das dazugehörige Schloss fiel 1945 einem Brand zum Opfer. An gleicher Stelle finden im Sommer die beliebten Schlossgartenfestspiele statt. Nach einem Betreiberwechsel werden diese nun durch das Landestheater aufgeführt. Auf gleichgroßer Bühne aber zur Schonung der Gartenanlage mit verkleinertem Zuschauerraum. Frühzeitiger Kartenerwerb sei deshalb empfohlen.
Tag 6: Von Neustrelitz über Flecken Zechlin nach Rheinsberg
Am nächsten Morgen starten wir in Richtung Rheinsberg. Bis nach Priepert navigieren wir durch bereits bekannte Gewässer. Dann erreichen wir über den Kleinen und Großen Pälitzsee den Hüttenkanal und damit die Rheinsberger Gewässer. Erster Zwischenstopp ist die beeindruckende Hotelanlage „Marina Wolfsbruch“ kurz hinter der Schleuse Wolfsbruch. Unsere Yacht legen wir längs der Hafenpromenade an und genehmigen uns Eis und Kuchen auf der Restaurantterrasse. Im Hafen herrscht reger Betrieb, eine der größeren Charterflotten betreibt hier ihre Übergabestation. So beobachten wir das Treiben in der Marina und genießen es, den anderen Crews bei ihren Manövern zuzusehen.
Von der Marina aus sind es nur wenige Kilometer, bis wir durch den Zootzenkanal in die Zechliner Gewässer einbiegen. Nicht jede Yacht eignet sich aufgrund der geringen Tiefe zur Befahrung dieser Gewässer. Deshalb erkundigen wir uns vor der Einfahrt bei der Direktion Ost des Wasser- und Schifffahrtsamts nach dem aktuellen Wasserstand. Dort gibt man uns Entwarnung. Das Hochwasser des Sommers ist diesmal unser Glück. Die Seen und Kanäle führen genug Wasser, um unbeschadet bis nach Flecken Zechlin zu gelangen. Die Seen hier sind Quellseen und deshalb besonders klar. Der Repenter Kanal verbindet Zootzen und Zechliner See. Paradiesisches Landleben begleitet unsere Fahrt, Pferde weiden am Ufer und nehmen ein erfrischendes Bad im Kanal, Schwäne kreuzen den Weg und seicht wiegt sich das Gras der saftigen Wiesen.
Frischer Fisch am Steg
Viel zu schnell erreichen wir Flecken Zechlin am Schwarzen See. Nach solch naturreicher Fahrt sind wir überrascht ob des bebauten Ufers. Kleine Cafés, Liegeplätze, ein Restaurant und die Fischerhütte laden den Bootsfahrer zum Anlegen ein.
Wir entscheiden uns für frischen Fisch und finden eine freie Box direkt neben der Hütte. Köstlich mundet uns das Geräucherte. Nach zwei Stunden Aufenthalt kehren wir zum Jagower Kanal zurück. Im Hafendorf Rheinsberg drehen wir eine Ehrenrunde bevor wir uns unserem Etappenziel, der Hafenanlage in der Residenzstadt Rheinsberg nähern. Mittlerweile steht die Sonne schon tief am Horizont. Mit den letzten Sonnenstrahlen laufen wir in den Rheinsberger Yachthafen ein. Zum Abendessen lassen wir uns im beliebten Restaurant „Seehof Rheinsberg“ nieder. Ein Teil der Crew möchte noch das Tanzbein schwingen und erkundigt sich im Hafendorf Rheinsberg, ob der Nacht-Club 53°|12°geöffnet sei. Dort legt meist freitags und samstags ein DJ in angenehmer Atmosphäre auf.
Tag 7: Von Rheinsberg zurück nach Priepert
Der letzte Abend wird spät. Trotzdem muss die Yacht pünktlich um 9 Uhr wieder zurückgegeben werden. Also stehen alle Mann früh an Bord, Leinen werden losgeworfen, während unter Deck das Frühstück vorbereitet wird. Mit seichter Fahrt schiebt sich die „Fafnir“ der Schleuse Wolfsbruch entgegen. Tatsächlich gelingt uns die erste Schleusung um 8 Uhr. Gegen 9 Uhr passieren wir die Schleuse in Strasen. Mit moderater Verspätung laufen wir in Priepert ein. Dem Zentrum und Ausgangspunkt unserer erlebnisreichen Kreuzfahrt durch die Kleinseenplatte.
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