Segeln auf der Müritz

By Published On: 17. Februar 2023

Frühlingsbeginn auf der Müritz: Erlebnisbericht einer Woche Segeln auf der Müritz zwischen Rechlin, Röbel und Waren an der Müritz.

Gemeinhin ist der Hochseesegler der Überzeugung, Süßwassersegeln und Schattenparken sei in etwa eine Liga und seine Einstellung zu beidem ist eine grundsätzlich abweisende. Meine Haltung zu der Frage war eine ähnliche und obschon es so ist, dass ich meine Vorurteile pflege, komme ich nicht umhin, gelegentlich das eine oder andere zu überdenken und anschließend aufzugeben. Die Müritz ist zwar ein Süßwassersee, hat aber mit Schattenparken nichts zu tun, im Gegenteil, sie ist durchaus tückisch. Das habe ich zwar oft gelesen und noch häufiger gehört, aber jetzt auch beim Segeln auf der Müritz erfahren.

Segeln auf der Müritz © Magazin Seenland

Unter vollen Segeln über die Müritz mit Kurs auf Waren.

Nun will ich dem geneigten Lesern gleich die Furcht nehmen, wir sind nicht gesunken, es gab keinen Mast- oder Schotbruch. Denn zwar ist die Müritz tückisch, sie bleibt aber doch Süßwasser. Dafür aber wehte der Wind schon recht stark und vor allem böig aus Nord an nämlichen Junitag,  an dem wir in der Marina Müritz die Ariella übernahmen, die für die nächsten Tage unser Zuhause sein sollte. Das Beladen des Bootes mit unseren Vorräten verlief reibungslos, ebenso die Einweisung, die Verteilung der Aufgaben an Bord und der erste Teil des Ablegemanövers.

Wettertücken beim Segeln auf der Müritz

Kaum waren jedoch die Leinen los, setzte der Regen ein, erst ziemlich stark, dann sehr stark, dann tropisch – nur kälter. Er hielt genau so lange an, wie jede Hand an Deck gebraucht wurde. Ich war komplett durchgeweicht und benötigte anschließend einen kompletten Satz trockener Klamotten. Obwohl ich während des Umziehens in der achterlichen Kajüte durch ein Luk genau beobachten konnte, wie die Wolkendecke aufriss, ließ ich mich nicht beirren und kramte nach den Regensachen einschließlich Stiefel.
Inzwischen hatten wir den schützenden Hafen verlassen und setzten unter Motor gegen Wind und Welle Kurs auf die Bucht bei Sietow Dorf, wo wir die Nacht vor Anker liegend verbringen wollten. Ein kurzer Abgleich der Entfernung, unserer Geschwindigkeit und der verbleibenden Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit machte uns schnell klar: Wir würden es nicht mehr schaffen, da ließ sich nichts schönrechnen.

Wir fuhren unter Motor in etwa nordwestlicher Richtung bis zwischen die Untiefe und der Bucht vor Röbel, dem Binnensee. Hier änderten wir den Kurs auf Südwest, setzten Segel und würgten den Motor ab, Zündung aus. Die Sonne brach im gleichen Maß immer stärker durch die Wolken, wie sie sich dem Horizont näherte, der Wind wurde etwas ruhiger aber viel stetiger. So näherten wir uns dem ersten Etappenziel im herrlichen Abendrot und durchsegelten schließlich die Engstelle vor dem Hafen Röbel. Kurz dahinter folgte das Kommando »Motor an«, die Segel wurden geborgen.

Einmal Anlegen, bitte

Das nun folgende Anlegemanöver möchte ich kurz beschreiben, exemplarisch für alle folgenden. Nach einer kurzen Bewertung der Vor-Ort-Situation einschließlich Wind beschlossen wir, an einer der äußersten Anlegestellen festzumachen. Da ist es zwar ruhiger, aber dafür sind die Wege zur Toilette weiter – das wurde übereinstimmend nicht als Problem gewertet. Vielleicht entscheiden wir uns in einigen Jahren anders.

Die Geschwindigkeit ist so weit verringert, dass das Boot gut steuerbar bleibt, und das Manöver wird durchgesprochen und die Aufgaben verteilt. Es empfiehlt sich, dabei auch mögliche Probleme anzusprechen, dann weiß jeder, was er zu tun hat. Leinen werden vorbereitet und Fender ausgebracht, bei denen man auf die Höhe achten muss. Sollte sich hier herausstellen, dass die Fender vom Ablegen noch gar nicht eingeholt wurden, rate ich dazu, sich nichts anmerken zu lassen und niemandem davon zu erzählen – kaum etwas wird mehr belächelt.
Es folgt das Anlegemanöver, im Nachgang zu der überragenden Vorbereitung reine Routine, souverän und in Ruhe abgewickelt. Ich mag es nicht, wenn dabei niemand zusieht, was leider in Röbel der Fall war. Leinen fest und Motor aus, der Segeln-Teil des Tages war zu Ende. Den restlichen Tag verbrachten wir in einer gemütlichen örtlichen Kneipe.

Platte über Bord

Der nächste Tag versprach, schön zu werden, schon ein erster morgendlicher Wettercheck offenbarte aufgelockerte Bewölkung und stetigen Wind aus West. Wir bekamen einen Gast an Bord, der bei mir gleich mit frischen Brötchen punktete. Der Törn quer über die Müritz nach Waren verlief ohne Probleme. Der Himmel war zwar nicht makellos blau, aber der Wind blies stetig und in die richtige Richtung, wir mussten nicht kreuzen.
Das Anlegemanöver in Waren verlief weitgehend problemlos, lediglich eine achterliche Abdeckplatte rutschte – weil nicht ordentlich gesichert – durch eine unachtsame Bewegung des Steuermannes über Bord und ging in Zeitlupe unter. Das helle Weiß war im Hafenwasser noch recht lange zu sehen. Der Tiefenmesser zeigte sieben Meter, das Wasserthermometer zwölf Grad. 50 Euro lassen den örtlichen Taucher beide Hindernisse überwinden. Unser Gast ging wieder von Bord, nicht allerdings, ohne der Crew eine Runde Eis zu spendieren und damit in guter Erinnerung zu bleiben.

Die Stadt Waren ist sehr schön, wir lagen im Hafen an einem der hinteren Stege und hatten einen unverstellten Blick auf die Altstadt mit Kirchturm. Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen und den Blick auch aus genau entgegengesetzter Richtung genossen. Es sind zwar einige Stufen bis zur Kirchturmspitze, aber die Aussicht entschädigt dafür. Insgesamt herrscht seltene Einigkeit, Waren lohnt den Besuch. Nebenbei bemerkt, die Hafenanlagen sind in sehr gutem Zustand, und das gilt auch für die sanitären Einrichtungen. Wir beschlossen, die Nacht zu bleiben, unter anderem auch, weil der örtliche Taucher erst am nächsten Morgen Zeit für unsere Abdeckplatte hatte.

Nach dem Frühstück und nachdem unser Boot wieder vollständig zusammengesetzt war, verließen wir Waren. Wir segelten durch die Binnenmüritz – Achtung, die betonnte Untiefe vor Waren muss umsegelt werden – und am nordwestlichen Ufer der Müritz entlang, bis in die Bucht vor Sietow Dorf. Unser Anker fiel bei drei Metern Wassertiefe, und wir verbrachten den restlichen Nachmittag sowie die Nacht als einziges Boot in der schönsten Bucht der Müritz.

Auf der Kreuz

Der nächste Tag war ein Traum, herrlichster blauer Himmel und bester Segelwind. Wenn jemand hätte meckern wollen, dann lediglich über die Windrichtung, wir mussten kreuzen, um unser Tagesziel zu erreichen, die kleine Müritz. Diese Bucht kann ich ebenfalls sehr empfehlen, es gibt hier sowohl ausreichend Ankerplätze als auch einen Jachthafen. Wir hatten ausreichend Vorräte und entschieden uns daher für das Ankern für unsere letzte Nacht an Bord der Ariella. Der Anker fiel auf zwei Meter, und wir beschlossen sowohl den Abend als auch den Törn mit einem deftigen Abendessen bei gutem Wein und bester Laune. Erholt und entspannt gaben wir unsere Jeaneau am nächsten Morgen pünktlich um neun Uhr wieder ab. Wir waren nicht das letzte Mal hier.

Lies hier einen Erfahungsbericht zum Segeln an Bord einer Bavaria 33 auf der Müritz.

 

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Segeln auf der Müritz
By |6,1 min read|1200 words|Published On: 17. Februar 2023|

Frühlingsbeginn auf der Müritz: Erlebnisbericht einer Woche Segeln auf der Müritz zwischen Rechlin, Röbel und Waren an der Müritz.

Gemeinhin ist der Hochseesegler der Überzeugung, Süßwassersegeln und Schattenparken sei in etwa eine Liga und seine Einstellung zu beidem ist eine grundsätzlich abweisende. Meine Haltung zu der Frage war eine ähnliche und obschon es so ist, dass ich meine Vorurteile pflege, komme ich nicht umhin, gelegentlich das eine oder andere zu überdenken und anschließend aufzugeben. Die Müritz ist zwar ein Süßwassersee, hat aber mit Schattenparken nichts zu tun, im Gegenteil, sie ist durchaus tückisch. Das habe ich zwar oft gelesen und noch häufiger gehört, aber jetzt auch beim Segeln auf der Müritz erfahren.

Segeln auf der Müritz © Magazin Seenland

Unter vollen Segeln über die Müritz mit Kurs auf Waren.

Nun will ich dem geneigten Lesern gleich die Furcht nehmen, wir sind nicht gesunken, es gab keinen Mast- oder Schotbruch. Denn zwar ist die Müritz tückisch, sie bleibt aber doch Süßwasser. Dafür aber wehte der Wind schon recht stark und vor allem böig aus Nord an nämlichen Junitag,  an dem wir in der Marina Müritz die Ariella übernahmen, die für die nächsten Tage unser Zuhause sein sollte. Das Beladen des Bootes mit unseren Vorräten verlief reibungslos, ebenso die Einweisung, die Verteilung der Aufgaben an Bord und der erste Teil des Ablegemanövers.

Wettertücken beim Segeln auf der Müritz

Kaum waren jedoch die Leinen los, setzte der Regen ein, erst ziemlich stark, dann sehr stark, dann tropisch – nur kälter. Er hielt genau so lange an, wie jede Hand an Deck gebraucht wurde. Ich war komplett durchgeweicht und benötigte anschließend einen kompletten Satz trockener Klamotten. Obwohl ich während des Umziehens in der achterlichen Kajüte durch ein Luk genau beobachten konnte, wie die Wolkendecke aufriss, ließ ich mich nicht beirren und kramte nach den Regensachen einschließlich Stiefel.
Inzwischen hatten wir den schützenden Hafen verlassen und setzten unter Motor gegen Wind und Welle Kurs auf die Bucht bei Sietow Dorf, wo wir die Nacht vor Anker liegend verbringen wollten. Ein kurzer Abgleich der Entfernung, unserer Geschwindigkeit und der verbleibenden Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit machte uns schnell klar: Wir würden es nicht mehr schaffen, da ließ sich nichts schönrechnen.

Wir fuhren unter Motor in etwa nordwestlicher Richtung bis zwischen die Untiefe und der Bucht vor Röbel, dem Binnensee. Hier änderten wir den Kurs auf Südwest, setzten Segel und würgten den Motor ab, Zündung aus. Die Sonne brach im gleichen Maß immer stärker durch die Wolken, wie sie sich dem Horizont näherte, der Wind wurde etwas ruhiger aber viel stetiger. So näherten wir uns dem ersten Etappenziel im herrlichen Abendrot und durchsegelten schließlich die Engstelle vor dem Hafen Röbel. Kurz dahinter folgte das Kommando »Motor an«, die Segel wurden geborgen.

Einmal Anlegen, bitte

Das nun folgende Anlegemanöver möchte ich kurz beschreiben, exemplarisch für alle folgenden. Nach einer kurzen Bewertung der Vor-Ort-Situation einschließlich Wind beschlossen wir, an einer der äußersten Anlegestellen festzumachen. Da ist es zwar ruhiger, aber dafür sind die Wege zur Toilette weiter – das wurde übereinstimmend nicht als Problem gewertet. Vielleicht entscheiden wir uns in einigen Jahren anders.

Die Geschwindigkeit ist so weit verringert, dass das Boot gut steuerbar bleibt, und das Manöver wird durchgesprochen und die Aufgaben verteilt. Es empfiehlt sich, dabei auch mögliche Probleme anzusprechen, dann weiß jeder, was er zu tun hat. Leinen werden vorbereitet und Fender ausgebracht, bei denen man auf die Höhe achten muss. Sollte sich hier herausstellen, dass die Fender vom Ablegen noch gar nicht eingeholt wurden, rate ich dazu, sich nichts anmerken zu lassen und niemandem davon zu erzählen – kaum etwas wird mehr belächelt.
Es folgt das Anlegemanöver, im Nachgang zu der überragenden Vorbereitung reine Routine, souverän und in Ruhe abgewickelt. Ich mag es nicht, wenn dabei niemand zusieht, was leider in Röbel der Fall war. Leinen fest und Motor aus, der Segeln-Teil des Tages war zu Ende. Den restlichen Tag verbrachten wir in einer gemütlichen örtlichen Kneipe.

Platte über Bord

Der nächste Tag versprach, schön zu werden, schon ein erster morgendlicher Wettercheck offenbarte aufgelockerte Bewölkung und stetigen Wind aus West. Wir bekamen einen Gast an Bord, der bei mir gleich mit frischen Brötchen punktete. Der Törn quer über die Müritz nach Waren verlief ohne Probleme. Der Himmel war zwar nicht makellos blau, aber der Wind blies stetig und in die richtige Richtung, wir mussten nicht kreuzen.
Das Anlegemanöver in Waren verlief weitgehend problemlos, lediglich eine achterliche Abdeckplatte rutschte – weil nicht ordentlich gesichert – durch eine unachtsame Bewegung des Steuermannes über Bord und ging in Zeitlupe unter. Das helle Weiß war im Hafenwasser noch recht lange zu sehen. Der Tiefenmesser zeigte sieben Meter, das Wasserthermometer zwölf Grad. 50 Euro lassen den örtlichen Taucher beide Hindernisse überwinden. Unser Gast ging wieder von Bord, nicht allerdings, ohne der Crew eine Runde Eis zu spendieren und damit in guter Erinnerung zu bleiben.

Die Stadt Waren ist sehr schön, wir lagen im Hafen an einem der hinteren Stege und hatten einen unverstellten Blick auf die Altstadt mit Kirchturm. Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen und den Blick auch aus genau entgegengesetzter Richtung genossen. Es sind zwar einige Stufen bis zur Kirchturmspitze, aber die Aussicht entschädigt dafür. Insgesamt herrscht seltene Einigkeit, Waren lohnt den Besuch. Nebenbei bemerkt, die Hafenanlagen sind in sehr gutem Zustand, und das gilt auch für die sanitären Einrichtungen. Wir beschlossen, die Nacht zu bleiben, unter anderem auch, weil der örtliche Taucher erst am nächsten Morgen Zeit für unsere Abdeckplatte hatte.

Nach dem Frühstück und nachdem unser Boot wieder vollständig zusammengesetzt war, verließen wir Waren. Wir segelten durch die Binnenmüritz – Achtung, die betonnte Untiefe vor Waren muss umsegelt werden – und am nordwestlichen Ufer der Müritz entlang, bis in die Bucht vor Sietow Dorf. Unser Anker fiel bei drei Metern Wassertiefe, und wir verbrachten den restlichen Nachmittag sowie die Nacht als einziges Boot in der schönsten Bucht der Müritz.

Auf der Kreuz

Der nächste Tag war ein Traum, herrlichster blauer Himmel und bester Segelwind. Wenn jemand hätte meckern wollen, dann lediglich über die Windrichtung, wir mussten kreuzen, um unser Tagesziel zu erreichen, die kleine Müritz. Diese Bucht kann ich ebenfalls sehr empfehlen, es gibt hier sowohl ausreichend Ankerplätze als auch einen Jachthafen. Wir hatten ausreichend Vorräte und entschieden uns daher für das Ankern für unsere letzte Nacht an Bord der Ariella. Der Anker fiel auf zwei Meter, und wir beschlossen sowohl den Abend als auch den Törn mit einem deftigen Abendessen bei gutem Wein und bester Laune. Erholt und entspannt gaben wir unsere Jeaneau am nächsten Morgen pünktlich um neun Uhr wieder ab. Wir waren nicht das letzte Mal hier.

Lies hier einen Erfahungsbericht zum Segeln an Bord einer Bavaria 33 auf der Müritz.

 

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