Wir sind dann mal weg …
7 Tage: Marina Wolfsbruch – Hüttenkanal – Großer Prebelowsee – Zootzensee – Tietzowsee – Großer Rheinsberger See – Grienericksee – retour zur Schleuse Wolfsbruch – Kleiner und Großer Pälitzsee – Ellbogensee – Ziernsee – Röblinsee – Stolpsee – Havel – Templiner Gewässer – retour bis Kleiner Pälitzsee – Canower See – Labussee – Vilzsee – Mirower See – retour zur Marina Wolfsbruch
Endlich hat das Warten ein Ende. Die Woche schlich sich im Zeitlupentempo an den großen Tag heran, an dem wir unseren jungfräulichen Törn auf einem Hausboot in der Seenplatte starten sollten. Den Opel Signum Kombi vollgepackt bis unters Dach, die Knie eingezogen und zwischen Kescher, Angeln und Kühlbox auf der Rückbank eingepfercht, erreichen wir die Marina Wolfsbruch, um unser erstes großes Hausboot-Abenteuer anzutreten.
Beeindruckt vom riesigen Hafen, den weiß blitzenden Hausbooten und dem maritimen Flair treffen wir aufgeregt plappernd in der Rezeption vom Charterunternehmen Le Boat ein. Um das Warten bis zur theoretischen und praktischen Einweisung zu verkürzen, entscheiden wir uns für einen kleinen Ausflug nach Wesenberg. In der Touristinfo besorgen wir uns Touristen-Fischereischeine und Angelkarten, im Supermarkt den Startproviant für das Wochenende.
Vor dem Ablegen: Schulung zum Charterschein
Wieder zurück im Hafen treffen wir uns mit drei weiteren Hausbootcrews in einem Seminarraum. Hier erhalten wir nach umfassender Belehrung und allen notwendigen Erklärungen für das Führen von Hausbooten in der Seenplatte den Charterschein für den ersten und zweiten Kapitän unserer Royal Classique. Damit sind wir, das Team Andy, Ronny, Kathi und Janina, gut vorbereitet, um die letzten praktischen Instruktionen von Basti, unserem „Einweiser“, zu erhalten und die erste Fahrübungen auf dem 12,80 Meter langen Boot zu absolvieren.
In der Marina Wolfsbruch reiht sich Boot an Boot, ein lebhaftes Panorama und für unser Quartett eine vollkommen neue Welt. Etwas aufgeregt bereite ich mich auf den ersten Sprung ins kalte Wasser vor: Langsam vom Steg abfahren, Bugstrahlruder nutzen, um in kleinem Kreis die Fahrtrinne zwischen den parkenden Booten zu treffen. Gegenverkehr und eine knappe Ausfahrt fordern die ersten Schweißperlen unter der Kapitänsmütze.
Geschafft! Ein Grinsen breitet sich auf unseren Gesichter aus. Im Blickfeld einiger Schaulustiger, die in Erinnerung an ihre eigenen ersten Fahrübungen mit mildem Lächeln unsere Jungfernfahrt beobachten, steuere ich das Boot in die erste offizielle Wasserstraße, den Hüttenkanal, und weiter in den Großen Prebelowsee. Jetzt gehören wir zu den zahlreichen Verkehrsteilnehmern auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte!
Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung
Für mich persönlich ein kleiner Traum, beeindruckte mich doch die Urlaubsgeschichte einer Berliner Familie aus meinem Lieblingsbuch „Ein Kolumbus auf der Havel“ schon seit Kindertagen. So durchstöberte ich vor unserer Reise den elterlichen Kellerfundus und machte das Buch zu meinem literarischen Begleiter auf der großen Fahrt.
Unter dem Motto „Auf die Barsche, fertig, los!“ ziehen wir nun unsere ersten Bahnen. Wir steuern auf dem Zootzensee zu und finden ein ruhigeres Gewässer – ideal zum Angeln und Verweilen. Hier können wir endlich unsere Eindrücke sacken lassen, das Boot erkunden und die ersten Angeln präparieren. Schon nach kurzer Zeit surrt die Sehne über uns und Ronny, Hobbyangler seit frühester Kindheit, lässt den ersten Köder zu Wasser. Innerhalb von nur 15 Minuten hat er einen Barsch, einen kleinen Hecht und eine stattliche Rotfeder am Haken.
Die erste Nacht an Bord
Das Wetter schickte uns am frühen Abend einen kräftigen Regenschauer über den See. Alle Türen, Fenster und das Schiebedach gesichert, setzen wir uns zum ersten Mal gemeinsam an den großen Tisch im Bordsalon und genießen das sanfte Wiegen unseres Bootes. Von der Romantik der idyllischen Landschaft beseelt, entscheiden wir uns, die erste Nacht auf See zu ankern. Umgeben von Wasser, Schilf und Himmel studieren wir die Gewässerkarten und beratschlagten mit Hilfe des „Hafenführers für Hausboote“ über die nächsten Stopps auf unserer Tour. Gespickt mit den Bildern des Tages und den Inspirationen einer aufregenden Entdeckungsreise auf den Gewässern Mecklenburgs, sinken wir an diesem Abend endlich in unsere gemütlichen Betten.
In der Nacht überrascht uns ein kleiner Wetterumschwung. Mutig steigen die Männer bei Wind und Wetter hinaus aufs Deck und versuchen erfolglos die Ankerkette zu befestigen, die durch die Bewegungen des Bootes nun mit lautem Knallen an den Bug schlägt. Stockdunkle Nacht lässt keine Sicht auf die Umgebung zu. Der Regen peitscht über den See und mit dem kurzen Blick aus dem Bugfenster auch in unsere Gesichter. Da haben wir nun unser Abenteuer! An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Sobald es dämmerte, machen sich die Männer nochmals an Deck.
Mit viel Muskel- und Willenskraft schaffen es Andy und Ronny, den mittlerweile verkeilten Anker zu lösen. So sitzen wir nach einer kurzen, unruhigen Nacht um sechs Uhr früh übermüdet und mit dicken Augenringen am Frühstückstisch versammelt. Gestärkt kommt nun wieder Leben in die Crew und wir steuern zurück in den Zootzenkanal und über den Tietzowsee. Denn unser erstes Ziel heißt heute Rheinsberg.
Herausforderung im Kanal: Wenden in drei Zügen mit dem Hausboot
Ein wunderbares Gefühl der Freiheit beschleicht uns, wir betrachten die Landschaft aus einer für uns völlig neuen Perspektive. Weitläufige Wälder, Wiesen und kleine verzweigte Flussläufe, reizvolle Hügelketten sowie unzählige Seen bestimmen das Bild dieses attraktiven Wassersportreviers. Eine friedliche Ruhe legt sich über uns und wir lassen uns von der schlichten Schönheit der Natur fesseln. Wir genießen es, ab jetzt nun auch zum „Völkchen“ der Hausbooturlauber zu gehören.
Gemächlich ziehen wir an Bungalowbooten, Kanus und anderen Hausbooten vorbei. Wir staunen, dass sich gar nicht so selten ein Hund an Bord befindet, der sich an der Spitze des Bugs stolz als vollwertiges Mitglied der Bootscrew präsentiert. Herzlich werden wir von den Leuten begrüßt oder durch ein wohlwollendes „Petri Heil!“ verabschiedet.
Nach und nach stellt sich eine erste Sicherheit ein und wir merken, dass Bootfahren wirklich nicht schwer ist. Links, rechts und vorn platziert, leiten wir den verantwortlichen Kapitän durch schmale Brücken und Abgrenzungen. Zielstrebig folgen wir dem Pfad auf der Gewässerkarte und biegen in einen ruhigen Seitenarm ein. Unsere Standardgetränke zu diesem Zeitpunkt sind Tee und Espresso, denn das Wetter ist an diesem Sonntag durchwachsen und der Nieselregen macht den Aufenthalt an Deck etwas ungemütlich. Aber niemand hat Lust, sich in die Kabine zu verkriechen, denn von hier oben hat man einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung. Die Landschaft wird uriger und wilder, Biber haben ihre Spuren hinterlassen und einige Bäume stehen nur noch auf einem dünnen Bein.
Wir fahren auf eine Brücke zu, die nicht den Eindruck machte, groß genug für unser Boot zu sein. Auch dass wir auf dem Weg nach Rheinsberg plötzlich weder Mitfahrer noch Gegenverkehr haben, macht uns jetzt stutzig. Plötzlich wird uns das Ausmaß unserer romantischen Odyssee bewusst: Wir haben uns die Wasserkarte wohl nicht ganz so genau angeschaut und uns verfahren. Noch schlimmer: Wir sind in einem sehr schmalen Flussarm gelandet, der allerhöchstens für flachgehende Kanus geeignet ist.
An Bord wird es plötzlich unruhig. Was ist nun zu tun? Den ganzen Weg rückwärtsfahren? Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns, in dem schmalen Kanal doch lieber zu wenden. Das ganze Team ist nun gefordert und ruft dem Kapitän Geschwindigkeit, Abstand und Gefahren durch Hindernisse von der jeweiligen Position zu. Das Boot steht quer und entspricht fast der Breite des Flusses. Nun zählt nur noch eins: Teamwork! Nach mühevoller, konzentrierter Feinarbeit steht das Boot in entgegengesetzter Richtung und wir fallen uns vor Erleichterung in die Arme. Diese Herausforderung haben wir wirklich mit Bravour gemeistert. Reich an neuen Erfahrungen setzen wir unsere Reise in geplanter Richtung fort.
Endlich liegt der Große Rheinsberger See vor uns, im Dunst des trüben regnerischen Wetters kommt uns die Weite des Sees unendlich vor. Kühn halten wir gemeinsam mit Ronny am Steuerstand des Sonnendecks unsere Stellung. Von Weitem sehen wir den Leuchtturm des Hafendorfs Rheinsberg mit den vielen bunten Häuschen und kleinen Wasserwegen. Ein immerwährender Begleiter auf unserer Tour wird der Fischreiher, der uns jeden Tag vom Ufer aus begrüßt. Kilometer um Kilometer gleiten wir über die aufgewühlte See. Wir entscheiden uns für einen Landgang und steuern auf die Reederei Halbeck am Grienericksee zu. Zwischen anderen im Wasser wippenden Booten finden wir einen Anlegeplatz. Das Tau wird festgezurrt und das Stromkabel ausgelegt. Wir bezahlen Hafengebühr und Kurtaxe und machen uns auf den Weg durch Rheinsberg.
Der Alltag an Bord des Hausbootes in der Seenplatte
Über dem Grienericksee spiegelt sich die Abendsonne und verheißt einen sonnigen nächsten Tag. Die erste ruhige Nacht bricht an und wir fallen in einen ruhigen und erholsamen Schlaf. Unser Hausboottrip entwickelt sich zu einem Urlaub für Frühaufsteher. Mit frischen Brötchen werden wir morgens von Andy geweckt, um acht Uhr ist das muntere Treiben an Bord schon in vollem Gange. Im Supermarkt erledigen wir die nötigen Einkäufe. Die Frauen haushalten in der Bordküche, die Männer räumen das Sonnendeck auf. Gleich nach Dusche, Frühstück und Einkauf stechen wir wieder in See, um die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Zu unserer Freude reißt im Laufe des Vormittags die Wolkendecke auf und beschert uns ab diesem Moment eine andauernd sonnige Reise.
Mit neuer Energie und frohen Mutes geht es zunächst von Rheinsberg zurück zur Marina Wolfsbruch. Hier erwartet uns die erste Schleuse unserer Tour! Wir reihen uns in die Schlange der anderen Hausbooturlauber ein. Neugierig gehen Kathi und ich am Ufer entlang und beobachten das geschäftige Treiben vor der Schleuse und die anderen Bootsfahrer. Ein Rufen von unserem Boot signalisiert uns einen großen Fang an der Angel. Der nächste Hecht zappelt am Haken! Das zieht die Aufmerksamkeit der Nachbarboote auf sich und schnell entwickeln sich Gespräche unter Angelfreunden, die uns das Warten verkürzen.
Schleusen ist nicht schwer
Als es für uns durch die Schleuse geht, fühlen wir uns schon bald wie „alte Hasen“. Ein kurzer Schnack mit dem Schleusenwärter und schon sind wir auf der anderen Seite des Hüttenkanals. Dort begrüßt uns das Schild von Boot & Mehr, denen wir auf der Rücktour einen Besuch abstatten wollen. Im Hafenführer begeisterten uns die Kritik und der beschriebene Charme des kleinen Hafens.
Der Kleine Pälitzsee erlaubt nun wieder „Volle Kraft voraus!“ und wir genießen den Wind und die Sonne im Gesicht. Andy, Ronny, Kathi und ich entwickeln uns zu einem gut organisierten Team. Die Landschaft vom Hausboot in der Seenplatte aus zu entdecken, begeistert immer mehr. In einem gemütlichen Tempo und ohne den hektischen Alltag im Nacken haben wir genügend Zeit, um unsere Bootsferien auszuleben. Campingplätze, Bootshäuser und Kanuverleihe säumen die Ufer. Mit Hilfe des Hafenführers und der Gewässerkarten verfolgen wir die unzähligen Wege und Ziele auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte. Als Hausbootneulinge fühlen wir uns bald nicht mehr. Ja, wir sind sogar besonders stolz auf unsere zunehmende Geschicklichkeit.
Von Enten und Enterhaken
Nachdem wir auch die Schleuse Strasen und den Ellbogensee bei Wesenberg hinter uns gelassen haben, machen wir unseren ersten Halt auf dem Ziernsee bei Priepert. Die Sonne strahlt und wir ziehen mit Würstchen und Kartoffelsalat an Deck, spannen den Schirm auf und teilen die Erlebnisse der ersten aufregenden Tage. Für ein Entenpaar wird unser Boot währenddessen zum auserkorenen Ziel eines Erkundungsgangs. Amüsiert machen wir Fotos und lassen uns über die Schultern schauen.
Allerdings vermeiden wir das Füttern, denn bekanntlich wird solche Gabe meist mit einem weniger erfreulichen „Glücksbringer“ quittiert und keiner will sich als Schiffsjunge zum Deckschrubben abkommandieren lassen. Die Herren werfen noch eine halbe Stunde ihre Angeln aus und wir Frauen unsere Beine. So könnte es doch immer sein!
Das schöne Wetter sorgt bald für einen regen Verkehr auf dem Wasser: Es tummeln sich Floßreisende, Kanuten in knallbunten Westen und Sonnenhüten sowie diverse Hausboot- und Bunbofahrer auf den Wellen. Wir reihen uns in das gemütliche Treiben ein und erreichen mit Steinhavelmühle unsere nächste Schleuse. Unter einem tiefhängenden Blätterdach werfen wir die Leine aus und sind dankbar für den ersten kühlenden Schatten. Der Fahrer des nachfolgenden kleinen Motorbootes müht sich hinter uns mit einem Enterhaken ab und gerät in Schwierigkeiten.
Sofort springen Andy und Ronny vom Boot und ziehen den Mann an den Wartebereich. Erleichtert erzählt er von seinem Ungeschick, er habe schon zwei Enterhaken versenkt und beinahe wäre seine Reise hier zu Ende gewesen. Es ergibt sich wie so oft ein freundliches und lustiges Gespräch, das wieder eine wunderbare Anekdote auf unserer Reise zur Folge hat. Die Schleuse Steinhavelmühle beeindruckt uns auf unserer Tour mit dem Hausboot in der Seenplatte besonders. Das alte denkmalgeschützte Mühlengebäude am Durchfahrtskanal erzählt Geschichten aus längst vergangenen Zeiten und fasziniert mit seiner mächtigen Backstein- und Fachwerkfassade.
Wir befinden uns nun im Naturpark Stechlin-Ruppiner Land an der Grenze zum Naturpark Uckermärkische Seen. Nicht umsonst eine der beliebtesten und beschaulichsten Wasserregionen Brandenburgs. Mein Kinderbuch über die Berliner Familie, ihrem spontan erstandenen Segelboot und geweckten Abenteuergeist fällt mir in der Kajüte in die Hände und ich weiß nun, was mich an dieser Geschichte immer so fasziniert hat. Lächelnd blättere ich wieder ein paar Seiten durch, aber heute muss ich nicht mehr nur davon träumen.
Vom Röblinsee aus steuern wir nun mit Fürstenberg/Havel erstmals belebteres Gebiet an – nach einer plätschernden, raschelnden und frühlingszwitschernden Fahrt auf den Seenketten des Haveloberlaufs. Die Schleuse Fürstenberg fordert von uns höchste Konzentration, denn hier warten zahlreiche Bootsfahrer dicht an dicht auf den Schleusengang. Die Schleuse bietet erstaunlich viel Platz für viele große und kleine Boote. Der Schleusengang lässt immer wieder Fußgänger innehalten und die Szene beobachten.
Willkommen in Himmelpfort
Unser nächster Landgang und Übernachtungshafen zeichnet sich vor uns mit dem Stolpsee-Bootshaus in Himmelpfort ab. Dort wartet der gemütliche und familiäre Anleger von Simone und Thomas Weinreich auf uns. Mit einem Elektroroller flitzt Herr Weinreich den Steg entlang und empfängt uns herzlich im Hafen. Wir zahlen die Gebühr und lassen uns den Weg zu verschiedenen Fischgaststätten erklären. Nachdem wir unser Anfängerabenteuer im Kanal zum Besten gegeben und einiges spaßig gemeintes „Haare-Raufen“ geerntet haben, machen wir uns hungrig auf den Weg zur Gaststätte „An der Schleuse“. Hierher, ins beschauliche Dörfchen Himmelpfort, schicken alljährlich Tausende Kinder ihre Wünsche an den Weihnachtsmann. Selbst ein Brief nur mit dem Vermerk „An den Weihnachtsmann“ versehen, wird an die Adresse des ehemaligen Sitzes der Zisterziensermönche zugestellt.
Schleusenmarathon mit dem Hausboot in der Seenplatte
Der fahrende Bäcker lockt uns am nächsten Morgen um acht Uhr mit frischen Brötchen und Kuchen. Andy und ich stellen uns erwartungsvoll an den unauffälligen Wagen, der sich nach einer Minute als Quelle der frischsten Back- und Konditoreiwaren entpuppt. Gestärkt und ausgeschlafen machen wir uns nun auf den Weg nach Templin. Laut den Gewässerkarten erwartete uns jetzt ein wahrer Schleusenmarathon. Kurz nach dem Stolpsee stechen wir in die kurvenreiche Havel. Rehe, Rinder, Hasen und Kranichfamilien begrüßten uns in unberührter Natur und auf wilden Wiesen. Insgesamt sechs Schleusen warten auf uns. Der Templiner Kanal versprüht seinen eigenen idyllischen Charme und lässt uns nochmals einen Moment verweilen.
Hatten wir bisher nur eine Ahnung, wie schön es in der Havelregion ist, so werden unsere Vorstellungen jeden Tag noch um einiges übertroffen. Wir trauen unseren Augen kaum, als wir auf einem Holzstamm im Wasser sogar eine große Europäische Sumpfschildkröte entdecken, die sich in der Junisonne wärmt.
Die beeindruckendste Schleuse begegnet uns an der Einfahrt nach Templin. Wir fühlen uns zwischen den feuchten Betonwänden wie im Kerker einer Burg, über uns rauscht der Verkehr. Eingeschüchtert passieren wir die Templiner Gewässer und steuerten auf den Stadthafen Templin der Familie Fröhnel zu. Herr Fröhnel, ein wortkarger und direkter Mann, weist unseren Kapitän zum parallelen Parkmanöver an. Ohne große Korrekturen stehen wir nach kurzer Zeit wie eine Eins am Hafen. Lachend springen wir von Deck und werden von Bella, der kleinen Jack Russell-Dame der Fröhnels, begrüßt. Diese brandenburgische, leicht brummige Tonart des Hafenmeisters gefällt uns auf Anhieb. Der Hafen verbreitet eine gemütliche Stimmung, hier werden alle „Schäfchen“ aufmerksam und fürsorglich zusammengehalten.
In Templin machen wir nun den üblichen Gang zum Supermarkt, decken uns mit den nötigen Dingen ein und bummeln noch etwas durch die Stadt. Lange halten wir es aber nicht aus: Wir sehnen uns wieder nach unserem schwimmenden Appartement. An Deck mit Blick auf den Himmel und die umliegenden Boote lassen wir den Tag in gemütlicher Atmosphäre ausklingen. Das Gemurmel der anderen Bootsfahrer fühlt sich vertraut an. An ein Ende der Reise, an Zuhause, an Hektik und Alltag wollen wir gar nicht denken. Aber wir haben ja zum Glück noch drei Tage, um weitere Etappen der Reise anzusteuern.
Vom Einkehren und Auftanken mit dem Hausboot in der Seenplatte
Der nächste Morgen beginnt wie üblich mit einem geselligen Beisammensein im Salon, bei Frühstücksei und Brötchen, Orangensaft, Kaffee und Tee. Die Sonne lacht schon über dem ganzen See und auch auf den anderen Booten klappen die ersten „Schotten“ auf. Ein amüsantes Schauspiel und wir lieben es. Schlaftrunken, aber zielstrebig springen die ersten Leute von Bord und trotten mit Kulturbeuteln und Handtüchern zu den Duschen. Auch wir reihen uns ein, warten jedoch, bis sich der erste Ansturm gelegt hat.
Heute wollen wir noch ein wenig in Templin verweilen und planen unsere Abreise für den frühen Nachmittag. Ein bisschen gruselt es uns vor der Rückreise, denn erst nach den zahlreichen Schleusen würden wir unseren Zwischenstopp auf dem Stolpsee erreichen. Nun steht uns im Hafen erst einmal eine Fäkalabsaugung und Frischwasserauffüllung bevor. Dazu müssen wir das Boot allerdings in eine andere Position bringen und an den Steg rangieren. Zum Glück haben wir sofort die Fröhnels an unserer Seite, die uns auch heute wieder gern mit ihren Ratschlägen zur Seite stehen.
Aufgeregt befolgen wir deren Anweisungen. Ich mache natürlich gleich einen falschen Knoten um den Pfahl und mit etwas hängenden Ohren korrigiere ich meinen Fehler. Aber nur so lernt man und schon nach kurzer Zeit entsteht erneut ein herzliches Gespräch zwischen Hafenbetreibern und „Einkehrern“.
Abschied von Templin
Auf dem See lassen wir nun für eine Weile die Seele baumeln, bevor wir wenden und uns zur Templiner Schleuse aufmachen. Noch einmal durch das ehrfurchteinflößende und gewaltige Schleusentor und schon schippern wir Richtung Havel. Ein Urlaub auf dem Hausboot in der Seenplatte entschleunigt. Einen Zeitplan gibt es nicht, nur die Hoffnung auf einen reibungslosen Ablauf. Wir passieren wieder die schöne Schleuse Kannenburg, wo uns vom Tinkerhof Kinder laut zurufen und aufgeregt zuwinken. Jedes Boot ist spannend und die Besatzungen winken zur Freude der Kleinen ausdauernd mit den Armen und Mützen. Die Kollegen an der Schleuse lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Im klaren Schleusenwasser tummeln sich Barsche und das eine oder andere stattliche Exemplar wird auf Größe und Gewicht geschätzt, bevor wir in den Großen Kuhwallsee stechen.
Zurück auf dem Stolpsee
Fast im letzten Schleusengang des Tages passieren wir Bredereiche und erreichen am Abend endlich den Stolpsee bei Himmelpfort. Ein Biber strampelt am Kanalufer neben dem Boot entlang und lässt sich von uns rein gar nicht beeindrucken. Das haben wir noch nie gesehen! Entzückt über den Anblick des eifrigen Tieres und seiner Geschäftigkeit, fügt sich ein neues denkwürdiges Detail in unsere Urlaubsberichterstattung für die Daheimgebliebenen. Gesättigt von Pellkartoffeln mit Quark, ein echtes Bootsurlaubsessen, suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen und lassen den Anker herunter.
Der See schimmert spiegelglatt in der einsetzenden Abenddämmerung. Wir planen für den nächsten Morgen einen Halt beim mobilen Bäcker ein, um uns für die Fahrt zum nächsten Ziel, dem Mirower See, zu stärken. Die Geschichte des Stolpsees hat uns nach einem Gespräch mit Frau Weinreich sehr beeindruckt. Der See birgt ein Geheimnis, „Nazigold“ soll hier im See versenkt worden sein. Eine groß angelegte Schatzsuche sorgt schon seit einiger Zeit sogar in den Medien für Aufmerksamkeit. Die Blicke schweifen über das Wasser und die Vorstellung, dass hier vielleicht eines Tages Geschichte geschrieben wird, ist sehr bewegend.
Der nächste Morgen beginnt mit den natürlichen Klängen aus Schilf, Wald und Luft. Eine leichte Brise zieht über uns hinweg und wir machen uns auf den Weg zum Bäcker und anschließend nach Fürstenberg/Havel. Vor der Schleuse Fürstenberg staut es sich und die nachfolgenden Boote drehen Warteschleifen auf dem Wasser, da nicht alle einen Platz an den Sportbootanlegern finden. Hinter uns treibt eine Gruppe mit einem Bunbo etwas hilflos hin und her. Ronny und Andy schnappen sich ein Seil und werfen es der Crew hinüber. Es macht Spaß auf dem Wasser zu sein, gegenseitige Hilfe ist selbstverständlich und gibt dem Hausbooturlaub einen zusätzlichen Charme.
Märchenhafte Schlossinsel in der Kleinseenplatte
Bei schönstem Sonnenschein passieren wir „altbekannte“ Stationen und schlagen vor der Schleuse Wolfsbruch den Weg Richtung Canower See ein. Neben uns tummeln sich Kanus und es wird auch mal das eine oder andere Getränk herübergereicht. Je schöner das Wetter wird, desto schleppender geht es an den Schleusen voran. So bleibt uns Zeit, die Gegend zu erkunden und uns ein bisschen die Beine zu vertreten. Die Blicke unserer Männer sind konzentriert auf die Posen und Angeln gerichtet, die eine oder andere Fachsimpelei dringt an unsere Ohren. Vom Bäcker in Himmelpfort sind noch einige Leckereien übrig und wir krümeln uns durch den Nachmittag. Die Einfahrt in den Mirower See ist beeindruckend. Kleine urige Pfahlhäuschen, bunte Bootshäuser und eine wunderschöne Landschaft begrüßen die neuen Besucher. Unter Sonnenschirmen sitzen die Leute auf den Wasserterrassen der kleinen Ferienhäuser und sonnen ihre Gemüter.
Anlegen mit dem Hausboot an der Schlossinsel Mirow
Hinter einer Biegung entdecken wir den Hafen von Rick & Rick und steuern unseren Anlegeplatz an. Wir verlieben uns sofort in diese romantische Kulisse. Neben der Liebesinsel mit einem wunderschön verschnörkelten Brückengeländer stechen vor allem das Torhaus, die alten Fassaden der herrschaftlichen Häuser und das historische Kopfsteinpflaster hervor. Ein beliebtes Ziel der Hausbooturlauber in der Seenplatte, wie wir auch schon im Hafenführer nachlesen konnten. Unter dem Blätterdach der Laubbäume spazieren wir durch das Tor auf den Pfaden der Renaissance. Mirow hat eine lang zurückreichende und beeindruckende Geschichte aufzuweisen. Schon im 13. Jahrhundert wurde hier ein Johanniterorden angesiedelt und im Laufe der Jahrhunderte entstanden herrschaftliche Sitze mecklenburgischer Herzöge.
Wieder in der Gegenwart erwacht, shoppen wir im Supermarkt den letzten Proviant unserer Tour. Ein bisschen Wehmut liegt über diesem Abend, denn die Tour neigt sich langsam dem Ende zu. Mirow lädt ein, etwas länger zu verweilen, und so lassen wir am nächsten Morgen unser Boot noch eine Weile vor der Schlossinsel treiben. Auf dem Rückweg kehren wir, wie beschlossen, im kleinen und gemütlichen Hafen von Boot & Mehr am Kleinen Pälitzsee ein.
Die freundliche Familie Gautsch und ihr Team bekochen und bewirten hier ihre Gäste und verwöhnen hungrige Mannschaften mit liebevoll kreierten Köstlichkeiten. Süßes und Herzhaftes findet den Weg auf unseren Tisch und wir genießen unser leckeres Essen an einem beschaulichen Flecken in der Mecklenburgischen Seenplatte. Lili, die kleine Jack Russell-Dame der Gautschs, entpuppt sich als muntere und flinke Assistentin von Hafenmeister Gautsch. Amüsiert beobachten wir den kleinen Hund, der mit aller Kraft seinem Herrchen beim Ranziehen eines Bootes hilft und kräftig am Ende des gereichten Taues zieht. Nach getaner Arbeit kehrt er zurück auf seinen Sonnenplatz auf den Holzdielen der Terrasse.
Glückliche Auszeit
Unsere letzte Etappe mit dem Hausboot in der Seenplatte führt uns am Nachmittag zurück in die Marina Wolfbruch. Eine melancholische Stimmung legt sich über das Team. Um viele Erfahrungen reicher, hätten wir es noch eine ganze Weile an Bord und auf See aushalten können. Aber wir sind stolz auf unsere Jungfernfahrt und glücklich über eine aufregende Zeit. Den Abend nutzen wir für eine gründliche Reinigung an Bord und das Verstauen erster Taschen im Auto. Ein Wein wird entkorkt, um auf einen wundervollen und beeindruckenden Urlaub anzustoßen. Wir werden sie vermissen, unsere schwimmende Ferienwohnung.
Den krönenden Abschluss liefern Ronny und Kathi mit einem Abendbrot – zubereitet aus den selbst gefangenen Barschen und Rotfedern. Den Hechten ließen wir ihr Leben, ganze vier gehörten zu unserer Beute und wurden nach dem Fang wieder ins Wasser gelassen. Die letzte Nacht an Bord träumen wir uns im Hafenwasser schaukelnd noch einmal zurück in das mecklenburgische Paradies. Auf unsere Familien wartet eine erlebnisreiche und zeitlose Urlaubsgeschichte. Und wer weiß, vielleicht stechen wir im nächsten Jahr wieder in See.
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Endlich hat das Warten ein Ende. Die Woche schlich sich im Zeitlupentempo an den großen Tag heran, an dem wir unseren jungfräulichen Törn auf einem Hausboot in der Seenplatte starten sollten. Den Opel Signum Kombi vollgepackt bis unters Dach, die Knie eingezogen und zwischen Kescher, Angeln und Kühlbox auf der Rückbank eingepfercht, erreichen wir die Marina Wolfsbruch, um unser erstes großes Hausboot-Abenteuer anzutreten.
Beeindruckt vom riesigen Hafen, den weiß blitzenden Hausbooten und dem maritimen Flair treffen wir aufgeregt plappernd in der Rezeption vom Charterunternehmen Le Boat ein. Um das Warten bis zur theoretischen und praktischen Einweisung zu verkürzen, entscheiden wir uns für einen kleinen Ausflug nach Wesenberg. In der Touristinfo besorgen wir uns Touristen-Fischereischeine und Angelkarten, im Supermarkt den Startproviant für das Wochenende.
Vor dem Ablegen: Schulung zum Charterschein
Wieder zurück im Hafen treffen wir uns mit drei weiteren Hausbootcrews in einem Seminarraum. Hier erhalten wir nach umfassender Belehrung und allen notwendigen Erklärungen für das Führen von Hausbooten in der Seenplatte den Charterschein für den ersten und zweiten Kapitän unserer Royal Classique. Damit sind wir, das Team Andy, Ronny, Kathi und Janina, gut vorbereitet, um die letzten praktischen Instruktionen von Basti, unserem „Einweiser“, zu erhalten und die erste Fahrübungen auf dem 12,80 Meter langen Boot zu absolvieren.
In der Marina Wolfsbruch reiht sich Boot an Boot, ein lebhaftes Panorama und für unser Quartett eine vollkommen neue Welt. Etwas aufgeregt bereite ich mich auf den ersten Sprung ins kalte Wasser vor: Langsam vom Steg abfahren, Bugstrahlruder nutzen, um in kleinem Kreis die Fahrtrinne zwischen den parkenden Booten zu treffen. Gegenverkehr und eine knappe Ausfahrt fordern die ersten Schweißperlen unter der Kapitänsmütze.
Geschafft! Ein Grinsen breitet sich auf unseren Gesichter aus. Im Blickfeld einiger Schaulustiger, die in Erinnerung an ihre eigenen ersten Fahrübungen mit mildem Lächeln unsere Jungfernfahrt beobachten, steuere ich das Boot in die erste offizielle Wasserstraße, den Hüttenkanal, und weiter in den Großen Prebelowsee. Jetzt gehören wir zu den zahlreichen Verkehrsteilnehmern auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte!
Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung
Für mich persönlich ein kleiner Traum, beeindruckte mich doch die Urlaubsgeschichte einer Berliner Familie aus meinem Lieblingsbuch „Ein Kolumbus auf der Havel“ schon seit Kindertagen. So durchstöberte ich vor unserer Reise den elterlichen Kellerfundus und machte das Buch zu meinem literarischen Begleiter auf der großen Fahrt.
Unter dem Motto „Auf die Barsche, fertig, los!“ ziehen wir nun unsere ersten Bahnen. Wir steuern auf dem Zootzensee zu und finden ein ruhigeres Gewässer – ideal zum Angeln und Verweilen. Hier können wir endlich unsere Eindrücke sacken lassen, das Boot erkunden und die ersten Angeln präparieren. Schon nach kurzer Zeit surrt die Sehne über uns und Ronny, Hobbyangler seit frühester Kindheit, lässt den ersten Köder zu Wasser. Innerhalb von nur 15 Minuten hat er einen Barsch, einen kleinen Hecht und eine stattliche Rotfeder am Haken.
Die erste Nacht an Bord
Das Wetter schickte uns am frühen Abend einen kräftigen Regenschauer über den See. Alle Türen, Fenster und das Schiebedach gesichert, setzen wir uns zum ersten Mal gemeinsam an den großen Tisch im Bordsalon und genießen das sanfte Wiegen unseres Bootes. Von der Romantik der idyllischen Landschaft beseelt, entscheiden wir uns, die erste Nacht auf See zu ankern. Umgeben von Wasser, Schilf und Himmel studieren wir die Gewässerkarten und beratschlagten mit Hilfe des „Hafenführers für Hausboote“ über die nächsten Stopps auf unserer Tour. Gespickt mit den Bildern des Tages und den Inspirationen einer aufregenden Entdeckungsreise auf den Gewässern Mecklenburgs, sinken wir an diesem Abend endlich in unsere gemütlichen Betten.
In der Nacht überrascht uns ein kleiner Wetterumschwung. Mutig steigen die Männer bei Wind und Wetter hinaus aufs Deck und versuchen erfolglos die Ankerkette zu befestigen, die durch die Bewegungen des Bootes nun mit lautem Knallen an den Bug schlägt. Stockdunkle Nacht lässt keine Sicht auf die Umgebung zu. Der Regen peitscht über den See und mit dem kurzen Blick aus dem Bugfenster auch in unsere Gesichter. Da haben wir nun unser Abenteuer! An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Sobald es dämmerte, machen sich die Männer nochmals an Deck.
Mit viel Muskel- und Willenskraft schaffen es Andy und Ronny, den mittlerweile verkeilten Anker zu lösen. So sitzen wir nach einer kurzen, unruhigen Nacht um sechs Uhr früh übermüdet und mit dicken Augenringen am Frühstückstisch versammelt. Gestärkt kommt nun wieder Leben in die Crew und wir steuern zurück in den Zootzenkanal und über den Tietzowsee. Denn unser erstes Ziel heißt heute Rheinsberg.
Herausforderung im Kanal: Wenden in drei Zügen mit dem Hausboot
Ein wunderbares Gefühl der Freiheit beschleicht uns, wir betrachten die Landschaft aus einer für uns völlig neuen Perspektive. Weitläufige Wälder, Wiesen und kleine verzweigte Flussläufe, reizvolle Hügelketten sowie unzählige Seen bestimmen das Bild dieses attraktiven Wassersportreviers. Eine friedliche Ruhe legt sich über uns und wir lassen uns von der schlichten Schönheit der Natur fesseln. Wir genießen es, ab jetzt nun auch zum „Völkchen“ der Hausbooturlauber zu gehören.
Gemächlich ziehen wir an Bungalowbooten, Kanus und anderen Hausbooten vorbei. Wir staunen, dass sich gar nicht so selten ein Hund an Bord befindet, der sich an der Spitze des Bugs stolz als vollwertiges Mitglied der Bootscrew präsentiert. Herzlich werden wir von den Leuten begrüßt oder durch ein wohlwollendes „Petri Heil!“ verabschiedet.
Nach und nach stellt sich eine erste Sicherheit ein und wir merken, dass Bootfahren wirklich nicht schwer ist. Links, rechts und vorn platziert, leiten wir den verantwortlichen Kapitän durch schmale Brücken und Abgrenzungen. Zielstrebig folgen wir dem Pfad auf der Gewässerkarte und biegen in einen ruhigen Seitenarm ein. Unsere Standardgetränke zu diesem Zeitpunkt sind Tee und Espresso, denn das Wetter ist an diesem Sonntag durchwachsen und der Nieselregen macht den Aufenthalt an Deck etwas ungemütlich. Aber niemand hat Lust, sich in die Kabine zu verkriechen, denn von hier oben hat man einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung. Die Landschaft wird uriger und wilder, Biber haben ihre Spuren hinterlassen und einige Bäume stehen nur noch auf einem dünnen Bein.
Wir fahren auf eine Brücke zu, die nicht den Eindruck machte, groß genug für unser Boot zu sein. Auch dass wir auf dem Weg nach Rheinsberg plötzlich weder Mitfahrer noch Gegenverkehr haben, macht uns jetzt stutzig. Plötzlich wird uns das Ausmaß unserer romantischen Odyssee bewusst: Wir haben uns die Wasserkarte wohl nicht ganz so genau angeschaut und uns verfahren. Noch schlimmer: Wir sind in einem sehr schmalen Flussarm gelandet, der allerhöchstens für flachgehende Kanus geeignet ist.
An Bord wird es plötzlich unruhig. Was ist nun zu tun? Den ganzen Weg rückwärtsfahren? Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns, in dem schmalen Kanal doch lieber zu wenden. Das ganze Team ist nun gefordert und ruft dem Kapitän Geschwindigkeit, Abstand und Gefahren durch Hindernisse von der jeweiligen Position zu. Das Boot steht quer und entspricht fast der Breite des Flusses. Nun zählt nur noch eins: Teamwork! Nach mühevoller, konzentrierter Feinarbeit steht das Boot in entgegengesetzter Richtung und wir fallen uns vor Erleichterung in die Arme. Diese Herausforderung haben wir wirklich mit Bravour gemeistert. Reich an neuen Erfahrungen setzen wir unsere Reise in geplanter Richtung fort.
Endlich liegt der Große Rheinsberger See vor uns, im Dunst des trüben regnerischen Wetters kommt uns die Weite des Sees unendlich vor. Kühn halten wir gemeinsam mit Ronny am Steuerstand des Sonnendecks unsere Stellung. Von Weitem sehen wir den Leuchtturm des Hafendorfs Rheinsberg mit den vielen bunten Häuschen und kleinen Wasserwegen. Ein immerwährender Begleiter auf unserer Tour wird der Fischreiher, der uns jeden Tag vom Ufer aus begrüßt. Kilometer um Kilometer gleiten wir über die aufgewühlte See. Wir entscheiden uns für einen Landgang und steuern auf die Reederei Halbeck am Grienericksee zu. Zwischen anderen im Wasser wippenden Booten finden wir einen Anlegeplatz. Das Tau wird festgezurrt und das Stromkabel ausgelegt. Wir bezahlen Hafengebühr und Kurtaxe und machen uns auf den Weg durch Rheinsberg.
Der Alltag an Bord des Hausbootes in der Seenplatte
Über dem Grienericksee spiegelt sich die Abendsonne und verheißt einen sonnigen nächsten Tag. Die erste ruhige Nacht bricht an und wir fallen in einen ruhigen und erholsamen Schlaf. Unser Hausboottrip entwickelt sich zu einem Urlaub für Frühaufsteher. Mit frischen Brötchen werden wir morgens von Andy geweckt, um acht Uhr ist das muntere Treiben an Bord schon in vollem Gange. Im Supermarkt erledigen wir die nötigen Einkäufe. Die Frauen haushalten in der Bordküche, die Männer räumen das Sonnendeck auf. Gleich nach Dusche, Frühstück und Einkauf stechen wir wieder in See, um die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Zu unserer Freude reißt im Laufe des Vormittags die Wolkendecke auf und beschert uns ab diesem Moment eine andauernd sonnige Reise.
Mit neuer Energie und frohen Mutes geht es zunächst von Rheinsberg zurück zur Marina Wolfsbruch. Hier erwartet uns die erste Schleuse unserer Tour! Wir reihen uns in die Schlange der anderen Hausbooturlauber ein. Neugierig gehen Kathi und ich am Ufer entlang und beobachten das geschäftige Treiben vor der Schleuse und die anderen Bootsfahrer. Ein Rufen von unserem Boot signalisiert uns einen großen Fang an der Angel. Der nächste Hecht zappelt am Haken! Das zieht die Aufmerksamkeit der Nachbarboote auf sich und schnell entwickeln sich Gespräche unter Angelfreunden, die uns das Warten verkürzen.
Schleusen ist nicht schwer
Als es für uns durch die Schleuse geht, fühlen wir uns schon bald wie „alte Hasen“. Ein kurzer Schnack mit dem Schleusenwärter und schon sind wir auf der anderen Seite des Hüttenkanals. Dort begrüßt uns das Schild von Boot & Mehr, denen wir auf der Rücktour einen Besuch abstatten wollen. Im Hafenführer begeisterten uns die Kritik und der beschriebene Charme des kleinen Hafens.
Der Kleine Pälitzsee erlaubt nun wieder „Volle Kraft voraus!“ und wir genießen den Wind und die Sonne im Gesicht. Andy, Ronny, Kathi und ich entwickeln uns zu einem gut organisierten Team. Die Landschaft vom Hausboot in der Seenplatte aus zu entdecken, begeistert immer mehr. In einem gemütlichen Tempo und ohne den hektischen Alltag im Nacken haben wir genügend Zeit, um unsere Bootsferien auszuleben. Campingplätze, Bootshäuser und Kanuverleihe säumen die Ufer. Mit Hilfe des Hafenführers und der Gewässerkarten verfolgen wir die unzähligen Wege und Ziele auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte. Als Hausbootneulinge fühlen wir uns bald nicht mehr. Ja, wir sind sogar besonders stolz auf unsere zunehmende Geschicklichkeit.
Von Enten und Enterhaken
Nachdem wir auch die Schleuse Strasen und den Ellbogensee bei Wesenberg hinter uns gelassen haben, machen wir unseren ersten Halt auf dem Ziernsee bei Priepert. Die Sonne strahlt und wir ziehen mit Würstchen und Kartoffelsalat an Deck, spannen den Schirm auf und teilen die Erlebnisse der ersten aufregenden Tage. Für ein Entenpaar wird unser Boot währenddessen zum auserkorenen Ziel eines Erkundungsgangs. Amüsiert machen wir Fotos und lassen uns über die Schultern schauen.
Allerdings vermeiden wir das Füttern, denn bekanntlich wird solche Gabe meist mit einem weniger erfreulichen „Glücksbringer“ quittiert und keiner will sich als Schiffsjunge zum Deckschrubben abkommandieren lassen. Die Herren werfen noch eine halbe Stunde ihre Angeln aus und wir Frauen unsere Beine. So könnte es doch immer sein!
Das schöne Wetter sorgt bald für einen regen Verkehr auf dem Wasser: Es tummeln sich Floßreisende, Kanuten in knallbunten Westen und Sonnenhüten sowie diverse Hausboot- und Bunbofahrer auf den Wellen. Wir reihen uns in das gemütliche Treiben ein und erreichen mit Steinhavelmühle unsere nächste Schleuse. Unter einem tiefhängenden Blätterdach werfen wir die Leine aus und sind dankbar für den ersten kühlenden Schatten. Der Fahrer des nachfolgenden kleinen Motorbootes müht sich hinter uns mit einem Enterhaken ab und gerät in Schwierigkeiten.
Sofort springen Andy und Ronny vom Boot und ziehen den Mann an den Wartebereich. Erleichtert erzählt er von seinem Ungeschick, er habe schon zwei Enterhaken versenkt und beinahe wäre seine Reise hier zu Ende gewesen. Es ergibt sich wie so oft ein freundliches und lustiges Gespräch, das wieder eine wunderbare Anekdote auf unserer Reise zur Folge hat. Die Schleuse Steinhavelmühle beeindruckt uns auf unserer Tour mit dem Hausboot in der Seenplatte besonders. Das alte denkmalgeschützte Mühlengebäude am Durchfahrtskanal erzählt Geschichten aus längst vergangenen Zeiten und fasziniert mit seiner mächtigen Backstein- und Fachwerkfassade.
Wir befinden uns nun im Naturpark Stechlin-Ruppiner Land an der Grenze zum Naturpark Uckermärkische Seen. Nicht umsonst eine der beliebtesten und beschaulichsten Wasserregionen Brandenburgs. Mein Kinderbuch über die Berliner Familie, ihrem spontan erstandenen Segelboot und geweckten Abenteuergeist fällt mir in der Kajüte in die Hände und ich weiß nun, was mich an dieser Geschichte immer so fasziniert hat. Lächelnd blättere ich wieder ein paar Seiten durch, aber heute muss ich nicht mehr nur davon träumen.
Vom Röblinsee aus steuern wir nun mit Fürstenberg/Havel erstmals belebteres Gebiet an – nach einer plätschernden, raschelnden und frühlingszwitschernden Fahrt auf den Seenketten des Haveloberlaufs. Die Schleuse Fürstenberg fordert von uns höchste Konzentration, denn hier warten zahlreiche Bootsfahrer dicht an dicht auf den Schleusengang. Die Schleuse bietet erstaunlich viel Platz für viele große und kleine Boote. Der Schleusengang lässt immer wieder Fußgänger innehalten und die Szene beobachten.
Willkommen in Himmelpfort
Unser nächster Landgang und Übernachtungshafen zeichnet sich vor uns mit dem Stolpsee-Bootshaus in Himmelpfort ab. Dort wartet der gemütliche und familiäre Anleger von Simone und Thomas Weinreich auf uns. Mit einem Elektroroller flitzt Herr Weinreich den Steg entlang und empfängt uns herzlich im Hafen. Wir zahlen die Gebühr und lassen uns den Weg zu verschiedenen Fischgaststätten erklären. Nachdem wir unser Anfängerabenteuer im Kanal zum Besten gegeben und einiges spaßig gemeintes „Haare-Raufen“ geerntet haben, machen wir uns hungrig auf den Weg zur Gaststätte „An der Schleuse“. Hierher, ins beschauliche Dörfchen Himmelpfort, schicken alljährlich Tausende Kinder ihre Wünsche an den Weihnachtsmann. Selbst ein Brief nur mit dem Vermerk „An den Weihnachtsmann“ versehen, wird an die Adresse des ehemaligen Sitzes der Zisterziensermönche zugestellt.
Schleusenmarathon mit dem Hausboot in der Seenplatte
Der fahrende Bäcker lockt uns am nächsten Morgen um acht Uhr mit frischen Brötchen und Kuchen. Andy und ich stellen uns erwartungsvoll an den unauffälligen Wagen, der sich nach einer Minute als Quelle der frischsten Back- und Konditoreiwaren entpuppt. Gestärkt und ausgeschlafen machen wir uns nun auf den Weg nach Templin. Laut den Gewässerkarten erwartete uns jetzt ein wahrer Schleusenmarathon. Kurz nach dem Stolpsee stechen wir in die kurvenreiche Havel. Rehe, Rinder, Hasen und Kranichfamilien begrüßten uns in unberührter Natur und auf wilden Wiesen. Insgesamt sechs Schleusen warten auf uns. Der Templiner Kanal versprüht seinen eigenen idyllischen Charme und lässt uns nochmals einen Moment verweilen.
Hatten wir bisher nur eine Ahnung, wie schön es in der Havelregion ist, so werden unsere Vorstellungen jeden Tag noch um einiges übertroffen. Wir trauen unseren Augen kaum, als wir auf einem Holzstamm im Wasser sogar eine große Europäische Sumpfschildkröte entdecken, die sich in der Junisonne wärmt.
Die beeindruckendste Schleuse begegnet uns an der Einfahrt nach Templin. Wir fühlen uns zwischen den feuchten Betonwänden wie im Kerker einer Burg, über uns rauscht der Verkehr. Eingeschüchtert passieren wir die Templiner Gewässer und steuerten auf den Stadthafen Templin der Familie Fröhnel zu. Herr Fröhnel, ein wortkarger und direkter Mann, weist unseren Kapitän zum parallelen Parkmanöver an. Ohne große Korrekturen stehen wir nach kurzer Zeit wie eine Eins am Hafen. Lachend springen wir von Deck und werden von Bella, der kleinen Jack Russell-Dame der Fröhnels, begrüßt. Diese brandenburgische, leicht brummige Tonart des Hafenmeisters gefällt uns auf Anhieb. Der Hafen verbreitet eine gemütliche Stimmung, hier werden alle „Schäfchen“ aufmerksam und fürsorglich zusammengehalten.
In Templin machen wir nun den üblichen Gang zum Supermarkt, decken uns mit den nötigen Dingen ein und bummeln noch etwas durch die Stadt. Lange halten wir es aber nicht aus: Wir sehnen uns wieder nach unserem schwimmenden Appartement. An Deck mit Blick auf den Himmel und die umliegenden Boote lassen wir den Tag in gemütlicher Atmosphäre ausklingen. Das Gemurmel der anderen Bootsfahrer fühlt sich vertraut an. An ein Ende der Reise, an Zuhause, an Hektik und Alltag wollen wir gar nicht denken. Aber wir haben ja zum Glück noch drei Tage, um weitere Etappen der Reise anzusteuern.
Vom Einkehren und Auftanken mit dem Hausboot in der Seenplatte
Der nächste Morgen beginnt wie üblich mit einem geselligen Beisammensein im Salon, bei Frühstücksei und Brötchen, Orangensaft, Kaffee und Tee. Die Sonne lacht schon über dem ganzen See und auch auf den anderen Booten klappen die ersten „Schotten“ auf. Ein amüsantes Schauspiel und wir lieben es. Schlaftrunken, aber zielstrebig springen die ersten Leute von Bord und trotten mit Kulturbeuteln und Handtüchern zu den Duschen. Auch wir reihen uns ein, warten jedoch, bis sich der erste Ansturm gelegt hat.
Heute wollen wir noch ein wenig in Templin verweilen und planen unsere Abreise für den frühen Nachmittag. Ein bisschen gruselt es uns vor der Rückreise, denn erst nach den zahlreichen Schleusen würden wir unseren Zwischenstopp auf dem Stolpsee erreichen. Nun steht uns im Hafen erst einmal eine Fäkalabsaugung und Frischwasserauffüllung bevor. Dazu müssen wir das Boot allerdings in eine andere Position bringen und an den Steg rangieren. Zum Glück haben wir sofort die Fröhnels an unserer Seite, die uns auch heute wieder gern mit ihren Ratschlägen zur Seite stehen.
Aufgeregt befolgen wir deren Anweisungen. Ich mache natürlich gleich einen falschen Knoten um den Pfahl und mit etwas hängenden Ohren korrigiere ich meinen Fehler. Aber nur so lernt man und schon nach kurzer Zeit entsteht erneut ein herzliches Gespräch zwischen Hafenbetreibern und „Einkehrern“.
Abschied von Templin
Auf dem See lassen wir nun für eine Weile die Seele baumeln, bevor wir wenden und uns zur Templiner Schleuse aufmachen. Noch einmal durch das ehrfurchteinflößende und gewaltige Schleusentor und schon schippern wir Richtung Havel. Ein Urlaub auf dem Hausboot in der Seenplatte entschleunigt. Einen Zeitplan gibt es nicht, nur die Hoffnung auf einen reibungslosen Ablauf. Wir passieren wieder die schöne Schleuse Kannenburg, wo uns vom Tinkerhof Kinder laut zurufen und aufgeregt zuwinken. Jedes Boot ist spannend und die Besatzungen winken zur Freude der Kleinen ausdauernd mit den Armen und Mützen. Die Kollegen an der Schleuse lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Im klaren Schleusenwasser tummeln sich Barsche und das eine oder andere stattliche Exemplar wird auf Größe und Gewicht geschätzt, bevor wir in den Großen Kuhwallsee stechen.
Zurück auf dem Stolpsee
Fast im letzten Schleusengang des Tages passieren wir Bredereiche und erreichen am Abend endlich den Stolpsee bei Himmelpfort. Ein Biber strampelt am Kanalufer neben dem Boot entlang und lässt sich von uns rein gar nicht beeindrucken. Das haben wir noch nie gesehen! Entzückt über den Anblick des eifrigen Tieres und seiner Geschäftigkeit, fügt sich ein neues denkwürdiges Detail in unsere Urlaubsberichterstattung für die Daheimgebliebenen. Gesättigt von Pellkartoffeln mit Quark, ein echtes Bootsurlaubsessen, suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen und lassen den Anker herunter.
Der See schimmert spiegelglatt in der einsetzenden Abenddämmerung. Wir planen für den nächsten Morgen einen Halt beim mobilen Bäcker ein, um uns für die Fahrt zum nächsten Ziel, dem Mirower See, zu stärken. Die Geschichte des Stolpsees hat uns nach einem Gespräch mit Frau Weinreich sehr beeindruckt. Der See birgt ein Geheimnis, „Nazigold“ soll hier im See versenkt worden sein. Eine groß angelegte Schatzsuche sorgt schon seit einiger Zeit sogar in den Medien für Aufmerksamkeit. Die Blicke schweifen über das Wasser und die Vorstellung, dass hier vielleicht eines Tages Geschichte geschrieben wird, ist sehr bewegend.
Der nächste Morgen beginnt mit den natürlichen Klängen aus Schilf, Wald und Luft. Eine leichte Brise zieht über uns hinweg und wir machen uns auf den Weg zum Bäcker und anschließend nach Fürstenberg/Havel. Vor der Schleuse Fürstenberg staut es sich und die nachfolgenden Boote drehen Warteschleifen auf dem Wasser, da nicht alle einen Platz an den Sportbootanlegern finden. Hinter uns treibt eine Gruppe mit einem Bunbo etwas hilflos hin und her. Ronny und Andy schnappen sich ein Seil und werfen es der Crew hinüber. Es macht Spaß auf dem Wasser zu sein, gegenseitige Hilfe ist selbstverständlich und gibt dem Hausbooturlaub einen zusätzlichen Charme.
Märchenhafte Schlossinsel in der Kleinseenplatte
Bei schönstem Sonnenschein passieren wir „altbekannte“ Stationen und schlagen vor der Schleuse Wolfsbruch den Weg Richtung Canower See ein. Neben uns tummeln sich Kanus und es wird auch mal das eine oder andere Getränk herübergereicht. Je schöner das Wetter wird, desto schleppender geht es an den Schleusen voran. So bleibt uns Zeit, die Gegend zu erkunden und uns ein bisschen die Beine zu vertreten. Die Blicke unserer Männer sind konzentriert auf die Posen und Angeln gerichtet, die eine oder andere Fachsimpelei dringt an unsere Ohren. Vom Bäcker in Himmelpfort sind noch einige Leckereien übrig und wir krümeln uns durch den Nachmittag. Die Einfahrt in den Mirower See ist beeindruckend. Kleine urige Pfahlhäuschen, bunte Bootshäuser und eine wunderschöne Landschaft begrüßen die neuen Besucher. Unter Sonnenschirmen sitzen die Leute auf den Wasserterrassen der kleinen Ferienhäuser und sonnen ihre Gemüter.
Anlegen mit dem Hausboot an der Schlossinsel Mirow
Hinter einer Biegung entdecken wir den Hafen von Rick & Rick und steuern unseren Anlegeplatz an. Wir verlieben uns sofort in diese romantische Kulisse. Neben der Liebesinsel mit einem wunderschön verschnörkelten Brückengeländer stechen vor allem das Torhaus, die alten Fassaden der herrschaftlichen Häuser und das historische Kopfsteinpflaster hervor. Ein beliebtes Ziel der Hausbooturlauber in der Seenplatte, wie wir auch schon im Hafenführer nachlesen konnten. Unter dem Blätterdach der Laubbäume spazieren wir durch das Tor auf den Pfaden der Renaissance. Mirow hat eine lang zurückreichende und beeindruckende Geschichte aufzuweisen. Schon im 13. Jahrhundert wurde hier ein Johanniterorden angesiedelt und im Laufe der Jahrhunderte entstanden herrschaftliche Sitze mecklenburgischer Herzöge.
Wieder in der Gegenwart erwacht, shoppen wir im Supermarkt den letzten Proviant unserer Tour. Ein bisschen Wehmut liegt über diesem Abend, denn die Tour neigt sich langsam dem Ende zu. Mirow lädt ein, etwas länger zu verweilen, und so lassen wir am nächsten Morgen unser Boot noch eine Weile vor der Schlossinsel treiben. Auf dem Rückweg kehren wir, wie beschlossen, im kleinen und gemütlichen Hafen von Boot & Mehr am Kleinen Pälitzsee ein.
Die freundliche Familie Gautsch und ihr Team bekochen und bewirten hier ihre Gäste und verwöhnen hungrige Mannschaften mit liebevoll kreierten Köstlichkeiten. Süßes und Herzhaftes findet den Weg auf unseren Tisch und wir genießen unser leckeres Essen an einem beschaulichen Flecken in der Mecklenburgischen Seenplatte. Lili, die kleine Jack Russell-Dame der Gautschs, entpuppt sich als muntere und flinke Assistentin von Hafenmeister Gautsch. Amüsiert beobachten wir den kleinen Hund, der mit aller Kraft seinem Herrchen beim Ranziehen eines Bootes hilft und kräftig am Ende des gereichten Taues zieht. Nach getaner Arbeit kehrt er zurück auf seinen Sonnenplatz auf den Holzdielen der Terrasse.
Glückliche Auszeit
Unsere letzte Etappe mit dem Hausboot in der Seenplatte führt uns am Nachmittag zurück in die Marina Wolfbruch. Eine melancholische Stimmung legt sich über das Team. Um viele Erfahrungen reicher, hätten wir es noch eine ganze Weile an Bord und auf See aushalten können. Aber wir sind stolz auf unsere Jungfernfahrt und glücklich über eine aufregende Zeit. Den Abend nutzen wir für eine gründliche Reinigung an Bord und das Verstauen erster Taschen im Auto. Ein Wein wird entkorkt, um auf einen wundervollen und beeindruckenden Urlaub anzustoßen. Wir werden sie vermissen, unsere schwimmende Ferienwohnung.
Den krönenden Abschluss liefern Ronny und Kathi mit einem Abendbrot – zubereitet aus den selbst gefangenen Barschen und Rotfedern. Den Hechten ließen wir ihr Leben, ganze vier gehörten zu unserer Beute und wurden nach dem Fang wieder ins Wasser gelassen. Die letzte Nacht an Bord träumen wir uns im Hafenwasser schaukelnd noch einmal zurück in das mecklenburgische Paradies. Auf unsere Familien wartet eine erlebnisreiche und zeitlose Urlaubsgeschichte. Und wer weiß, vielleicht stechen wir im nächsten Jahr wieder in See.